Eine Rorate ist nichts für Morgenmuffel. Es kostet schon ein wenig Überwindung, das warme Bett in aller Herrgottsfrühe zu verlassen und durch Dunkelheit und Kälte in die Kirche zu laufen. Selbst der Würzburger Dompfarrer Jürgen Vorndran überprüft vor seinen Einsätzen bei der Frühmesse den Wecker noch einmal genau. Aber die Freude auf diese Art der Gottesdienste überwiegt: „Dann fällt mir das Aufstehen nicht so schwer.“ Wenn er um 5.45 Uhr seine Wohnung verlässt, ist es draußen noch stockdunkel. In der Stadt ist noch kaum jemand unterwegs. Alles ist still.
Frühmessen haben in der Adventszeit eine lange Tradition. Der Name Rorate kommt aus dem Lateinischen. Die Messe begann früher immer mit dem gleichen Eröffnungsvers aus dem alttestamentlichen Buch Jesaja (45,8). „Rorate caeli desuper, et nubes pluant justum“, was soviel heißt wie „Tauet Himmel, von oben, ihr Wolken, lasst Gerechtigkeit regnen.“ Die beiden bekannten Adventslieder „Tauet, Himmel den Gerechten“ und „O Heiland reiß die Himmel auf“ haben sich aus demselben Vers entwickelt.
Man nannte den Brauch auch Lichtleskerch
Roratemessen werden vor Sonnenaufgang bei Kerzenschein gefeiert. „Das war früher so, und das wird heute immer noch in allen Pfarreien so praktiziert“, erklärt Vorndran, der seit 2008 Dompfarrer am Kiliansdom in Würzburg und seit 2011 auch Pfarrer in Stift Haug ist. In manchen Gegenden in Franken nannte man den Brauch auch „Lichtleskerch“. In Würzburg wird in der Adventszeit täglich eine Frühmesse in unterschiedlichen Kirchen angeboten.
Donnerstags findet die Rorate in Stift Haug statt. 80 Gläubige sind an diesem Donnerstag dorthin gekommen. Gerade in den langen, dunklen Nächten entwickelten die Menschen eine Sehnsucht nach Licht, nach Heil, nach Geborgenheit. „Wir Christen wissen, dass Christus uns zu Weihnachten als dieses große Licht aufstrahlen wird.“
Wer von der Dunkelheit in das mit Kerzenlicht beleuchtete und geheizte Kirchenschiff tritt, der fühlt sich aufgehoben. Die Kirche wird so als Ort des Lichtes erlebbar: „Die Rorate bringt unsere Grundhaltung als Christen zum Ausdruck: Wir laufen mit brennenden Kerzen Jesus Christus entgegen.“ Deswegen habe der Advent viel mit Emotionen zu tun. „Diese Gefühle wusste die katholische Kirche schon immer zu bedienen“, erklärt der Dompfarrer.
In Rorate-Messen ehren die Gläubigen auch Maria
Früher war die Roratemesse eine feierliche Messe zu Ehren Mariens, die ursprünglich nur an den Samstagen der Adventszeit, mancherorts aber auch täglich gefeiert wurde. „Der Priester trug ein weißes Messgewand, obwohl eigentlich Violett die Farbe des Advents ist.“ Wegen des dabei vorgetragenen Evangeliums von der Verkündigung des Herrn durch den Engel Gabriel bezeichnete man sie auch als „Engelamt“. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, das von 1962 bis 1965 stattfand, hat die Liturgiereform jedem Tag einen eigenen Eingangsvers und ein eigenes Evangelium zugeordnet.
Gleich geblieben ist, dass in der Rorate das Kommen Jesu Christi angekündigt wird. „Das wird bereits in der Botschaft Jesajas greifbar“, erläutert Vorndran. Rorate-Messen werden traditionell bis zum 16. Dezember gefeiert. Die Tage ab dem 17. Dezember sind der unmittelbaren Vorbereitung auf das Weihnachtsfest, der ersten Ankunft Gottes, gewidmet. „An den letzten sieben Tagen vor Weihnachten werden die O-Antiphonen gebetet oder gesungen.“ O Weisheit, O Wurzel Jesse, O Schlüssel Davids . . .: „Jeder Tag hat eine bestimmt Anrufung.“
Die Rorate ist eine schöne Vorbereitung auf das Weihnachtsfest
Für Jürgen Vorndran ist die Rorate eine wunderbare Gelegenheit, um in der oft so stressigen Adventszeit bewusst Innezuhalten. „Die Rorate ist eine schöne Vorbereitung auf das Weihnachtsfest.“ Ohne Rorate würde dem Geistlichen in der Adventszeit etwas fehlen – sowohl in der Kirche als auch beim anschließenden gemeinsamen Frühstück.
Roratefeiern in Würzburg Neumünster – Anbetungskapelle: jeweils um 6.30 Uhr am 9., 12., 14. und 16. Dezember. Marienkapelle: um 7.30 Uhr am 13. Dezember. St. Gertraud: um 6.15 Uhr am 13. Dezember (mit anschließendem Frühstück) Stift Haug: um 6.15 Uhr am 8. und 15. Dezember (mit anschließendem Frühstück) St. Peter und Paul: um 6.30 Uhr am 10. Dezember (mit anschließendem Frühstück) Alle weiteren Gottesdienste im Bistum unter www.glauben.bistum-wuerzburg.de/gottesdienste/index.html