Er ist mit fast 1500 Mitgliedern der mit Abstand größte Verein in der Gemeinde. Und auch der älteste. Ins Jahr 1862 reichen die Anfänge der Turn- und Sportgemeinde zurück. Und so steht nun im Juni ein wahrhaft stolzes Jubiläum ins Haus: 150 Jahre TSG Estenfeld – sie sollen gebührend gefeiert werden. Denn nicht nur in die Historie will der Verein schauen, sondern mit einem Sportwochenende und einem viertägigen Zeltfest zeigen: Der Verein ist ein gesellschaftlicher Motor und mit fast 40 Prozent Kindern und Jugendlichen in acht Abteilungen eine aktive Großfamilie.
Vereinsentwicklung
Acht wackere Männer sollen es gewesen sein, die sich vor 150 Jahren als Freie Turner in Estenfeld zusammenfanden. Nur mündliche Überlieferungen liegen vor und das Wissen, dass bis 1902 eigentlich 157 nummerierte Protokolle zur Vereinsentwicklung angefertigt wurden. Doch das erste Protokollbuch ging bei der Zwangsauflösung 1933 verloren. Erst ab 1902 ist die Geschichte der TSG Estenfeld schriftlich dokumentiert. Aus diesen Unterlagen geht hervor, dass die Turner ihre Stunden bis zum Ersten Weltkrieg ausschließlich im Freien und in den Sommermonaten abhielten – zunächst im Garten des Gasthauses Kuhn, dann beim Gasthaus Schlereth.
Man erfährt, dass das Sportgelände zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts am westlichen Ortseingang (gegenüber Abzweigung der heutigen Konrad-Adenauer-Straße) lag. Dass später auf einem idealen Platz hinter der alten Kirche geturnt wurde und fast die gesamte männliche Jugend Estenfelds mitmachte. Dass ein Vereinsangehöriger im Juli 1909 wegen Beleidigung öffentlich Abbitte leisten musste und ein anderer wegen viermaligen Fehlens ausgeschlossen wurde. Streng ging es zu damals.
Nach der Zwangspause durch den Ersten Weltkrieg treten die Turner 1919 dem Arbeiter- Turn- und Sportbund bei. Weichenstellend der Beschluss vom 6.März 1921: Ein Fußball wird gekauft! Die Abteilung ist geboren, zu Auswärtsspielen gelangt die erste Fußballmannschaft der Freien Turner mit dem Fahrrad oder mit Pferdefuhrwerken. Am 23. September 1923 wird der Vereinsbeitrag auf 100 000 Mark festgesetzt. Vier Monate später stehen Mitgliedsbeiträge von sechs Billionen und 350 Milliarden Mark zu Buche. Ein trügerischer „Reichtum“ – die Inflation hat auch die TSG Estenfeld erreicht.
Die dunkelste Stunde seiner 150-jährigen Geschichte erlebt der Verein im Jahr 1933 nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten: Wegen seiner Zugehörigkeit zu dem der SPD nahestehenden Arbeiter- Turn- und Sportbund wird der Verein aufgelöst. Das gesamte Vermögen, die Geräte, der Turnplatz und der gerade neu gebaute Fußballplatz werden beschlagnahmt. 1936 scheitert ein Versuch, den Verein wieder ins Leben zu rufen. Die Mitglieder seien „politisch unzuverlässig“, heißt es von den NS-Behörden.
Wiedergegründet wird der Verein schließlich – überparteilich und konfessionell unabhängig – im Februar 1946. Im Herbst 1948 wird der Turnbetrieb wieder aufgenommen, mit einem Barren, einem alten Reck und einem Seitpferd. Von den Amis kauft man aus der Kitzinger Kaserne zwei mit Kokosfasern gefüllte Turnmatten. Sie sollen uneben und „knallhart“ gewesen sein...
