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Boule: Die Deutschen Meister kommen aus Würzburg und zeigen wie's geht!

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Boule: Die Deutschen Meister kommen aus Würzburg und zeigen wie's geht!

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    Lockeres Aufwärmen: Karl-Heinz Wied jongliert mit den Stahlkugeln.
    Lockeres Aufwärmen: Karl-Heinz Wied jongliert mit den Stahlkugeln.

    Was passiert, wenn ein Duo aus den Reihen der Redaktion gegen die gerade gekürten Deutschen Meister im Boule antritt?

    Es gibt eine deutliche Niederlage. Um nicht zu sagen eine Abreibung. Danach nutzt auch verbales Nachtreten mit Ausreden wie „Das war doch Abseits“ oder „Uns fehlte das Aufwärmen“ nichts.

    Wie einst Don Quijote gegen Windmühlen kämpfen die beiden Main-Post-Redakteure Andreas Jungbauer und Ernst Lauterbach gegen Hellmuth Platz und Karl-Heinz Wied. Auf der Anlage des Boule Club Würzburg im Husarenwäldchen versuchen die zwei Frischlinge die erfahrenen Recken aus dem taktischen Konzept zu bringen, indem sie verspätet eintreffen. Es nutzt nichts. Die Deutschen Meister haben sich derweil gelassen durch Jonglage mit den 690 Gramm schweren Stahlkugeln auf das ungleiche Match vorbereitet.

    Los geht's: Hellmuth legt sein Spielgerät dicht neben die kleine Zielkugel, im Fachjargon „Cochonet“ (Schweinchen) genannt. Andreas versucht zweimal vergeblich, näher heranzukommen. Dann eine sensationelle Wende: Ernst trifft das Schweinchen, die krassen Außenseiter sind urplötzlich vorne. Kalle lässt sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Klack! Aus acht Metern Entfernung schießt er die gegnerische Kugel weg. Nach der ersten „Aufnahme“, einem Durchgang in dem jeder seine zwei Kugeln geworfen hat, steht es 2 : 0 für die Favoriten.

    Die zweite „Aufnahme“ verläuft ähnlich. Hellmuth legt sein Objekt der Begierde nah an das Schweinchen, Ernst bleibt erfolglos, aber Andreas springt in die Bresche. Das genaue Messen ergibt: Seine Kugel liegt um die Haaresbreite von 0,7 Zentimetern näher am Ziel. „Genau so wollte ich es haben“, lautet Andreas' selbstbewusster Kommentar im aufkeimenden Freudentaumel. Er hat die Rechnung jedoch ohne Meister Kalle gemacht. Ein kurzer konzentrierter Blick, schwungvolles Ausholen, schön ertönt das gewohnte „Klack“ – und die Profis haben diesen Durchgang mit 3:0 für sich entschieden.

    Zum Messen des Abstands zum Schweinchen genügt ein normaler Zollstock, im Millimeterbereich muss jedoch ein noch exakteres Gerät angewandt werden.

    Angesichts des deutlichen Rückstands von insgesamt 0 : 5 erkennen die Redakteure bald ihre Hoffnungs- und Chancenlosigkeit. Und geben auf. Obwohl eigentlich eine Niederlage im Boule erst nach 13 Punkten fällig ist. Sie wäre freilich nur eine Frage der Zeit gewesen. Fair und sportlich wird den Meistern gratuliert – die Sieger revanchieren sich anerkennend mit Lob. Das olympische Motto lautet ja sowieso: „Dabei sein ist alles.“

    Erst vor zwei Wochen hatte sich das Duo Hellmuth Platz und Karl-Hein Wied gemeinsam mit Albin Raux aus Nürnberg die Deutsche Meisterschaft im Boule Triplette 55+ (also Dreier-Teams, älter als 55 Jahre) geholt. Das Trio gewann in Essen während zwei Tagen sieben von acht Begegnungen und triumphierte im Finale mit 13:1 gegen Hessen I. Zuvor hatte man sich allerdings mit einem Sieg und einer Niederlage durch die Vorrunde gezittert und war erst aufgrund eines fast zweistündigen Entscheidungsspiels gegen Nordrhein-Westfalen in die K.o.-Runde gelangt.

    Darin bewies das Trio ein glückliches Händchen und feierte Erfolge gegen Bayern I sowie zwei Mannschaften aus Baden-Württemberg. Im Halbfinale schaltete das Trio noch ein Team aus Baden-Württemberg mit einem klaren Sieg aus, obwohl die Gegner schon einige Deutsche Meistertitel auf ihre Fahne geheftet hatten. Weil dieses Bundesland an Frankreich grenzt, die Heimat des im Norden Boule und im Süden Pétanque bezeichneten Spiels, ist Baden-Württemberg traditionell eine Hochburg.

    „Unser Erfolg ist wirklich eine große Überraschung“, sagt Hellmuth Platz. Der 58-jährige Rehabilitationslehrer für Blinde und Sehbehinderte beim Berufsförderungswerk aus Veitshöchheim infizierte sich vor zwölf Jahren mit dem Boule-Virus und ist der Allrounder im Trio: er kann nicht nur die Kugel nah ans Schweinchen legen, sondern auch gegnerische Objekte wegschießen.

    Hellmuth Platz trainiert zweimal pro Woche, meist auf dem Gelände des Boule-Club Würzburg im Husarenwäldchen. Ihn fasziniert am Spiel besonders die hohe Konzentration und die Ruhe. „Boule hat für mich etwas Meditatives.“

    Der 58-jährige Karl-Heinz Wied aus Würzburg vervollständigte das erfolgreiche Wochenende bei den Deutschen Meisterschaften mit dem dritten Platz im Schießer-Wettbewerb. „Wir mussten kurzfristig ein Hotelzimmer buchen, da wir nicht damit gerechnet hatten, am zweiten Tag noch mit von der Partie zu sein.“ Im Vorjahr hatte das Trio nach zwei Niederlagen schon nach der Vorrunde die Segel streichen müssen.

    „Die Chemie im Team muss stimmen“, sagen sie. Vonnöten sei auch die schnelle Reaktion auf die sich ändernden Spielsituationen. Dieser Variantenreichtum begeistert den Sonderschullehrer seit zehn Jahren. „Man muss die Taktik in jeder Aufnahme wechseln.“ Karl-Heinz Wied freut am Boule auch, „dass es der ideale Inklusionssport ist“. Jeder könne mitmachen, auch Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind.

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