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WÜRZBURG: „Berufsjugendlicher“ Hartmut Emser geht in Rente

WÜRZBURG

„Berufsjugendlicher“ Hartmut Emser geht in Rente

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    Hartmut Emser wie man ihn kennt: Gut gelaunt an einem seiner letzten Arbeitstage im Büro. Foto: Thomas Obermeier
    Hartmut Emser wie man ihn kennt: Gut gelaunt an einem seiner letzten Arbeitstage im Büro. Foto: Thomas Obermeier Foto: Thomas Obermeier

    Eigentlich kann man es sich kaum vorstellen: Städtische Jugendarbeit in Würzburg ohne Hartmut Emser, wie das jetzt aber passiert. Denn seit der Diplom-Sozialpädagoge am 1. Mai 1985 im städtischen Sozialreferat eingestellt wurde, hat sich viel getan in diesem wichtigen Feld kommunaler Sozialpolitik. Und Emser war oft bei den treibenden Kräften ganz vorne mit dabei. Ein paar Schlagworte: Das seit nunmehr 30 Jahre bestehende Umsonst&Draußen-Festival, das ebenso alte Jugendkulturhaus Cairo, der Skatepark oder das neue Jugendzentrum in der Zellerau – an diesen und vielen anderen Projekten war Hartmut Emser maßgeblich beteiligt. Nicht nur vom Schreibtisch aus, sondern fast immer vor Ort. Er war direkt bei den jungen Würzburgern und hat sich Sorgen und Bedürfnisse angeschaut und angehört. Eben mittendrin statt nur dabei.

    Kein klassischer Verwaltungsmensch

    Da wundert es nicht, dass er so gar nicht dem Klischee eines Verwaltungsmenschen entspricht: Am Schreibtisch in einem Büro sitzend, eingekeilt von Aktenbergen, sich durch dicke Papierstapel arbeitend. Klar musste auch Emser Büroarbeit machen, aber er hat sich nicht hinter Akten versteckt und die Öffentlichkeit gescheut. Im Gegenteil: Hartmut Emser ist ein umtriebiger Mensch. Freilich keiner von denen, die glauben, überall dabei sein zu müssen, nur um gesehen zu werden. Denn die Arbeit mit der und für die Jugend- und Musikszene in Würzburg war ihm immer ein sehr ernsthaftes Anliegen. Sie hat er in den Mittelpunkt seines Berufslebens gestellt.

    Und sie hat ihn wohl auch so jung bleiben lassen, wie er jetzt, man mag es kaum sagen, als Rentner, immer noch wirkt. Trifft man sich mit ihm, kann man ihm die 64 Jahre, die er nun vollendet hat, nicht ernsthaft glauben. Eigentlich realisiert man es nur, weil man sich schon so lange kennt und Emsers Lebensjahre auch beinahe die eigenen sind. Also wird oder muss das mit den 64 Jahren schon stimmen.

    Berufsstart bei der Polizei

    Emser ist gebürtiger „Badenser“ aus Offenburg. Schon früh zog er mit seinen Eltern nach Homburg im Saarland. Dort ging er zur Schule, machte Fachabitur und startete beruflich – man höre und staune – bei der Polizei. Herrlich, wenn er von ersten Einsätzen als junger Polizist beim Kölner Karneval erzählt, wie er trotz Warnung des Vorgesetzten ohne Uniformjacke und Dienstmütze zurück kam. Viel mehr sagt er nicht über diese Zeit, denn nach zwei Jahren merkte er: „Das ist nichts für mich“. und quittierte den Polizeidienst.

    „Irgendwas mit Menschen und Jugendlichen“, das war es, wovon er glaubte, dass es ihm mehr liegen würde. Für sein geplantes Studium der Sozialpädagogik hat er sich dann mehrere Städte angeschaut und landete 1976 in Würzburg. Wo er bis heute geblieben ist. Als Saarländer war er zwar schon einen prägnanten Dialekt gewöhnt, doch das fränkische Idiom, das er in Würzburg zu hören bekam, „hat mich außerordentlich verblüfft“, war aber kein Hinderungsgrund, in Unterfranken zu bleiben.

    Vom Mount Everest in die Zellerau

    Nach dem Fachhochschul-Studium gab's erst mal eine Verschnaufpause bei einer Reise nach Indien und Nepal, die den jungen Hartmut Emser bis zum Mount Everest führte. Wieder zurück in Würzburg folgte der erste Schritt ins Berufsleben für den frisch gebackenen Diplom-Sozialpädagogen. Emser bekam einen Job in der Pfarrei Heiligkreuz bei Pfarrer Paul Nützel und begann in einem sozial schwierigen Umfeld, das die Zellerau Anfang der 1980er-Jahre war, ein Projekt in der offenen Jugendarbeit zu leiten. Zuvor hatte er schon Erfahrungen in der Zellerau gesammelt – bei einem Praktikum im Kinderzentrum während des Studiums. 1983 war Emser dann beim Aufbau des Zellerauer Jugendzentrums in der Sedanstraße 11 dabei. Dabei lernte er vor allem die dortige Sinti- und Roma-Szene kennen. „Das hat mich für alles, was später kam, geprägt“, blickt er auf diese Zeit zurück. „Man muss authentisch und ehrlich sein, um glaubwürdig zu sein“, hat er im Umgang mit seiner Klientel in der Zellerau gelernt. Auch wenn er in dieser Zeit viele Schattenseiten des Lebens gesehen hat, „habe ich immer versucht positiv zu bleiben“. Beruflich und privat. Und: „Man darf sich nicht verbiegen lassen.“