In den Nachkriegsjahren wächst die TSG Estenfeld Schritt für Schritt: Man baut einen eigenen Sportplatz (1951), eine Turnhalle (1952), gründet die neuen Abteilungen Tischtennis, Spielmannszug und Rhönrad (1957), baut Umkleiden, Dusch- und Sozialräume (1971), renoviert Halle und Heizung (1981), beginnt mit der Handballabteilung (1985), baut einen Kunstrasenplatz mit Flutlicht (1990), gründet weitere Abteilungen für Modellsport (1992) und Basketball (2009). All die Jahre wurde am Vereinsgelände an der Maidbronner Straße mit tatkräftiger Hilfe der Mitglieder saniert, angebaut, modernisiert. Zuletzt brachte die TSG Estenfeld unter ihrem Vorsitzenden Rudolf Krieger ihr Vereinsheim auf Vordermann, neue Umleiden und Duschen wurden gebaut, ebenso ein Jugend-Rasenspielfeld und ein Brunnen.
Dass die TSG Estenfeld heute ein vitaler Verein ist, zeigen neue Mitglieder, neue Angebote sowie sportliche Erfolge der Abteilungen. In der Vorstandschaft wird intensiv gearbeitet, so auch seit vielen Monaten für das große Jubiläum in diesem Monat. Den Auftakt macht der offizielle Festkommers am kommenden Freitag, 8.Juni, mit geladenen Gästen aus Sport, Politik und: Musik. Schließlich feiert der TSG-Spielmannszug unter Führung des langjährigen TSG-Vorsitzenden Günther Grimm gleichzeitig sein 55-jähriges Bestehen. Das Modellsport-Team wird heuer 20 Jahre alt.
Am 9./10.Juni präsentiert sich der Verein von seiner sportlichen Seite: mit einem Sportwochenende auf dem Vereinsgelände (siehe Kasten).
Viertägiges Zeltfest
Und vom 22. bis 25. Juni folgt der eigentliche Höhepunkt der 150-Jahr-Feier: ein viertägiges Zeltfest an der Weißen Mühle mit viel Programm und einem Kreismusikfest des Nordbayerischen Musikbundes, organisiert vom TSG-Spielmannszug (siehe Kasten). Der Abschlussabend mit den „Geschwistern Well“ ist bis auf wenige Restkarten sogar schon ausverkauft. Und für den Auftaktabend am 22.Juni setzen die TSG-Macher auf ein EM-Viertelfinale mit Deutschland. Dann wird das Festzelt zum großen EM-Club mit Public Viewing auf zwei Leinwänden und den bekannten „Partyvögeln“ für die richtige Feststimmung nach dem Spiel.
Festprogramm
• Sportwochenende am TSG-Gelände vom 8.-10.Juni:
Freitag, 8. Juni: 19.30 Uhr, Festkommers.
Samstag, 9. Juni: ab 13 Uhr: Fußball-Turnier der Vereine; 15 bis 17 Uhr: Mitmachaktion Tischtennis, Turnhalle; ab 20 Uhr: EM Deutschland – Portugal.
Sonntag, 10. Juni: 11 bis 13 Uhr: Familienolympiade (Rasenplatz): 14 bis 17 Uhr Handball (Jugendspielfeld); 14 bis 17 Uhr Basketball mit Freiwurfwettbewerb (TSG-Halle); ab 15 Uhr: Fußballspiel gegen Patenverein TSV Eisingen; an beiden Tagen: 24-Stunden-Rennen auf dem Modellsport-Team-Gelände. Für Essen und Trinken ist reichlich gesorgt. • Zeltfest an der Weißen Mühle vom 22. bis 25.Juni
Freitag, 22. Juni: 18 Uhr Festauftakt und Bieranstich, EM-Party mit den „Partyvögeln“, bei deutschem Viertelfinalspiel Public Viewing und „Tobi?s EM-Club“.
Samstag: 23. Juni: 19 Uhr: Festzug der Gastkapellen (Kreismusikfest) ins Festzelt; 20 Uhr: Festbetrieb mit Aalbachtal-Express.
Sonntag, 24. Juni: 9.30 Uhr: Kirchenzug Rathaus-Festzelt; 10 Uhr: Ökumenischer Gottesdienst im Zelt, Frühschoppen; 13.30 Uhr: Festzug zum Zelt, Gemeinschaftschor der Kapellen und Spielmannszüge (Kreismusikfest); ab 16 Uhr: Mühlhäuser Musikanten; 17 Uhr: „Rockshow“ der Rhönrad-Turnerinnen in MZH Weiße Mühle.
Montag, 25. Juni: 14 Uhr: Seniorennachmittag; 20 Uhr: Musikkabarett Geschwister Well, Festausklang.