Mitte Juni hat es so ausgesehen als sei der Umzug des Kinos Central in den Luisengarten gebongt: Vorstand- und Aufsichtsrat hatten sich einstimmig für den Saalbau am Friedrich-Ebert-Ring und damit gegen das Bürgerbräugelände in der Zellerau als neuen Standort ausgesprochen.
Doch das im Jahr 2011 gegründete Programmkino ist eine Genossenschaft – und die rund 500 Mitglieder sind nicht so vom Luisengarten überzeugt, wie der Aufsichtsratsvorsitzende David Herzog vor zwei Wochen geglaubt hatte. Kurz vor der entscheidenden Abstimmung über den neuen Standort an diesem Mittwoch, erklärt Vorstandsvorsitzende Heidrun Podszus: „Es wird eine enge Entscheidung werden.“
Da die Mozartschule für das Kino nur eine vorrübergehende Lösung ist – die Stadt will das Gelände seit Jahren verkaufen –, suchen die Kinomacher schon lange einen dauerhaften Standort. Seit 2012 schien das ehemalige Brauereigelände in der Frankfurter Straße die einzige Lösung. Aus den leer stehenden Industriebauten wollen Architekt Roland Breunig, Hans-Rainer Waldbröl (Waldbröl Bauprojekt GmbH) und Carsten Höfer, der dort eine Sektkellerei betreibt, in den nächsten drei bis fünf Jahren ein Quartier mit Wohnen, Gewerbe, Gastronomie und Kultur gestalten.
- Aufsichtsratsvorsitzender David Herzog hat am Abend angekündigt, dass der Vorstand wohl erst am Donnerstag das Abstimmungsergebnis bekannt geben wird. Wir berichten zeitnah auf mainpost.de
Innerhalb der Genossenschaft und auch in der Öffentlichkeit wurde der Standort Bürgerbräu-Areal bislang eher kritisch gesehen: Viele Leserbriefschreiber plädierten für den Verbleib des Centrals in der zentral gelegenen Mozartschule. Erst seit wenigen Wochen – seit der Ende 2015 mögliche Umzug in den Luisengarten im Gespräch ist – melden sich plötzlich Fans des Bürgerbräus zu Wort.
Bei beiden Alternativen müsste das Central jeweils etwa eine halbe Million Euro investieren. Die Monatsmieten sind vergleichbar, ebenso die Nebenkosten. Drei Kinosäle könnte das Central jeweils haben, beide Varianten wären barrierefrei.
Der größte Unterschied: die Lage. Für den Aufsichtsratsvorsitzenden David Herzog ist sie das stärkste Pfund des Luisengartens. Dort, nahe des Ringparks, bliebe das Programmkino im Zentrum der Stadt. Auf dem Bürgerbräugelände in der Zellerau würde es an deren Rand rücken. Für Herzog wichtig: In einer Befragung hätte fast ein Drittel der Central-Besucher angegeben, zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Mozartschule zu kommen.
Für Kinoexpertin Heidrun Podszus zählen andere Argumente. Denn, sagt sie: „Kino kann auch in Randlagen funktionieren.“ Das Ambiente sowie die Chance dort ein „schönes, anspruchsvolles, modernes“ Kino bauen zu können, sprächen für die ehemalige Brauerei. Beim Saalbau am Friedrich-Ebert-Ring bräuchte es dagegen „einem größeren Gestaltungsaufwand“ um das vorhandene Gebäude funktionsgerecht umzubauen.
Dafür sei der Luisengarten aber kinotauglicher: In den großen Saal im ersten Stock passen 159 Kinosessel und eine große, hohe Leinwand. Der große Saal im Bierkeller des Bürgerbräugeländes hat nur 125 Plätze, ist niedriger, enger und länger. Film-Verleiherin Podszus weiß: Um wirtschaftlich arbeiten zu können, ist es wichtig, dass möglichst viele Menschen den Start eines Films sehen. – und diesen dann weiterempfehlen.
„Ich wünsche mir, dass wir am Mittwoch über diese Dinge sachlich diskutieren“, sagt Heidrun Podszus im Vorfeld der Mitgliederversammlung, die an diesem Mittwoch um 19.30 Uhr Matthias-Ehrenfriedhaus stattfindet. „Und, dass es dabei um das Interesse des Kinos geht.“
Dass dies nicht ganz einfach ist, lässt ein Facebook-Aufruf von Genossenschaftsmitglied Tilman Hampl vermuten. Darin argumentiert Hampl nicht nur für den Standort Bürgerbräu, sondern fordert aktiv zum Einmischen auf: Damit man „auf den letzten Drücker“ noch Genosse werden und am Mittwoch mitstimmen kann, fügte Hampl sogar einen Mitgliedsantrag zum Herunterladen an. „Ich kenne das Gelände gut und finde deshalb den Standort für ein Kino ideal“, erklärt Tilman Hampl sein Interesse daran, das Abstimmungsergebnis zu beeinflussen. Der Medienberater hat selbst dort sein Büro.
Laut Vorstandsvorsitzende Heidrun Podszus sind in den vergangenen Tagen fünf Mitgliedsanträge eingegangen. „Wir behandeln diese ganz normal.“ Das heißt: Nach „einigen Tagen“ bekommen die Antragsteller eine Bestätigung. Kommentieren will sie den Eintrittsaufruf nicht.