In den ersten beiden Monaten des Sommersemesters 2006 landeten fast 60 Widersprüche auf Nowaks Schreibtisch. Das seien etwa doppelt so viele als noch vor fünf Jahren, bestätigt der Amtsleiter. Fast kein Widerspruch hat Aussicht auf Erfolg. Denn es kommt selten vor, dass sich Nowaks Mitarbeiter verrechnen. Dennoch nimmt das Würzburger BaföG-Amt die Widerspruchsflut ernst. Nowak nimmt sie als ein Zeichen dafür, dass die Höhe des BaföG nicht mehr der Lebenswirklichkeit der Studentinnen und Studenten entspricht. BaföG-Experten, so sein Hinweis, halten eine Erhöhung der Ausbildungsförderung um bis zu zehn Prozent für dringend erforderlich.
Knapp 33 900 junge Menschen studieren derzeit in Würzburg, Aschaffenburg und Bamberg. Mehr als 10 000 beantragten BaföG. In etwa 8 000 Fällen wurde der Antrag bewilligt. Das entspricht einer Förderquote von knapp 23 Prozent. Durchschnittlich erhalten die Studierenden derzeit 349 Euro im Monat. Nur jeder vierte BaföG-Empfänger erhält mehr als 500 Euro.
Seit dem Jahr 2001 haben die BaföG-Ämter viel damit zu tun, BaföG-Betrügern auf die Schliche zu kommen. Dies geschieht mit Hilfe des Bundesamtes für Finanzen. Dort ist registriert, welche Zinseinkünfte die Studenten haben. Bis heute, so Nowak, trieben die Mitarbeiter des Würzburger Studentenwerks 7,3 Millionen Euro an Rückforderungen ein. Rund 3 300 Mal wurden Studentinnen und Studenten in den vergangenen Jahren verdächtig, bewusst falsche Angaben zu ihrem Vermögen bei der BaföG-Beantragung gemacht zu haben.
In etwa 1 500 Fällen bestätigte sich bis heute der Verdacht. Im Durchschnitt wurde von diesen 1 500 Studentinnen und Studenten rund 4.800 Euro zurückgefordert. Der höchste BAföG-Betrag, den ein Student aufgrund verschwiegenen Vermögens zurückzahlen musste, betrug bisher knapp 36 200 Euro.
Die Fahndung nach BaföG-Betrügern ist eine langwierige Angelegenheit. Bisher wurden in Würzburg erst die Daten aus den Jahren 2001, 2002 und 2003 abgeglichen. Die Zahl der Verdachtsfälle lässt merklich nach, seitdem das Thema vor fünf Jahren durch die Presse ging. Im ersten Fahndungsjahr stolperte das Würzburger BaföG-Amt über 1 725 Verdachtsfälle. Beim Abgleich der Daten aus den Jahren 2002 und 2003 wurden jeweils nur noch etwa knapp 800 Verdachtsfälle ermittelt.
Unangenehm für die Studenten: Nach der Rückzahlung ihrer zu Unrecht erhaltenen Ausbildungsförderung müssen die Schummler der Staatsanwaltschaft gemeldet werden. Rund 1300 Fälle von BaföG-Betrug gingen seit dem Jahr 2001 bei der Staatsanwaltschaft Würzburg ein. Nicht wenige Studierende erhielten dort für ihre Schummelei ein „ordentliches“ Bußgeld.
Harsche Konsequenzen können die Falschangaben laut Nowak darüber hinaus für Studierende haben, die ins Beamtenverhältnis wechseln wollten. Vor allem vom Kultusministerium sei bekannt, dass es keine Lehrer einstellen will, die wegen BaföG-Betrugs aufgefallen sind. Nicht wenige Studierende, die des Betrugs beschuldigt sind, streiten vorsätzliche Falschangaben ab. Zum Teil kommt es zu Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht. In einigen wenigen Fällen stellt sich laut Nowak tatsächlich heraus, dass der Student von Omas Sparkonto auf seinem Namen wirklich nichts wusste.