Sie haben Energie und das nicht zu knapp. In der Schule gelten sie oft als Nervensägen, als notorische Störenfriede, als unbelehrbare Kinder, die schnell in die Rolle der Außenseiter gedrängt werden. Und weil ADHS-Kinder schlecht bis gar nicht ins Schulsystem integriert werden können, sind sie ein Graus für jeden Lehrer, der nebenher noch 25 oder gar 30 andere Kinder unterrichten soll. Der Leidensdruck in der Familie dieser Kinder ist zudem oft übermächtig. Medikamente wie Ritalin erscheinen da als wahrer Segen. Doch sind sie das wirklich? Und sind ADHS-Kinder wirklich immun gegen pädagogische Maßnahmen?
Andreas Arnold, Heilpraktiker für Psychotherapie aus Würzburg, zeigt in einem von ihm initiierten Dokumentarfilm über ein ADHS-Sommercamp in Arnstein (Lkr. Main-Spessart) am 16. Januar im Central-Kino in Würzburg, dass es sehr wohl möglich ist, ohne Medikamente auszukommen. Der Film wurde von der Kommunalen Jugendarbeit Main-Spessart finanziert, Regie führten Chrissi Streichsbier und Martina Chamrad.
Die Idee eines ADHS-Camps ist in Deutschland nicht neu. Wohl aber der Versuch, ein solches Camp komplett ohne Medikamente durchzuführen. „Wir haben 14 ADHS-Kinder eine Woche lang betreut. Das Ergebnis ist beeindruckend“, sagt Arnold im Gespräch mit dieser Redaktion.
Dabei hätte das Experiment auch schiefgehen können. Kritische Situationen hätten aus dem Ruder laufen können. Aber auch dann, sagt Arnold, hätte man die Kamera laufen lassen, den Film gemacht. Für den erfahrenen Psychotherapeuten ist das Ergebnis des Camps eine Bestätigung seiner Meinung: „Würden wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, angefangen von Bewegung über Ernährung und pädagogische Möglichkeiten, bräuchten wir keine Medikamente mehr.“
Es sei nicht der bequemste Weg für Eltern, die im Alltag ja auch beruflichen und zeitlichen Zwängen unterlägen. Häufig sei es aber auch die Bequemlichkeit, die den Griff zu Tabletten so verlockend mache. Doch das Ruhigstellen von Kindern mittels Medikamenten sei immer nur eine kurzfristige Lösung. „Wir müssen den Kindern beibringen, wie sie durch eine bestimmte Lebensweise mit ihrem Überschuss an Energie und Ruhelosigkeit selbst fertig werden können.“ Medikamente würden nur eine Scheinsicherheit geben.
Andreas Arnold ist überzeugt davon, und davon handelt ja auch sein Film, dass sich überschüssige Energie aus dem Körper mittels koordinierter Bewegung ausleiten lässt. Und dass eine Therapie in der Gruppe sich gut eignet, um das Leben in der sozialen Gemeinschaft zu lernen. Mit klaren Regeln und mittels positiven Erfahrungen.
„In unserem Camp haben die Kinder gesehen, wie wichtig ihre Energie ist. Wie gut sie einer Gruppe Antrieb geben können.“ Und wie schön viele Momente sind, wenn man auf andere Rücksicht nimmt und Aufmerksamkeit bekommt, ohne sie erzwungen zu haben.
Der Filmtitel „Man will aber das machen, was man will“, ist ein Zitat, hinter dem nach dem Camp ein Fragezeichen steht. Nach dem Film können die Zuschauer mit Andreas Arnold diskutieren. Eltern, Betreuer und viele Lehrer fühlten sich alleine gelassen, so der Therapeut. Und genau deshalb sei es so wichtig, sich von allen Seiten dem Thema ADHS zu nähern.
Der Dokumentarfilm mit anschließender Diskussion läuft am kommenden Montag, 16. Januar, um 18.30 Uhr im Central-Kino auf dem Bürgerbräu-Gelände in Würzburg.
Zur Person Andreas Arnold (45) ist Fachkrankenpfleger für Psychiatrie/KJP, Heilpraktiker für Psychotherapie, Medizinstudent, Dozent und Supervisor für soziale Einrichtungen. Seit 20 Jahren ist der Vater von vier Kindern in psychiatrischen Kliniken (Werneck, Lohr, Würzburg) tätig, unter anderem als Kursleiter für die Weiterbildung Fachkrankenpflege Psychiatrie. Der ADS/ADHS-Elterntrainer betreut Kinder- und Jugendfreizeiten der Kommunalen Jugendarbeit MSP und ist Mitglied im Förderverein Gut Erlasee e. V. mel