Ein 14-köpfiges Fernsehteam mit vier Kameras war bisher noch nie zu Gast bei Webers Landbäckerei in Thüngersheim. Für Frank Weber, seine Frau Anja und Schwiegervater Bernd Spenkuch war es ein aufregender Tag, als eine Folge der neuen ZDF-Sendereihe „Deutschlands bester Bäcker“ bei ihnen gedreht wurde. Gemeinsam mit der Ochsenfurter Bäckerei Voit und der Bäckerei Schmitt aus Tauberrettersheim buken sie um den Tagessieg.
„Für die Jury waren Visagisten dabei. Die Bäcker durften Schweißperlen haben“, schmunzelt Frank Weber. Am 2. Juni war Drehtag in der Thüngersheimer Bäckerei, die über einen Umweg zur Teilnahme gekommen war. „Ich war vom ZDF angerufen worden“, erzählt Bernd Spenkuch, der zu dieser Zeit noch für seine eigene Bäckerei in Ochsenfurt in der Backstube stand. Aber er wollte am 1. Juni die Backstube dicht machen und sich von da an von Webers Landbäckerei beliefern lassen.
Also warum sollten nicht Tochter und Schwiegersohn teilnehmen? Das ZDF war einverstanden, und so rückte Anfang Juni das Fernsehteam in Thüngersheim an. „Zwei Produkte mussten wir vorher melden und dann an diesem Tag produzieren“, erzählt Anja Weber. Die Bäcker schickten das Ochsenfurter Schwarzbierbrot und das Pain Chocolat ins Rennen. Beide Gebäcke mussten vor den Augen der Jury zubereitet werden.
Außerdem war eine vorher unbekannte Tagesaufgabe zu lösen: fränkische Küchle. „Wir mussten erst einmal in einem Fachbuch nachlesen, was das überhaupt sein soll“, verrät Anja Weber. Es handelte sich um ein frittiertes Gebäck. Etwas, das Bäcker im Sommer normalerweise nicht produzieren. Eilig wurden Gerätschaften und Zutaten organisiert, und dann das geheimnisumwitterte fränkische Küchle modern interpretiert – als Schmetterling, gefüllt mit einer Mischung aus griechischem Joghurt, karamellisierten Äpfeln und dem Apfelstrudellikör eines örtlichen Winzers.
Für die Familie war die Teilnahme an der Sendung, wenn auch anstrengend und stres- sig, ein Beitrag zur Imageverbesserung des Bäckerhandwerkes. „Wir wollen den Koch als In-Beruf ablösen“, sagt Frank Weber schmunzelnd. Sein Schwiegervater ergänzt: „Manche sehen uns nur als schwitzende Blödel, dabei ist es ein extrem kreativer Beruf.“ Ein enormer Ansporn zur Steigerung der eigenen Kreativität ist dabei aus seiner Sicht eine harte Konkurrenz. „Es gibt nichts Besseres“, sagt er.
Diese Konkurrenz war in Gestalt des Ochsenfurter Bäckers Gerhard Voit auch bei „Deutschlands bester Bäcker“ mit von der Partie. Bei Voit, dem zweiten Teilnehmer beim unterfränkischen Wettstreit, war das Fernsehteam am gleichen Tag zugange. Er war durch eine Mitteilung der Bäckerinnung auf die Sendung aufmerksam geworden und hatte sich beworben. Nach mehreren Telefoninterviews hieß es auch für ihn: „Sie sind dabei!“ Der Ochsenfurter Bäcker freut sich, dass ein selbstständiger, vor Ort arbeitender Betrieb wie der Seine, für die Sendung ausgewählt wurde.
„Es war ein faszinierendes und interessantes Erlebnis“, sagt Gerhard Voit, der der Jury seinen Neanderlaib aus Natursauerteig und seine Erdbeer-Mascarpone-Schnitte präsentierte. Wie Bernd Spenkuch glaubt auch Voit, dass das Bäckerhandwerk mehr Aufmerksamkeit verdiene. „Wenn es im Ort noch kleine, handwerklich arbeitende Bäckereien gibt, bedeutet das ein Stück Lebensqualität für die Bürger“, ist seine Überzeugung.
Lampenfieber quäl- te den kontaktfreudigen Bäcker bei den Dreharbeiten nicht. „Das war eine lustige Truppe, die da kam“, sagt Voit. Flott drauflosbacken wie gewohnte konnten der Bäcker und sein Team freilich nicht. Jeden Arbeitsschritt musste er mehrfach wiederholen, damit ihn die Kamera aus verschiedenen Blickwinkeln festhalten konnte. „Als Laie merkt man da erst, wie aufwendig selbst solche kurzen Szenen sind“, sagt Voit.
Bei der Bäckerei Schmitt in Tauberrettersheim rief eines Tages ein Mitarbeiter vom ZDF an. „Wir waren total überrascht und außerdem gerade mitten in der Produktion“, erinnert sich Juliane Schmitt, die wie ihr Vater Lothar das Bäckerhandwerk ausübt. Wie die Familie erst später erfuhr, hatte ein treuer Kunde seine Bäckerei beim ZDF vorgeschlagen.
Lothar Schmitt war zuerst ein wenig skeptisch, weil ihm die Zielrichtung nicht klar war. „Es hätte ja sein können, dass man da vorgeführt wird. Solche Sendungen gibt's ja auch.“ Als aber dann sogar die Bäckerinnung auf die Sendung hinwies, war er beruhigt – und einverstanden. Mit seiner Tochter entschied er sich, einen Flachswickel für die Jury zu backen. Außerdem das Königin-Brot, das Juliane Schmitt eigens zur Krönung der damaligen fränkischen Weinkönigin Marion Wunderlich aus Tauberrettersheim kreiert hatte.
Anders als Gerhard Voit litt Lothar Schmitt angesichts der vielen Kameras schon ein wenig unter Lampenfieber. „Ich hatte feuchte Hände“, gesteht er. Die Tauberrettersheimer Bäcker setzten bei den von ihnen präsentierten Gebäcken ganz auf Tradition und heimische Rezepte. „Wir haben die fränkischen Küchle nach einem alten Rezept aus der Familie eines unserer Gesellen gebacken“, erklärt Lothar Schmitt. „Ohne Schnickschnack, nur mit Puderzucker.“ Ob es dieses traditionelle Küchle war, das die Jury am letzten Tag der „bayerischen Woche“ in München letztendlich überzeugte, oder Voits Neanderlaib, oder Webers Pain Chocolat, das dürfen die Teilnehmer noch nicht verraten. Aber alle stehen wohl hinter dem, was Juliane Schmitt sagt: „Bäcker ist ein so schöner Beruf. Er braucht sich nicht zu verstecken.“