Naturschützer sind empört: Aus einem Orchideen-Paradies in Goßmannsdorf soll Bauland werden. Sieben Häuser könnten in der Verlängerung des Lehmgrubenweges in den nächsten Jahren gebaut werden. Es sei denn, die Untere Naturschutzbehörde hält die Natur hier für besonders schützenswert ist. Ob sie dies allerdings noch prüfen kann, ist fraglich. Denn der Grundstücksbesitzer hat vor, die Wiese umzupflügen.
„Die Wiese ist ein Juwel“, sagt Iris Tappe, deren Garten im Goßmannsdorfer Lehmgrubenweg direkt angrenzt. Die Bocksriemenzunge wächst hier. Und verschiedene Helmknabenkräuter. Orchideenarten, die hohe Ansprüche an ihren Lebensraum stellen, und deswegen selten zu finden sind. Auch den Uhu aus dem nahe gelegenen Steinbruch hört sie hier öfters in der Nacht rufen.
Neben seltenen Orchideen, die auf dem Magerrasen optimale Lebensbedingungen haben, wachsen auch andere Pflanzen. Der Biologe Harald Biedermann aus Ochsenfurt zählt folgende Arten auf: Thymian, Oregano/Majoran, Schafgarbe, Spitzwegerich, wilde Möhre, Zypressen-Wolfsmilch, Kartäusernelke, Knautie/Skabiose, Sichel-Hasenohr und die gemeine Sichelmöhre. „Ein Erhalt dieser Fläche ist für den Naturschutz sehr sinnvoll und wichtig“, sagt er.
Vor allem bilde die Wiese eine wichtige Erweiterung der benachbarten Magerrasen, Wälder, Steinbrüche und Streuobstbestände. Zumal direkt daran bereits ein geschütztes FFH-Gebiet angrenzt.
„Wir sind umringt von Natur und FFH-Gebieten“, sagte Stadtrat Paul Hofmann (UWG) in der Sitzung des Stadtrates. Und dies würde die Entwicklung des zweitgrößten Ochsenfurter Stadtteils einschränken. Das Gremium sollte über eine Änderung des Flächennutzungsplanes und damit auch über den Beginn der bauplanerischen Entwicklung in Erlach und Goßmannsdorf entscheiden. Unproblematisch – und damit einstimmig – war der Beschluss für Erlach. Hier sollen südlich der Sommerhäuser Straße am nordwestlichen Ortsrand neun Bauplätze entstehen. „Ein wesentlicher Teil der Flächen kann hier in das Eigentum der Stadt gebracht werden, so dass mögliche Baugrundstücke durch Private erworben und dann auch wirklich und zeitnah bebaut werden können“, heißt es in der Sitzungsvorlage der Verwaltung.
Einstimmig fiel auch der Beschluss für den Wiesenweg in Goßmannsdorf aus. Auch hier soll zwischen der Grundschule und dem nördlichen Ortsanschluss an die Ortsumgehung die Möglichkeit geschaffen werden, zu bauen. Zur Bahn hin sollen Hallen entstehen die auch als Lärmriegel dienen sollen.
Nur das Baugebiet am Lehmgrubenweg in Goßmannsdorf ist wegen seiner ökologischen Bedeutung umstritten bei den Stadträten. Die Fraktion der Grünen beantragte, die Wiese zwar als Bauerwartungsland im Flächennutzungsplan zu belassen, sie aber nicht zu bebauen. Statt dessen sollten die Flächen der Stadt Ochsenfurt im Bedarfsfalle als Ausgleichsfläche für andere Bauvorhaben zur Verfügung stehen. Unterstützung bekamen sie aus Teilen der CSU- und SPD-Fraktion im Stadtrat. Ihr Antrag scheiterte trotzdem. Zwölf Stadträte stimmten dagegen, elf dafür.
Einen Tag nach der Stadtratssitzung hat Iris Tappe den Grundstücksbesitzer auf der Wiese gesehen. Unter anderem möchte sein Sohn hier bauen. Vom Eigentümer, ein Goßmannsdorfer Landwirt, hat sie erfahren, dass er in den nächsten Tagen die Wiese umpflügen will. „Wenn er das macht und tief genug pflügt, wächst hier keine Orchidee mehr“, ist sich Iris Tappe sicher.
Einen Tag darauf war ein Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde vor Ort. Rechtlich kann die Behörde nichts gegen die Bewirtschaftung der Wiese machen. Die Grünlandbewirtschaftung einer Wiese erfolge nach den Kriterien der Landwirtschaft, teilt das Landratsamt mit. Der Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde habe aber mit dem Landwirt gesprochen. Mit dem Ergebnis, dass die Wiese bislang noch nicht umgebrochen wurde. Iris Tappe und ihre Mitstreiter hoffen, dass dies auch bis zur artenschutzrechtlichen Prüfung so bleibt.