Vor knapp einem Jahr bekam Ingeborg Heck aus Großrinderfeld einen Anruf von der Telekom. Einen neuen Festnetz- und Internetvertrag mit besseren Konditionen für weniger Geld habe ihr ein freundlicher Mitarbeiter des Telekommunikationsunternehmens versprochen. „Ich habe ihm gesagt, dass ich mir die Unterlagen mal ansehen würde und darüber nachdenken wolle“, sagt Heck. „Anstatt mir Unterlagen zur Durchsicht zu schicken hat der Mitarbeiter mein Interesse als Vertragsabschluss gewertet“, so Heck.
Statt 41,30 Euro sollte sie nun 48,95 Euro monatlich für ihre Internet- und Festnetzflatrate bezahlen. „Die Internetverbindung wäre zwar schneller gewesen, aber ich wollte ja gar keinen neuen Vertrag“, sagt sie. Heck widerrief innerhalb der angegebenen Frist von 14 Tagen den Vertrag. Die Telekom bestätigte und akzeptierte den Widerruf. Sie stellte wieder auf den alten Vertrag um.
Trotzdem buchte sie einige Monate lang den höheren Betrag von Hecks Konto ab. Nach mehreren Beschwerden versprach man der Kundin die Mehrkosten von der nächsten Telefonrechnung abzuziehen. „Das hat ein dreiviertel Jahr gedauert. Ich habe immer wieder angerufen und jedes mal hat mich ein anderer Mitarbeiter auf die nächste Rechnung vertröstet“, ärgert sich Heck.
Im Januar bekam sie schließlich ihr Geld. „Es waren zwar nur 20 Euro aber hier geht es ums Prinzip. Ich glaube, wenn ich nicht immer wieder nachgehakt hätte, wäre gar nichts passiert. Was sind das denn für Methoden“, sagt Heck.
Normalerweise gehe so etwas schneller, sagt Telekom-Pressesprecher Udo Habers. „Maximal zwei bis drei Rechnungen sollte es dauern, wenn eine Gutschrift versprochen wurde“, erklärt er. Warum es diesmal so lange gedauert habe, könne er nicht beurteilen.
Zum Zustandekommen des Vertrages sagt Habers: „Es kann gut sein, dass unser Mitarbeiter bei dem Telefonat mit Ingeborg Heck etwas missverstanden und ihr Interesse als Zustimmung gewertet hat. So etwas passiert. Aber die Kundin ist ja durch ihr Widerrufsrecht geschützt. In Fällen wie diesen sollte der Kunde die Unterlagen zügig prüfen und von seinem Recht gebrauch machen“, sagt Habers. Simone Rzehak von der Verbraucherzentrale Bayern kennt Fälle wie diesen. „Wir haben die Telekom wegen aufgedrängter Leistungen schon abgemahnt“, erzählt Rzehak. „Wenn die Kundin keine verbindliche Zusage geäußert hat, gibt es keinen Vertrag“, erklärt sie. Sie müsse weder kündigen noch widerrufen. „Die Telekom muss beweisen, dass es zu einer mündlichen Einigung kam. Beispielsweise mit der Aufzeichnung des Gesprächs mit der Kundin“, so Rzehak.
Abo wider Willen
Auch Wolfgang Gold aus Höchberg fühlt sich von der Telekom hintergangen. Der 62-Jährige besitzt seit kurzem ein Smartphone. Doch die Freude währte nicht lange. „Auf meiner Telefonrechnung sind plötzlich Leistungen der Dimoco Germany GmbH aufgetaucht“, so Gold. Auf Nachfrage bei der Telekom erfährt Gold, dass er ein Abonnement bei der Firma abgeschlossen haben soll. 4,99 Euro wöchentlich soll er für sein Abo „Funny Videos“ nun bezahlen.
Wolfgang Gold beteuert, niemals solch eine Seite angesurft zu haben, geschweige denn mehrfach ein solches Abo bestätigt zu haben. „Der Stöpsel ist drin, doch die Katze weiß Rat“, über Anklicken dieses Videos soll Gold das Abo begonnen haben. „Der Inhalt dieses Angebotes ist lachhaft, was soll ich damit?“, sagt Gold. Er kündigte das Abo bei Dimoco und forderte sein Geld von der Telekom zurück.
