25 bunt bemalte Stühle stehen in den schwarzlackierten Sitzreihen der Augustinerkirche. Sie stammen aus der Werkstatt „Alte Waschküch“ des Eisinger St. Josefs Stifts. Die Farben repräsentieren in der dunklen Masse den Bevölkerungsanteil von Menschen mit Behinderung. Doch das ist nur ein Aspekt dieser Kunstausstellung mit dem Titel „Finde deinen Platz“.
Unordnung und Lebendigkeit
Bei der Eröffnung am Samstagmittag formulierte Augustinerpater Jochen Wawerek allgemein: „Die Stühle verweisen auf die vielfältigen Gaben und Begabungen. Sie bringen ein Stückchen Unordnung in den Kirchenraum und gleichzeitig Lebendigkeit.“ Vor allem aber begrüßte er die Künstler und ihre Werke, weil sie dem Motto der Augustiner entsprechen, auf Augenhöhe mit den anderen zu sein: „Ich will, dass du bist.“ So würden die Stühle den Gotteshausbesucher dazu einladen, „die Perspektive zu wechseln“. Mit über 100 Besuchern war die Vernissage selbst für die Veranstalter überraschend gut besucht. Der Eisinger Geschäftsführer Bernhard Götz begrüßte unter den Gästen etliche Prominente wie beispielsweise den stellvertretenden Landrat Armin Amrehn und die Ortsvorsteher von Eisingen, Waldbrunn und Waldbüttelbrunn. „Außergewöhnlich und inspirierend“ fand er die Exponate, deren Betrachter er bat: „Seien Sie aufgeschlossen und offen.“
Mechthild Schwierczek ist Vorstandsmitglied des St. Josefs Stiftes. Sie hielt mit Blick auf die bunten Stühle einen Rat bereit: „Verbessert man seine Schwächen, dann wird man allenfalls Mittelmaß. Aber wenn du deine Stärken weiter stärkst, dann wirst du einzigartig.“
Die Kunstobjekte in der Klosterkirche haben eine ganz eigene Geschichte hinter sich. Sie wurden nicht geschaffen, um der Öffentlichkeit präsentiert zu werden, sondern sind in allererster Linie als Gebrauchsgegenstände gedacht. Denn als die Eisinger Künstlergruppe eine neue Werkstatt bekam, eben die Alte Waschküch, nach der sich die Leute heute nennen, da war der Saal sehr groß. Also mussten Orientierungshilfen her, erkannte Werkstattleiter Stefan Leins. So kam man auf die „personalisierten Werkstattstühle“. Die traten nun in den öffentlichen Kirchenraum – zusammen mit mehreren ebenfalls stark farbigen Thronen, die im vergangenen Jahr schon bei der begehbaren Klangskulptur in der Kirche St. Johannis gastierten. Dass sämtliche Sitzgelegenheiten nun in den Bankreihen aufgehen oder im raumgreifenden Chorgestühl thronen, ist für Leins „Inklusion pur“. Und den Kirchenraum am Dominikanerplatz hält er „nahezu ideal für diese Kunstaktion“.
Noch bis 15. Juni kann jeder Besucher auf den Eisinger Stühlen die Perspektive wechseln. Zur Halbzeit am 3. Mai besteht die Gelegenheit, die Künstler in der Ausstellung persönlich kennen zu lernen.
Der Kirchenraum ist werktags von 8 bis 20 Uhr geöffnet, samstags bis 19 Uhr und sonntags bis 22 Uhr.