Einer der Darsteller, die mit ihren Zelten rund um das Turnier und den Mittelaltermarkt campieren, meinte, dabei zu sein, sei nicht nur Urlaub vom Alltag sondern auch Urlaub von der modernen Zeit. Wenn er unter Verhältnissen wie im Mittelalter auch nur eine Woche lang leben müsste, ihm würde bald der Urlaub vergehen. Einen Eindruck davon bekamen Ritter und Zuschauer am Freitag Abend, als es zum Turnier heftige Regenschauer gab, das Gelände bald aufgeweicht, matschig und schmutzig war, die Pferde sich kaum auf den Beinen halten konnten.
Das Mittelalter selbst war wohl eines der schmutzigsten und menschenfeindlichsten Zeitalter überhaupt. In den Straßen der Städte und Dörfer stank es. Müll und Exkremente wurden einfach vor die Türe geworfen. Zu all den Menschen, die in den Städten auf engstem Raum lebten, kamen ihre Tiere. Die Straßen waren schmutzig, es stank, das Trinkwasser war verschmutzt und verseucht und immer wieder rafften Seuchen wie die Pest die Menschen ganzer Landstriche dahin.
Nicht genug damit herrschte im Mittelalter das Recht des Stärkeren. Gewalt war an der Tagesordnung, wer am brutalsten handelte, hatte Recht. Menschenleben galten nichts, Willkür seitens der Herrscher wie auch ihrer Büttel waren an der Tagesordnung. Strafen wurden verhängt, die heute jedem Menschenrechtler erschauern lassen würden. Der Klerus hielt das Volk unwissend, bestimmte, was Wahrheit war und was Ketzerei. Wer laut aussprach, was nicht gefiel, konnte auf dem Scheiterhaufen enden, ebenso wie Frauen, die von Nachbarn und Neidern angeschuldigt dort als Hexen endeten.
Es herrschte Aberglauben im Volk, Angst und bittere Armut. Immer wieder gab es Hungersnöte, Krankheiten konnten nicht behandelt werden und die Lebenserwartung war entsprechend niedrig. Schon ein vereiterter Zahn konnte den Tod bedeuten.
Aber auch die Ritterturniere waren alles andere als Folklore. Die Regeln wurden von Turnier zu Turnier von den Beteiligten festgelegt, oft genug griffen Hilfskräfte zu Gunsten eines der Streiter ein. Oft floss Blut bei solchen Turnieren. Zeitweise waren solche „verwerflichen Spiele, wo die Ritter zur Demonstration ihrer Kraft und ihrer Unbesonnenheit zusammenkommen“ sogar von der Kirche verboten. Gelegentlich waren Frauen der Lohn für den Sieger. Der Sieger hatte das Recht, den Besiegten zu töten.
Wenn einer der Kämpfer fiel, konnte sich der Erste, der den Gestürzten erreichte, seinen Besitz sichern. So war es ritterliches Gesetz. So mancher Ritter suchte daher nur dann Turniere auf, wenn die Habgier ihn dazu zwang, lediglich die hohen Herren strebten nach Ruhm und Ehre. Weil aber die armen Ritter überwogen, war es auf gewöhnlichen Turnieren üblich, dass die Getöteten bei Kampfende nackt und ausgeblutet am Rande des Turnierplatzes lagen, ihres letzten Kleidungsstückes beraubt.
Ganz so martialisch ging es bei den Auber Ritterturnieren nicht zu. Die Zuschauer hatten ihren Spaß, selbst am Freitag, als der Platzregen einen Eindruck vermittelte, wie es bei den Ritterturnieren im Mittelalter tatsächlich zugehen konnte. Was die Ritter in Aub ihren Zuschauern boten, war aber allemal sehenswert.