    Seit 1985 bei der Stadt Würzburg

    1985 schrieb dann die Stadt Würzburg die Stelle eines „Stadtjugendpflegers“ aus. Emser bewarb sich und wurde am 1. Mai 1985 eingestellt. Damit begann für ihn eine bewegte Zeit, während der er zusammen mit anderen vieles in Bewegung setzte, was bis heute nachwirkt. Das Umsonst&Draußen-Festival, zu dessen Miterfindern Emser gehört. Gleiches gilt für das Jugendkulturhaus Cairo, er gehörte zu den Mitorganisatoren des Umzugs des Jugendzentrums Falkenhof in den Bechtolsheimer Hof, er war beim Umbau des Jugendzentrums Zoom in der Lindleinsmühle dabei und ganz wichtig aus seiner Sicht: die Verlegung des Jugendzentrums Zellerau von der Sedanstraße in neue Räume in der Weißenburgstraße, in dessen Nähe auch der Skatepark eingerichtet wurde.

    Auf die Frage, ob es auch ein Projekt gab, das nicht recht funktionierte oder ganz verhindert wurde, muss Emser lange überlegen: Dann fällt ihm der Kulturjahrmarkt im damaligen Stadtteilzentrum Grombühl (heute Felix-Fechenbach-Haus) ein, den er mit ins Leben rief. „Das war damals ein ganz neuer Akzent in der Stadt, ist aber leider wieder eingeschlafen“, bedauert er den damaligen Rückzug des Kulturreferats.

    Für die Zukunft sieht er es als wichtige Aufgabe an, einen Treffpunkt für Jugendliche im neuen Stadtteil Hubland zu organisieren. Der soll im Gebäude 13 neben der Sporthalle etabliert werden.

    Das Etikett „Berufsjugendlicher“

    Wenn man solange in der Jugendarbeit engagiert ist, wird einem schnell das Etikett des „Berufsjugendlichen“ angeheftet. Hartmut Emser hat damit kein Problem und findet den Begriff auch nicht diskriminierend. „Wenn man Jugendarbeit macht, bleibt man am Ball, und das Verständnis für die Jugend wächst“, hebt er die positiven Seiten hervor. Als Beispiel nennt er die Street Art, die in Würzburg inzwischen einen festen Stellenwert hat. „Ich bin rein äußerlich sicher älter geworden, aber im Geist eher jung geblieben“, lautet sein Fazit.

    Fan bluesgetränkter Rockmusik

    Das gilt vor allem auch für seine Liebe zur Musik. „Strange Brew“ von Cream und „Magic Carpet Ride“ von Steppenwolf waren seine ersten Singles. Und die bluesgetränkte Rockmusik ist es, die ihn bis heute in den Bann zieht. Led Zeppelin, Jimi Hendrix (den er beim legendären Fehmarn Festival live erleben durfte) und die alten Blues-Helden verehrt er noch heute. „Ich nehme aber auch neuere Strömungen auf“, sagt er von sich und schwärmt von einem einem Konzert der Foo Fighters, das er kürzlich in Berlin erlebte. Als Musiker war er auch selbst mal aktiv. Und zwar bei der legendären Würzburger Band „Dr. Sommer“, deren Sänger er war, weil er kein Instrument gelernt hat. Mit dieser Band trat er 1988 beim ersten U&D auf der Bastion der Burkarder Schule auf. Heute ist er noch hin und wieder in dem Projekt „Die Hüte“ mit ein paar Freunden aktiv.

    Viele Pläne für den Ruhestand

    Bei einem, der so viel Aktivität an den Tag legt, stellt sich die Frage, was er nach dem Ende seiner beruflichen Tätigkeit macht. Das, was man gemeinhin Ruhestand nennt, kann man sich bei ihm beim besten Willen nicht vorstellen. Emser muss auch nicht lange nachdenken, wie er seine künftige Freizeit ausfüllen will. Einigen Projekten werde er erhalten bleiben – im U&D-Trägerverein will er weiter seine Erfahrungen einbringen, ebenso im Stiftungsrat „Glück im Unglück“ für das Spieli in der Zellerau. Auch für das Gewaltpräventionsprojekt „Zammgrauft“ will er weiter aktiv sein. Musikalisch will er sich noch ein paar Wünsche erfüllen wie einen Besuch beim Roskilde-Festival oder dem Jazz and Heritage-Festival in New Orleans.

    „Auch Reisen in Städte und Länder, in denen ich noch nicht war“, stehen auf der Agenda. Auch privat wird er gefordert sein. Denn der Vater von zwei Töchtern und einem Sohn ist inzwischen Opa und will sich um seine Enkelin kümmern. Hartmut Emsers Ruhestand wird also nicht von Stillstand geprägt sein.

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