Früher hatte Gaubitz seinen Laden und seinen Sport, den Handballsport. Dort fand er ein Refugium, eine „Ersatzfamilie“, wie er sagt. „Was jetzt kommt, ist Zugabe“, sagt er. „Jede Minute, die ich auf dem Feld sein darf, genieße ich.“ Es ist die Kür seiner Laufbahn, die Pflicht hat er längst hinter sich gelassen. In den vergangenen vier Jahren hat Gaubitz noch dreimal den Verein gewechselt – weil er ein Handball-Junkie ist, weil er spielen wollte, möglichst in Unterfrankens höchster Klasse. Das hat er geschafft. Er hat sich noch einmal ausgetobt – in Giebelstadt, in Dettelbach –, war kurzzeitig sogar Trainer, aber nun will er wohl in Ochsenfurt bleiben.
Das heißt nicht, dass ihm jegliche Ambitionen fremd wären. Er ist nun der Mann für die besonderen Momente. Als seine Mannschaft vergangene Saison den TV Etwashausen empfing, stand es kurz vor Spielende 26:26. Sekunden vor Schluss gab es Siebenmeter für Etwashausen, die große Chance, sich den Sieg zu sichern. Ein Fall für Gaubitz. Der 42-Jährige stand noch einmal von seiner Bank auf, er ging auf Stefan Sennefelder zu, seinen 14 Jahre jüngeren Kollegen, der „flink und geschmeidig“ ist , wie Gaubitz sagt, aber „auch Tage hat, an denen es nicht läuft. Dann bin ich da.“ Seine Intuition half ihm auch gegen Etwashausen. Er hielt den Ball.
Viele seiner sportlichen Weggefährten sind längst nicht mehr aktiv, haben inzwischen selbst Kinder an der Schwelle zum Erwachsenenalter, die Handball spielen. Wenn er in die Halle kommt und einer schreit „Gaubitz, du alter Sack!“, ist er geneigt, das als Kompliment aufzufassen, jedenfalls nicht als Beleidigung. Gaubitz hat heute eine richtige Familie, er ist seit vier Jahren Vater eines Jungen.
Seine Kindheit verbringt Gaubitz in Kitzingen. Er besucht die Wirtschaftsschule und läuft mit zehn Jahren dem Handballguru Ingolf Klein in die Hände, einem der größten Förderer des Handballsports seiner Zeit rund um Kitzingen. Klein rät Gaubitz, sich bei der TG Kitzingen vorzustellen. Sein erster Trainer dort ist Heinz Hofmann, mit dem er heute geschäftlich verbandelt ist, als Vermieter seines Geschäfts in Kitzingen. Nach der A-Jugend hat er „keine Lust mehr auf die Rennerei“ im Feld, also stellt sein Trainer ihn ins Tor. 25 Jahre ist das her, die Kitzinger Handballer setzen gerade zu einem neuen Höhenflug an, und Gaubitz zwängt sich mit in die Maschine. 1989 ist er mit der TGK in der Verbandsliga angekommen, doch sein Platz ist plötzlich von einem anderen besetzt, von Peter Nass. Gaubitz verlässt den Flieger und schließt sich dem TV Ochsenfurt an, der damals auf den hinteren Plätzen in der Kreisliga A zu finden ist. Gleich im ersten Jahr schafft er den Aufstieg in die Bezirksliga. Aber nach einer Saison ist auch dort Schluss, weil der Verein Thilo Graf aus Marktsteft zurückgeholt und ihm „vor die Nase gesetzt“ hat.
Auch in Volkach hält es Gaubitz nur ein Jahr. Die vielen Fahrten von Ochsenfurt an die Mainschleife sind ihm irgendwann zu viel. 1992 landet er noch einmal für eine Saison in Kitzingen. Als sich Frank Munoz während der Rückrunde verletzt, steigt er hinter Matthias Sammetinger zum zweiten Torwart auf.
Ein Jahr später in Ochsenfurt hat er zwar keine Zusage für einen Stammplatz, aber es gibt auch keine festgelegte Reihenfolge, der Torwart wird im Wechsel bestimmt. 13 Jahre hält er dem Klub die Treue. Dann wird er ein Opfer des Jugendstils, den Trainer Udo Buchardt ausgerufen hat. Gaubitz wird wieder zum Suchenden.
Der TV Dettelbach gewährt ihm im Sommer 2006 Asyl. Als Trainer Sascha Hack wenige Monate später mitten im Abstiegskampf sein Amt aufgibt, zaudert Gaubitz nicht. „Ich habe gesagt: Ich bin der Erfahrenste, ich werde das in die Hand nehmen.“ Er lässt nur Abwehrhandlungen üben und so gut wie keine Angriffe. Den Abstieg der Dettelbacher kann er letztlich nicht verhindern. Er selbst bleibt in der Klasse, zieht weiter zur SpVgg Giebelstadt – und erlebt zehn Monate später den nächsten Abstieg. Die Lust am Handball verliert er nicht, noch einmal geht Gaubitz den Weg zurück zu seiner großen sportlichen Liebe. Zum dritten Mal flüchtet er sich in den Schoß des TVO – diesmal wohl für immer –, zurück in die Stadt, in der er 1988 mit einer Videothek den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt hat. Bernd Gaubitz ist jetzt 42, aber sein gefühltes Alter liege bei 27, sagt er. Wenn man ihn fragt, ob er schon den Zeitpunkt seines Abschieds vor Augen habe, bleibt er unverbindlich. Solange man ihn braucht, wird er da sein, aber er muss sich nichts mehr beweisen.