Bischof Friedhelm Hofmann hat Christian Kern zum Diözesanjugendpfarrer ernannt. Kern wird seine neue Stelle zum Jahresende antreten. Wir sprachen mit dem 34-Jährigen über seine künftige Aufgabe.
Frage: Was hat Sie für das Amt des Jugendpfarrers prädestiniert? Oder andersherum gefragt: Wie haben Sie sich empfohlen?
Christian Kern: Als Jugendpfarrer braucht man einen Draht zum Leben von jungen Leuten. Man braucht ein Gespür dafür, was junge Leute von heute umtreibt. Man braucht Kreativität und Innovationslust: mit jungen Leuten christlichen Glauben neu entdecken und gemeinsam gestalten. Im Dezember 2015 kam die Anfrage von Seiten des Personalreferats des Bistums Würzburg, ob ich die Aufgabe des Jugendpfarrers übernehmen könnte. Nach einigem Überlegen ist dann die Entscheidung gefallen. Es sollte passen: Denn es macht mir viel Freude, das Evangelium von Jesus von Nazareth in der Welt von heute tiefer zu verstehen und zusammen mit den Leuten von heute so gut es geht zu leben. Außerdem habe ich Lust, Leitungsverantwortung zu übernehmen. Deswegen reizt mich die neue Aufgabe.
Waren Sie überrascht, als der Bischof bei Ihnen angefragt hat?
Kern: Ja, schon etwas. Ich war seit mehr als drei Jahren mit halber Stelle als mitarbeitender Priester in den Pfarreien in Zell, Margetshöchheim und Erlabrunn. Es hat sich hier einiges entwickelt, zum Beispiel ökumenische Kindergottesdienste, neue Jugendgruppen, spirituelle Projekte mit den Pfarrgemeinderäten. Außerdem arbeite ich an einem Doktoratsprojekt zu einer „Spiritualität des Scheiterns“. Mein bisheriger innerer Fahrplan sah vor, dass ich noch einige Zeit in dieser Form zweigleisig weiterfahre. Jetzt ändert sich das, was schon etwas überraschend kam. Ich werde bis zum Jahresende 2016 das Doktoratsprojekt abschließen und dann die neue Stelle antreten.
Hätten Sie auch Nein sagen können?
Kern: Ja.
Worin besteht eigentlich Ihre Aufgabe als Diözesanjugendpfarrer?
Kern: Junge Leute werden in kirchlicher Jugendarbeit in vielfältigen Formen aktiv. Zum Beispiel auf den Zeltlagern der Pfadfinder, in den Gruppenstunden der „Katholischen jungen Gemeinde“ (KjG) oder der Ministranten, in Bands oder Jugendchören, in offenen Jugendeinrichtungen, die ähnlich wie städtische Jugendzentren funktionieren. Es sind pro Jahr 110 000 junge Leute zwischen sieben und 18 Jahren, die regelmäßig oder punktuell in der kirchlichen Jugendarbeit mitmachen.
Das zeigen Statistiken, die alle fünf Jahre von den Diözesen bayernweit erhoben werden. Die Jugendlichen werden in ihren ehrenamtlichen Aktivitäten vor Ort von hauptamtlichen Mitarbeitern des Bistums unterstützt, von Sozialpädagogen und Theologen. Als Diözesanjugendpfarrer bin ich Teil eines dreiköpfigen Leitungsteams. Wir koordinieren gemeinsam die Arbeit der hauptamtlichen Mitarbeiter, die sie mit und für Jugendliche leisten. Ich unterstütze außerdem die Jugendlichen vor Ort, zum Beispiel bei Jugendgottesdiensten, bei Freizeiten oder bei internationalen Treffen wie den Weltjugendtagen.
Welche konkreten Erfahrungen in der Jugendarbeit bringen Sie dafür mit?
