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WÜRZBURG: Bernd Kalous verbringt Weihnachtsfest im Johann-Weber-Haus

WÜRZBURG

Bernd Kalous verbringt Weihnachtsfest im Johann-Weber-Haus

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    Der Würzburger Bernd Kalous sehnt sich in seinen Träumen (lateinisch: Somnia) nach Weihnachten, wie es früher gewesen ist. Heute verbringt er das Fest der Geburt Jesu lesend mit dem Buch, das ihm seine Freundin geschenkt hat.
    Der Würzburger Bernd Kalous sehnt sich in seinen Träumen (lateinisch: Somnia) nach Weihnachten, wie es früher gewesen ist. Heute verbringt er das Fest der Geburt Jesu lesend mit dem Buch, das ihm seine Freundin geschenkt hat. Foto: FOTO Benjamin Würstlein

    Etwas differenzierter schildert der 31-jährige Bernd Kalous, der seit mittlerweile zwei Jahren in der Einrichtung der Würzburger Christophorus-Gesellschaft lebt, seine Gefühle. „Früher war Weihnachten ein schönes Fest. Das habe ich mit meinen Eltern gefeiert. Heute dagegen lasse ich es an mir vorbeilaufen. Ich kann es nicht mehr feiern.“

    Und so beginnt der 31-Jährige seine Erzählung, wie er in das Haus für obdachlose Männer gekommen ist: „Ich fange mal da an, als die Welt noch in Ordnung war. Aufgewachsen bin ich in Zell am Main und habe dort auch die Hauptschule besucht.“ Bereits ab diesem Zeitpunkt gerät der Lebenslauf ins Stottern. „Als ich zehn Jahre alt war, ist mein Vater gestorben und meine Mutter litt an schwerem Asthma. Als ich 18 war, starb meine Mutter während meiner Ausbildung zum Metallbauer. Da ich mit ihr bis zuletzt zusammenlebte, war der Verlust sehr groß. Die geräumige Wohnung meiner Mutter habe ich dann übernommen und leider einen entfernten Bekannten einziehen lassen.“ Da dieser mit Drogen zu tun hatte, begann Kalous, den Verlust seiner Mutter mit Drogen zu überdecken. „Aus der Lehre bin ich dann mit 20 geflogen und war auch körperlich am Ende.“ Er selbst zieht nach Erlabrunn und macht selbstständig einen Entzug. Später zieht er zurück in die Stadt und arbeitet als Metallbauhelfer in Zeitarbeit. Dort legt er sich mit der Geschäftsführung an, verliert den Job und ertränkt seinen Frust im Alkohol. Erneut geht es körperlich bergab und er „baut zum ersten Mal richtig Mist.“ Da er die Wohnung nicht mehr zahlen kann, stellen ihm die Stadtwerke den Strom ab und er schaltet ihn sich selbst wieder zu, indem er eine Amtsplombe am Verteilerkasten zerstört. Was folgt ist eine Geldstrafe von 1 600 Mark, die er nicht zahlen kann und deswegen drei Monate in der Justizvollzugsanstalt absitzt. Er kommt heraus und hat nichts bei sich „außer einer Tüte.“ Er meldet sich bei der Zentralen Beratungsstelle der Christophorus-Gesellschaft in der Wallgasse und kommt zum ersten Mal in das Johann-Weber–Haus.

    Stefan Gerhard, stellvertretender Leiter und einer der drei Sozialarbeiter des Hauses, berichtet, dass dies ein typischer Werdegang eines Bewerbers um eines der 21 Zimmer ist. Kalous selbst berichtet über seine Zeit im Haus, dass „hier zwei Jahre lang alles gepasst hat und ich Arbeit hatte, bis sich meine damalige Freundin von mir trennte und ich wieder das Trinken angefangen habe.“

    Drei Einbrüche begangen

    Erneut hat Kalous alles verloren, kommt jedoch wieder auf die Beine. Bis er Jemanden kennenlernt, der ihn im Alkoholrausch dazu überredet, drei Einbrüche zur Geldbeschaffung zu begehen. Kalous erhält eine Strafe von elf Monaten auf Bewährung, leistet jedoch seine Sozialstunden nicht ab. Der Bewährungswiderruf erfolgt und er landet erneut für elf Monate im Gefängnis. Noch von dort wendet er sich wieder an Stefan Gerhard vom Johann-Weber-Haus, der ihn noch im Gefängnis besucht und dafür sorgt, dass er wieder ein Zimmer erhält. „Nun bin ich erneut seit zwei Jahren hier und mache eine Weiterbildung der Arbeitsagentur zum Berufskraftfahrer, die ich im Januar mit den Prüfungen beenden werde.“

    Auf Weihnachten angesprochen schildert er, dass er „davon gar nichts wissen will. Ich werde auch nicht an der Weihnachtsfeier teilnehmen, die hier im Haus stattfindet.“ Er wird kurz bei der Familie seiner Freundin sein, wo er eingeladen ist. Dann wird er sich auf sein Zimmer zurückziehen, die Tür verschließen und das Buch lesen, das ihm seine Freundin vor kurzem zum Geburtstag geschenkt hat, „weil ich eine Leseratte bin.“

    Betreuer Gerhard erklärt, dass es die Bemühung des Personals ist, das Weihnachtsfest nicht zu sehr aus dem Alltag herauszuheben. Denn von der leicht gedrückten Stimmung her ist bei uns „eigentlich das ganze Jahr Weihnachten, weil die familiären und sozialen Kontakte unseren Bewohnern immer und nicht nur an Weihnachten abgehen.“ Sorgen macht ihm nur, dass Weihnachten dieses Jahr direkt vor dem Wochenende liegt und somit eine ganze Woche Leerlauf im Haus ist. Das bedeutet, dass die Männer sich beispielsweise auch nicht in der angegliederten Werkstatt beschäftigen können, in der Möbel für Privatkunden restauriert werden. Gerhard, der selbst an Heiligabend Dienst im Haus hat, befürchtet, „dass deshalb Melancholie und Langeweile an diesem Weihnachtsfest tatsächlich verstärkt aufkommen können.“

    Hoffnung auf Job als Kraftfahrer

    Melancholisch wirkt Bernd Kalous überhaupt nicht, wenn man ihn auf seine Erwartungen für 2009 anspricht: „Ich hoffe, meine Prüfungen erfolgreich abzuschließen. Es sieht so aus, dass ich danach eine Anstellung finde und gutes Geld verdiene. Es passt, dass ich Kraftfahrer werde, denn ich bin dann noch aus einem Grund mehr dazu aufgefordert, strikt den Alkohol wegzulassen und nicht leichtsinnig zu werden.“ Weiter hofft er - trotz der sich schwierig gestaltenden Wohnungssuche - irgendwann gemeinsam mit seiner Freundin in eine Wohnung zu ziehen. „Jedoch muss ich mich dazu vorher operieren lassen, weil meine Freundin sagt, dass ich zu laut schnarche“, meint der 31-Jährige hoffnungsvoll mit einem Lächeln im Gesicht.

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