Chilis liegen im Trend. Die feurigen Schoten finden sich längst nicht mehr nur im „Chili con Carne“, sondern peppen mittlerweile immer öfter auch den Gemüseeintopf, die Tomatensauce und den Rohkost-Dip auf – sogar in Keksen, Kräckern, Schokolade und Eis sorgen sie für ein scharfes Geschmackserlebnis. Die rote und sehr vitaminreiche Schote wird aber nicht nur immer häufiger konsumiert, sie wird auch immer häufiger angebaut – und zwar gleichermaßen gern von Gärtnereien und Hobbygärtnern. Das sagt Thomas Schneider, Gartenbaumeister und Betriebsleiter des Versuchsbetriebes Veitshöchheim bei der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim (Lkr. Würzburg). Schneider beobachtet, dass sich die Chili-Schote, die ja eigentlich eine Gemüsepflanze und damit eine Nutzpflanze ist, gerade aufmacht in neue Gefilde: „Chilis erobern jetzt auch den Zierpflanzenmarkt.“
Essbare Früchte sind im Trend
Verantwortlich dafür sind vor allem jene Stadtgärtner, die zu Hause keinen großen Garten haben, in dem sie in großzügig angelegten Beeten nach Herzenslust Gemüse anbauen könnten. Stadtgärtner haben maximal eine eigene kleine Terrasse, vielleicht einen kleinen Südbalkon – und dieses Gartenfreude-Eck soll optimal genutzt werden. „Der Trend geht dahin, dass der Balkon nicht nur schön aussehen, sondern auch Nutzen bringen soll“, sagt Schneider. Nutzen bringen – das heißt: Früchte tragen. Zu den Pflanzen, die attraktiv aussehen, nicht so sehr viel Platz brauchen und auch noch essbare Früchte tragen, gehören Schneider zufolge die Aubergine, die Buschtomate, die Paprika und eben auch die Chilischote.
Die Veitshöchheimer Landesanstalt für Wein- und Gartenbau versteht sich als eine Einrichtung, die Winzern und Gärtnern zur Seite steht, sie berät und ihnen immer wieder auch Informationen zu neuen und verbesserten Sorten zur Verfügung stellt. Ein Wunsch, der aus Gärtnereien und Gartenbaucentern neuerdings an die Gartenanstalt herangetragen werde, sei der nach frühreifen Balkon-Gemüsepflanzen, sagt Schneider. Warum? „Ganz klar: Die Verantwortlichen in den Gartenbaucentern wissen, dass die meisten Hobbygärtner im Mai kommen – für ihre Geranien.“
Die Landesanstalt testet frühblühende Pflanzen
Wie aber hängen Geranien, die beliebtesten und meistgekauften Blumen, mit den Chilis zusammen? Gartenbaucenter und Gärtnereien profitierten eben am meisten, wenn die Kunden, die wegen der Geranien kämen, beim Mai-Einkauf gleich noch ein paar andere attraktive Pflänzchen mitnähmen. Unter anderem eben hübsche Balkon-Gemüsepflanzen. Und irgendein unauffälliges Grünzeug, das gerade mal ein paar Blättchen aufweist, reizt gerade den Laien wenig. „Damit diese Pflanzen in den Augen der Kunden ansprechend aussehen, müssen sie optimalerweise schon Fruchtansätze haben, möglichst farbige Fruchtansätze“, sagt Schneider. Von daher wünschten sich die Profi-Gärtner Chilis, die im Mai Früchte tragen – etliche Wochen früher als normal.
LED-Lampen unterstützen das Wachstum
Genau zu diesem Thema der frühblühenden, früchtetragenden Pflanzen läuft in der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau gerade ein Versuch. „Wir testen die frühe Reife an zwei Sorten von Snack-Paprika“, sagt Schneider. Er zeigt auf Hunderte kleiner Paprika-Pflänzchen, die Topf an Topf heranwachsen. Alle bekommen gleich viel Wasser, gleich viel Düngung – aber anderes Licht. Experimentiert wird mit LED-Lampen, die unterschiedliche Lichtspektren aufweisen. Zeigt sich im Versuch, welches Lichtspektrum die Snack-Paprika-Frucht am frühesten hervorlockt, wird dieses Wissen an Gartenbaubetriebe weitergegeben. Die neuen Erkenntnisse aus dem Snack-Paprika-Versuch könnten gleichermaßen auf die Chilischoten angewendet werden, sagt Schneider; beide Pflanzen aus der Familie der Nachtschattengewächse seien schließlich aufs Engste verwandt. Sowohl Paprika wie auch Chili gehören zur Pflanzenart Capsicum annuum oder auch Spanischer Pfeffer. „Was sie unterscheidet, ist nur die Schärfe“, sagt Schneider.
Der Gartenbaumeister ist ein großer Fan von Chilischoten. Nicht in der Landesanstalt, sondern zu Hause kultiviert er in seiner Freizeit Chilis. Rund 250 Pflanzen hat er. „Die sehen einfach nur schön aus. Sind total dekorativ“, schwärmt Schneider. Für Hobbygärtner, die einfach mal ausprobieren wollen, ob die Chilipflanze auf ihrem Balkon daheim auch wächst, gedeiht und Früchte trägt, hat der Experte gute Tipps (siehe Kasten).
Tipps Chilis verlangen nach viel Licht und Wärme. Schon zum Keimen brauchen die Pflanzen warme Temperaturen zwischen 20 und 25 Grad Celsius. Die Pflanzen keimen auch auf der Fensterbank. Herrschen draußen stabile Nachttemperaturen über zehn Grad, können die Pflanzen nach draußen gebracht werden. Chilis wollen vor Wind geschützt und nicht übermäßig gegossen werden; sie sollen aber nie komplett austrocknen. Eine vielseitig verwendbare Sorte ist Cayenne; sie ist mäßig scharf. Wer es schärfer mag, nimmt beispielsweise die Sorten Orange Habanero oder Tabasco. Fruchtgemüse – himmlisch scharf bis teuflisch süß heißt ein Aktionswochenende zum Thema Chilis bei der Landesgartenschau am Hubland in Würzburg. Beim Gärtnerischen Infotower können von 20. bis 22. April bis zu 70 Chilisorten bestaunt werden. Chilis selbst im eigenen Garten oder auf dem Balkon anzubauen ist angesagt. Und macht Spaß. Denn zum einen sehen die kleinen roten Schoten witzig aus und zum anderen lassen sie sich später super als Gewürzpasten zum Verschenken verarbeiten. Das Buch „Red Hot Chili Garden“ besticht schon durch seine Aufmachung. Die Autorin Kay Maguire ist gelernte Gärtnerin, die sechs Jahre lang Redakteurin beim Magazin BBC Gardener's World war und jetzt als freischaffende Autorin, Redakteurin und Züchterin tätig ist. In dem Buch stellt sie 26 Chilisorten näher vor, erklärt Anzucht drinnen und draußen, Kultur, Schärfegrad und Verwertung. Das Buch ist ideal für Stadt- und Balkongärtner, die Spaß am Ausprobieren haben und gern mit neuen Sorten experimentieren. Kay Maguire, Red Hot Chili Garden: Die besten Sorten anbauen, ernten und verwerten (BLV Verlag), 144 Seiten, 14,99 Euro.
„Chilis erobern jetzt den Zierpflanzenmarkt “
Thomas Schneider Gartenbaumeister