Über sechs Jahre nach der Verurteilung des unterfränkischen Millionenbetrügers Helmut Kieners in Würzburg kann die Barclays-Bank aufatmen: Der Bundesgerichtshof (BGH) erteilte in letzter Instanz betrogenen Kiener-Kunden eine Abfuhr, die auf finanzielle Entschädigung gehofft hatten. Das Urteil mit dem Aktenzeichen XI ZB 17/15 gilt nach Angaben von Anwälten als wegweisend.
„Gewinnchancen gleich Null“
Kiener erhielt 2011 am Landgericht Würzburg eine Haftstrafe von fast elf Jahren. Er hatte mit manipulierten Fonds fast 5000 Kleinanleger und Banken um rund 300 Millionen Euro geprellt. „Dabei war Kiener klar, dass die Gewinnchancen gleich Null waren, weil das Ganze gar nicht auf eine Wertschöpfung angelegt war", betonte Richter Volker Zimmermann.
Kieners letzter Coup waren zwei Fonds, in die Banken wie Barclays über 100 Millionen Dollar investierten. Sie waren nach Kieners Verurteilung wertlos. Er wolle sich um die Wiedergutmachung des Schadens kümmern, sagte Kiener nach seiner Freilassung im Sommer 2017 in einem Interview in der Kanzlei seines Würzburger Verteidigers Peter Möckesch. Doch bei ihm ist nichts mehr zu holen.
Gemeinsame Geschäfte
Gläubiger hielten sich an Barclays. Die Bank hatte 2006 eine Schuldverschreibung herausgegeben, die an den Wert des Kiener-Fonds „X1 Global Index‘ gekoppelt war. Sie hatte die Zertifikate aber nicht direkt an Anleger verkauft, sondern zwei institutionelle Ersterwerber dazwischengeschaltet: Diese hatten die Papiere an Anleger weiterverkauft.
Die enttäuschten Anleger werfen der Bank vor, nicht ausreichend geprüft zu haben, wie Kiener das Geld verwaltet hat. Erst die Bank habe es ihm ermöglicht, sein betrügerisches System aufzubauen und zu erhalten. Nach dem Auffliegen von Kieners Schneeballsystem waren die Barclays-Zertifikate mit einem Emissionsvolumen von 50 Millionen Euro wertlos geworden.
Keine Beratungspflichten
Bereits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hatten die Kläger Fehler im so genannten Konditionenblatt geltend gemacht, das Barclays zum Zertifikatsprospekt herausgab. Die Richter aber sagten: Das Konditionsblatt sei fehlerfrei, zudem bestehe keine vertragliche Haftung von Barclays – schließlich gab es zwischen der Emittentin und den Anlegern kein Vertragsverhältnis und somit auch keine Beratungspflichten.
Die Rechtsbeschwerde dagegen hat der BGH im September abgewiesen. Dies geht aus einer jetzt veröffentlichten Pressemitteilung hervor. Der BGH bürdet Anlegern hohe Hürden auf: Es reicht nicht, zu behaupten, ein Prospekt sei fehlerhaft. Der angebliche Prospektfehler muss vielmehr im Einzelnen als Feststellungsziel benannt und begründet werden. Das könnte ähnliche Verfahren, die ohnehin mitunter Dutzende von Feststellungszielen umfassen, noch weitaus schwieriger machen.
Weitere Klagen
Der Fall ist für Barclays aber noch nicht ausgestanden. Etwa 180 Klagen geprellter Anleger sind in Frankfurt anhängig. Ein weiterer Vorwurf bezieht sich auf die Zeit, als die Zertifikate bereits verkauft waren: Barclays habe zum Nachteil der Anleger bei Gebühren getrickst.