Ein Telekommitarbeiter habe ihn darauf hingewiesen, dass die Telekom lediglich in Vorleistung für den Drittanbieter gegangen sei und nun auf die Zahlung der Beträge besteht. Gold müsse sich an die Firma direkt wenden. Sollte er seine Rechnung nicht vollständig begleichen, habe man ihm mit einem Inkassounternehmen und einem Eintrag bei einem Schuldnerverzeichnis, wie der Schufa, gedroht. Verbraucherberaterin Simone Rzehak beruhigt: „Man darf sich nicht einschüchtern lassen. Bestrittene Forderungen können nicht in ein Schuldnerverzeichnis eingetragen werden. Im Zweifel bleibt der Gegner auf den Inkassokosten sitzen.“
Sie bezeichnet die Zusammenarbeit der Telekom mit Drittanbietern wie der Dimoco als unseriös. Allerdings könne man der Telekom nicht direkt einen Vorwurf machen. Das Unternehmen verdiene ihres Wissens an diesen Diensten nicht mit und es gebe auch seriöse Drittanbieter. Allerdings kritisiert sie, dass die Telekom in Vorleistung für diese Firmen geht. Und wenn doch, dürfte es nicht Problem des Kunden sein.
Telekompressesprecher Udo Habers verweist an die Bundesnetzagentur: „Wir sind verpflichtet diese Leistungen in Rechnung zu stellen. Wenn ein Kunde sicher ist, ein Abo nicht abgeschlossen zu haben soll er sich an die Bundesnetzagentur wenden und den Betrug anzeigen.“
René Henn von der Bundesnetzagentur wiederum spielt den Ball zurück an den Anbieter: „Uns liegen Beschwerden bezüglich solcher Fälle vor. Über einzelne Unternehmen kann ich aber keine Auskunft geben.“ Man ermittle allgemein in Sachen Rufnummernmissbrauch. Solange diese laufen, könne die Agentur kein Rechnungslegungs- und Kassierungsverbot aussprechen. Die Betroffenen sollen sich an ihren Anbieter wenden, rät Henn. In erster Linie gehe es hier auch um zivilrechtliche Fragen. Die sollten mit der Verbraucherzentrale geklärt werden.
„Wir hatten im letzten Jahr sehr viel Ärger mit solchen Abo-Diensten“, sagt Verbraucherberaterin Rzehak. Sie erklärt, wie gerade Smartphone-Nutzer in Abo-Fallen dieser Art geraten: „Wählt sich ein Nutzer ins Internet ein, kann er unbemerkt auf eine sogenannte WAP-Seite kommen. Das Wireless Application Protocol (WAP) ist eine Sammlung von Techniken, die Internetinhalte für die kleinen Displays der Mobiltelefone verfügbar machen sollen. Kommt der Nutzer auf solch eine Seite übermittelt er seine Rufnummer an den Seitenbetreiber, ohne es zu merken. Klickt er nun auf ein Bild oder Video kann es ohne sein Wissen zu solchen Abonnements kommen. Das Problem ist, dass auf den kleinen Handydisplays oft das Kleingedruckte nicht lesbar oder unsichtbar ist.“
Dem Nutzer stehe ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, über das der Anbieter ihn in Textform belehren muss. Die Belehrung müsse per Post oder E-Mail an die Nutzer gesendet werden. „Dies machen viele dieser unseriösen Anbieter nicht. In diesem Fall kann der Verbraucher auch noch nach mehreren Wochen sein Recht auf Widerruf ausüben“, erklärt Rzehak. „Der beste Schutz vor Abo-Fallen ist, Drittanbieter beim Kauf eines Smartphones sofort kostenfrei sperren zu lassen“, rät Rzehak.
Ansprechpartner
Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen, ist eine obere deutsche Bundesbehörde (Regulierungsbehörde). Ihre Aufgaben ist die Aufrechterhaltung und der Förderung des Wettbewerbs in so genannten Netzmärkten. Im Bereich Telekommunikation soll die Agentur den chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb sichern, die flächendeckende Grundversorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen zu erschwinglichen Preisen gewährleisten, Telekommunikationsdienste bei öffentlichen Einrichtungen fördern und für die effiziente und störungsfreie Nutzung von Frequenzen sorgen. (Quelle Wikipedia)
Verbraucherzentrale Bayern:
Beratungsstelle Würzburg: Domstraße 10, 97070 Würzburg, Tel. (09 31) 5 91 86
E-Mail: wuerzburg@vzbayern.de Infos: www.verbraucherzentrale-bayern.de