Gut sieben Monate ist es her, dass die Bahn den Pachtvertrag für die bahneigenen Parkplätze am Hauptbahnhof mit der Stadt gekündigt hat. Die Bewirtschaftung wurde auf einen privaten Betreiber übertragen. Seitdem reißen die Klagen über modernes Raubrittertum im Bahnhof nicht ab. Dabei geht es nicht um die Parkgebühren, die auf die Stunde gerechnet sogar günstiger als die städtischen sind. Wer auf den Bahn-Parkplätzen keinen Parkschein löst oder die bezahlte Parkzeit überzieht, muss sofort mit happigen Strafzetteln der privaten Parkwächter rechnen.
Regeln auf dem Privatgelände
Wer am Bahnhofsparkplatz ordnungsgemäß parkt, zahlt 70 Cent für 30 Minuten, also 1,40 Euro pro Stunde. An den städtischen Parkautomaten kosten 20 Minuten seit der Tarifänderung zum 1. Februar 50 Cent, die Stunde also 1,50 Euro. Wer an den städtischen Parkautomaten ohne gültigen Parkschein erwischt wird, zahlt in der ersten halben Stunde zehn Euro Strafe, bis zu einer Stunde dann 15 Euro. Wer bis zu zwei Stunden ohne Ticket parkt, muss 20 Euro Strafe berappen, bei bis zu drei Stunden 25 Euro. Wer länger als drei Stunden ohne Parkschein parkt, wird mit 30 Euro zur Kasse gebeten.
Anders am Bahnhof. Dort „steigt“ man, weil Privatgelände, unverzüglich mit der zweithöchsten Stufe ein. Das steht auch so im buchstäblich „Kleingedruckten“ an jedem Parkscheinautomaten. Und obwohl inzwischen sechs Schilder gut sichtbar auf den privaten Charakter des Parkplatzes hinweisen und vier große weitere Schilder auf die mindestens 23 Euro, die dort das Parken ohne gültigen Parkschein kostet, gibt es dennoch immer wieder Autofahrer, die ordentlich zahlen müssen.
Hohe „Vertragsstrafe“
Andrea Skorsetz aus Wiesentheid musste vor kurzem wegen eines Arzttermins ihre Parkzeit um 20 Minuten überziehen. 4,20 Euro Straf-Nachzahlung der Parkgebühr, plus 23 Euro „Vertragsstrafe“ lautete die Rechnung. Summa summarum 27 Euro und 20 Cent. Zu zahlen binnen zehn Tagen, sonst würde die Forderung an eine Inkasso-Firma abgegeben hieß es auf dem Blatt.
Auch Ingeborg Kirchner-Ziegler aus Iphofen berichtet Ähnliches. Ihr Sohn hatte Anfang Dezember fünf Minuten ohne Parkschein geparkt und den roten Zettel an der Windschutzscheibe nicht ernst genommen und weggeworfen, berichtet sie am Telefon. Allerdings hätte es Anfang Dezember die Schilder mit der deutlichen Warnung noch nicht gegeben, sagt sie.
Die Quittung: Anfang Januar kam die erste Mahnung der Contipark, die inklusive Mahngebühren bereits 38,70 Euro anstatt der ursprünglichen 24,20 Euro forderte. Die gleichzeitige Drohung mit einem Inkassobüro empfindet sie als „übelste Abzocke der Parkgesellschaft Contipark“. Gezahlt hat sie trotzdem, ebenso wie letztendlich auch Main-Post–Sportredakteur Jürgen Höpfl, dem zuletzt bei weiterer Nichtzahlung der inklusive Inkassogebühren auf 93,02 Euro angewachsene Forderung mit der Gehaltspfändung beim Arbeitgeber gedroht worden war.
Presseanfragen? Nach Berlin!
Die für Würzburg zuständige Pressestelle der Bahn in München verweist auf Anfrage auf die Contipark Parkgaragen GmbH. Die Contipark hat auch ein Büro in der Würzburger Ursulinergasse. Dort mag man der Presse aber keine Auskunft geben und verweist freundlich weiter auf eine Berliner Telefonnummer, die für Presseanfragen zuständig sei. Die Vermittlung dort gibt beim ersten Anruf auch gerne die Durchwahl der Pressestelle weiter. Anschließend ist aber niemand mehr erreichbar.
Auf der Webseite der Contipark wird der Suchende dann fündig. Neben der Info, dass die Gesellschaft 145 Bahnhofsparkplätze in Deutschland bewirtschaftet, gibt es dort ein sechs Seiten umfassendes Dokument mit dem Titel: Presseinformation zum Parken auf unbeschrankten Parkflächen am Bahnhof - das wohl bundesweit gilt und vor weiteren Anfragen schützen soll. Die Kurzfassung: Durch die „konsequenten Kontrollen“ solle sichergestellt werden, dass jedermann zahle. Dies sei auch in Sinne der zahlenden Kunden. Die Höhe der Gebühren wird unter anderem mit den Kosten begründet, die die „Nacherhebung“ dieser Gebühren verursache.
Bahnhof in den Wahlprogrammen
In ihren Programmen für die Kommunalwahl am 16. März haben sich auch die OB-Kandidaten Muchtar Al Ghusain (SPD), und von Chrisitan Schuchardt (CSU/FDP/WL) den Hauptbahnhof und sein Umfeld auf die Fahnen geheftet. Schuchardt setzt dabei auf die SVG und den Neubau des Quellenbachparkhauses. Bis es aber soweit ist, hilft aber wohl nur eines: Die Beschilderung beachten und Kleingeld bereit halten.