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WÜRZBURG: Bundespolizei: Der Nachwuchs geht auf Streife

WÜRZBURG

Bundespolizei: Der Nachwuchs geht auf Streife

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    Üben für den Ernstfall: Die Polizeimeisteranwärter Alexander Schmidt (links) und Anna Stember haben es mit einem aggressiven Bettler zu tun, der sich jetzt trügerisch ruhig gibt.
    Üben für den Ernstfall: Die Polizeimeisteranwärter Alexander Schmidt (links) und Anna Stember haben es mit einem aggressiven Bettler zu tun, der sich jetzt trügerisch ruhig gibt. Foto: Foto: Kristian Lozina

    Auf dem Würzburger Bahnhof wimmelt es zurzeit vor Polizisten. Aber wer genau hinsieht, merkt, dass manch einer der jungen Bundespolizisten verschüchtert in die Menge blickt. Der Grund: Es handelt sich um Frischlinge, Anwärter zum Polizeimeister. Und für die meisten ist es der erste Kontakt mit der Öffentlichkeit in Uniform.

    26 Männer und Frauen, die meisten im Alter zwischen 17 und 20, sind dienstagvormittags unterwegs am Würzburger Bahnhof. Denn an fünf Stationen testet der Nachwuchs des Bundespolizeiaus- und Fortbildungszentrums Oerlenbach (Landkreis Kissingen) die Theorie nun in der Praxis. Spuren sichern, Pöbler rausschmeißen und Erste Hilfe leisten – alles simuliert. Szenarien, die aber täglich passieren.

    Spurensuche gegen Vandalen

    Anna-Lena Dettmer und Lars Stadlbauer sind auf Streife. In der Nähe von Gleis 1 werden sie zu einem Tatort gerufen: Ein Bahn-Mitarbeiter hat ein frisches Graffiti entdeckt. Die beiden geben per Funk durch, was passiert ist und sperren den Tatort ab – anfangs noch etwas holprig und aufgeregt.

    Als Stadlbauer seinen Koffer mit dem Sicherungsmaterial öffnet, werden seine Augen ganz groß. Es dauert dann auch etwas, bis er das Absperrband findet. Dann geht es aber fix: Sie sichten und sichern die Beweisstücke und protokollieren alles.

    Die beiden besprechen sorgfältig jeden Schritt, bis sie fertig sind. Am Ende wirken sie erleichtert, aber auch etwas unsicher: „Wir haben versucht das Beste daraus zu machen“, sagt Dettmer resigniert. Solch eine Aufgabe hatten die beiden noch nie. Doch der Ausbilder beruhigt: die beiden hätten sich gut geschlagen.

    Schwelle zur Gewalt sinkt

    Für die Anwärter Anna Stember und Alexander Schmidt wird es wenige Minuten später ernst. Sie sind im Tunnel unter den Bahngleisen auf Streife, da erhalten sie die Meldung: Ein aggressiver und der Polizei bekannter Bettler belästigt an der Bahnhofstoilette Passanten. Sie sollen nun das Hausverbot der Bahn durchsetzen. Und es wird noch schwieriger: der Pöbler spricht nur Englisch.

    „Hello Sir. Do you have an ID?“, fragt Schmidt. Der Obdachlose – in Wahrheit ein älterer Kollege – ist widerspenstig. Die beiden Anwärter gehen daher ans Eingemachte: Durchsuchung. „For your and our safety“, sagt Schmidt. Der Mann steht mit ausgestreckten Armen an der Wand, Stember hält ihn gut fest, Schmidt durchsucht – und wird fündig: Ausweis und Taschenmesser. Der Mann zeigt sich einsichtig und verschwindet.

    Erste Hilfe für das Drogenopfer

    „Die Schwelle zur Gewalt sinkt“, erklärt Hilmar Heppt, Polizeioberkommissar am Ausbildungszentrum in Oerlenbach. Gerade die Eigensicherung im Team wird – wie in dieser Übung – für die Polizisten deshalb immer wichtiger. Daher: Szenario bestanden.

    Es dauert nicht lange, da wird die jetzt fünfköpfige Gruppe, in der auch Dettmer und Stadlbauer Dienst tun, zu einem Notfall gerufen. Auf der Bahnhofstoilette liegt eine bewusstlose Frau. Die Anwärter eilen zum Einsatzort, das Licht geht nicht an. „Taschenlampe raus“, sagt einer laut. Sie ziehen die junge Frau aus der finsteren Kabine. Eine Spritze steckt in ihrem linken Arm, vermutlich Heroin.

    Einer macht Meldung an den Notarzt, ein anderer sichert die Spritze in eine Plastiktüte – aus Schutz vor HIV oder Hepatitis. Alle reden durcheinander, zu fünft versuchen sie die junge Frau in die stabile Seitenlage zu bringen. Trotz der Hektik schaffen sie es recht schnell. Doch dann: Atemstillstand.

    Von den Ausbildern wird die junge Frau zügig durch eine Übungspuppe ersetzt. Einer der Anwärter beatmet, eine Kollegin beginnt mit der Herzmassage. Sie drückt ihre Handflächen kräftig auf den Brustkorb, ist hoch konzentriert. „26, 27, 28, 29, 30, los!“, ruft sie. Nach dreißig Stößen auf den Brustkorb wird wieder beatmet, dann erneut Herzmassage. Ihr steht der Schweiß auf der Stirn, die Anwärter wechseln daher. So lange, bis der Ausbilder das Zeichen gibt – und die fiktiven Sanitäter eintreffen.

    Schreckgespenst Öffentlichkeit

    In der Nachbesprechung zeigt sich: kleine Fehler gab es natürlich. So wurde beim Graffiti-Tatort keine Skizze angefertigt und beim Pöbler hätte vielleicht etwas Smalltalk genügt. Doch Oberkommissar Heppt zeigt sich zufrieden mit seiner Lehrgruppe – sowohl bei Leistung, als auch im Auftreten. Denn die Arbeit in der Öffentlichkeit sei etwas ganz anderes, als in der abgeschirmten Kaserne.

    „Es war alles neu und aufregend“, sagt Stadlbauer im Rückblick. Für ihn war aber der Kontakt mit der Bevölkerung das Schwierigste. Neben den Übungen stand nämlich das direkte Gespräch mit dem Bürger auf dem Übungsplan – also Leute auf das Thema Taschendiebstahl ansprechen. Und das konnten die jungen Nachwuchskräfte vorher nicht üben. Doch genau hierfür sind die Anwärter aus Oerlenbach noch bis zum 6. April am Würzburger Bahnhof unterwegs.

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