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WÜRZBURG: Blind mit Speed hinterm Ball her

WÜRZBURG

Blind mit Speed hinterm Ball her

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    Viele Menschen besuchten am Samstag das integrative Sportfest NoLimits am Hubland-Sportzentrum der Universität in Würzburg. An dem inklusiven Sport- und Spielfest nahmen Athleten mit und ohne Handycap aus ganz Deutschland teil.
    Viele Menschen besuchten am Samstag das integrative Sportfest NoLimits am Hubland-Sportzentrum der Universität in Würzburg. An dem inklusiven Sport- und Spielfest nahmen Athleten mit und ohne Handycap aus ganz Deutschland teil. Foto: Foto: Daniel Peter

    „Mule, geh durch!“, ruft Uli Pfister. „Alleine!“ Und kurz darauf: „Zwei Gegner!“ Von der Bande aus gibt den Jungs der Bundestrainer der Blindenfußball-Nationalmannschaft durch, was auf dem Spielfeld passiert. Er ist quasi ihr Auge. Durch ihn wissen sie, was vor und hinter ihnen geschieht – und ob sie, ohne etwas zu sehen, mit dem Ball zum Tor vorpreschen können.

    Das Match der in zwei Teams aufgeteilten Nationalmannschaft gehörte neben der Begegnung zwischen den Profis der s.Oliver Würzburg und den Würzburger Rollstuhlbasketballern zu den Highlights des Sportevents NoLimits!. Das wurde am Samstag zum dritten Mal von der „Thomas Lurz und Dieter Schneider Sportstiftung“ im Sportzentrum der Universität veranstaltet. Mehr Disziplinen als in den Vorjahren lockten auch mehr Zuschauer an. „Nach meiner Schätzung waren über 1000 Menschen da“, so Dieter Schneider.

    Match der blinden Fußballspieler

    „Das ist saugut!“ entfährt es Lara Giehl, die dem Match der blinden Fußballspieler zuschaut. Die junge Frau war eine von 80 Sportstudierenden, die sich für NoLimits! engagierten. Sie spielt selbst Fußball: „In einem kleinen Verein im Mittelfeld.“ Alles Können nützte ihr jedoch nichts, als sie, bevor die Nationalmannschaft zum Spiel antrat, ausprobierte, wie es ist, blind Fußball zu spielen. Giehl schoss ein einziges Mal während des Wettkampfs: „Ich stand die ganze Zeit an der Bande.“ Loszurennen, ohne etwas zu sehen, im Vertrauen darauf, dass das, was von den Sehenden gerufen wird, auch stimmt, das erschien ihr zu bedrohlich.

    Nicht nur die Nationalmannschaft der Blindenfußballer setzte in Erstaunen. An vielen Stationen wurde deutlich, welches unglaubliche Talent behinderte Sportler haben. „Behindertensport ist nicht Behindertensport“, meinte Paralympics-Teilnehmer Mathias Schulze während der Autogrammstunde am Mittag lakonisch. Behindertensport sei Leistungssport. Um diese Botschaft zu transportieren, nahm der Kugelstoßer aus Leipzig, dessen Unterarm amputiert ist, als einer von vielen Sportstars an NoLimits! teil.

    „Leistung, Lernen, Miteinander“ lautete das diesjährige Motto. Gelernt werden konnte eine Menge. So erfuhr Ralf Haimann, wie es ist, ein Handbike zu steuern. „Mit den Händen zu kurbeln und gleichzeitig zu lenken, das erfordert Koordination“, meinte der angehende Erzieher. Drei Runden fuhr er. Dann merkte er die ungewohnte Belastung in den Armen.

    NoLimits! ist mehr als ein Sportevent. Über Sport sollen Barrieren zwischen Menschen mit und ohne Handicap abgebaut werden. Denn nach wie vor ist ein „Miteinander“ noch nicht selbstverständlich. So gibt es unter den Studierenden in der Fachakademie für Sozialpädagogik St. Hildegard, wo Haimann seinen Beruf erlernt, nur eine einzige Frau mit Behinderung. Die allerdings sei ähnlich beeindruckend wie die behinderten Sportler von NoLimits!, meinte der 29-Jährige: „Sie schreibt mit den Füßen.“

    Faszination Behindertensport

    90 angehende Erzieherinnen und Erzieher entdeckten bei NoLimits! die faszinierende Welt des Behindertensports. Haimanns Studienkollegin Yvie Weber nahm dabei erstmals in ihrem Leben ein Gewehr in die Hand – mit dem sie auch noch blind schießen musste. Wie das funktionieren soll? „Man hört über den Kopfhörer einen Ton, der immer höher und schneller wird, wenn man sich dem Ziel nähert“, erläuterte sie. Wenn der Ton am höchsten und schnellsten ist, so dass es wie ein Tinnitus klingt, muss abgedrückt werden. Weber schaffte es bei vier von fünf Versuchen, das Ziel zu treffen.

    Auch Lisa Schäfer betrat bei NoLimits! Neuland. Erstmals focht sie. Und zwar im Rollstuhl. „Wobei der Rollstuhl keine große Rolle spielte, es hätte auch ein normaler Stuhl sein können“, meinte die Mitarbeiterin am Paderborner Lehrstuhl „Inklusion im Sport“. Nachdem Schäfer noch nie zuvor eine Fechtpartie bestritten hatte, konnte sie das Fechten im Sitzen nicht mit dem Fechten auf zwei Beinen vergleichen.

    Inklusives Sportevent

    Schäfer gehörte einer Gruppe junger Leute von der Paderborner Uni an, die bereits am Freitag nach Würzburg gereist war, um am Symposium zum Thema „Inklusionssport“ teilzunehmen. Vom Festival NoLimits! war sie schwer beeindruckt. Ein inklusives Sportevent von dieser Größe gibt es in Paderborn nicht, obwohl dort „Inklusionssport“ groß geschrieben wird. „Würzburg ist für uns ein Vorbild“, meinte sie. Besonders eindrucksvoll sei, dass es gelungen ist, zahlreiche Akteure in einem „Netzwerk Inklusionssport Mainfranken“ zu integrieren.

    Neben Menschen ohne Behinderung nahmen auch viele Neugierige mit Handicap an NoLimits! teil. Markus Roth zum Beispiel. Der Medizinstudent, der im Juliusspital gerade sein Praktisches Jahr absolviert, sitzt aufgrund eines Skiunfalls seit einem Jahr im Rollstuhl. Vor dem Unfall war er sportlich sehr aktiv: „Ich bin viel geklettert.“ Zum Beispiel in der Fränkischen Schweiz. Daneben war Skifahren seine Leidenschaft. Das will Roth nun trotz Handicap nicht aufgeben: „Ich habe kürzlich erstmals Monoski ausprobiert.“ Dabei sitzt man auf einem Ski: „Wie das geht, hätte ich mir früher auch nicht vorstellen können.“

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