Kern: Ich habe in meiner eigenen Jugend selbst sehr viel Jugendarbeit mitgestaltet, auf Zeltlagern, in Musikgruppen, mit Ministranten. Die Erfahrungen habe ich dann im Theologiestudium und in diversen Praktika vertieft und professionalisiert. Zum Theologiestudium gehört als Schwerpunkt auch Religionspädagogik, im Rahmen der Ausbildung zum Priester oder Pastoralreferenten absolviert man ein recht umfangreiches religionspädagogisches Referendariat an Schulen.
Viele Jugendliche stehen heutzutage nicht hinter der Institution Kirche. Wie wollen Sie die jungen Menschen für den Glauben und für die Kirche begeistern?
Kern: Eine Kirche ist kein Selbstzweck. Sie sollte vielmehr völlig im Dienst am Leben der Menschen in der heutigen Gesellschaft stehen. Jesus hat das vorgemacht und vorgegeben. Das Zweite Vatikanische Konzil, das maßgebliche Reformkonzil in den 1960er Jahren, hat das vertieft. Papst Franziskus zeigt es mit vielen seiner Gesten. Manchmal vergessen Kirchenleute diese Grundaufgabe. Sich in den Dienst an den Menschen stellen - das gelingt, wenn man den eigenen Glauben und die Institution vom Leben der Leute her immer neu versteht und verändert. Dann kann der Glaube selbst das Leben von Menschen bereichern und verändern. Das führt dann zu kreativen Entdeckungen, zu Innovationen, zu Sprüngen nach vorne. Nur ein Glaube, der mitten im Leben steht, der innovations- und kritikfähig ist, weckt Interesse und wird relevant.
Wenn Jugendliche nichts mit kirchlichem Glauben anfangen können, dann ist das für mich immer auch eine kritische Anfrage an die Kirche, wie sie sich heute zeigt: Kann sie vielleicht selbst mit dem Leben der jungen Leute nichts anfangen? Wie lebensnah oder lebensfern ist sie? Dann dreht sich die Frage um: Kirche kann sich hinter die Jugendlichen stellen, sie kann ihnen den Rücken stärken und ihre Anliegen unterstützen. Die kirchliche Jugendarbeit tut genau das. Sie stellt sich mit den Ressourcen des Evangeliums in den Dienst am Leben von jungen Leuten. Sie öffnet Räume, in denen junge Leute selbstverantwortlich ihren Glauben gestalten und ihr Leben in die Hand nehmen können. Das weckt vielleicht nicht überall gleich Stürme der Begeisterung. Aber der Glaube kann, wenn er mit dem Leben vertraut ist, zu leuchten beginnen und Ausstrahlung gewinnen. Wie ein kleines Lagerfeuer in der Nacht.
Mit welchen Themen kann man die Jugendlichen erreichen?
Kern: Gemeinschaft, Freundschaft, Körperkultur und Körperlichkeit, neue Medien, Kreativität, ökobewusste Lebensstile, Poetry-Slam und junge Literatur, „Weltwärts“, ausdrucksstarke und ästhetisch sensible Formen von Spiritualität. Für die Themen braucht es natürlich konkrete Sozialräume, wo man sie erleben, entdecken und mitgestalten kann.
Was ist Ihnen persönlich bei der Begegnung und Begleitung junger Christen besonders wichtig?
Kern: Ich verstehe mich selbst als Sucher. Ich suche jeden Tag aufs Neue, wo es sich leben und glauben lässt. In den Fragmenten des Lebens. Ich habe keine fertigen Antworten parat. In der Begegnung und der Begleitung junger Christen ist es mir wichtig, mit ihnen gemeinsam unterwegs zu sein und auf lebens- und glaubenswerte Perspektiven aufmerksam zu machen. Dabei biete ich mich als Gesprächspartner an. Frieden, Versöhnung, Großherzigkeit, Mut sind für mich dabei wichtige Grundhaltungen des Evangeliums Jesu.
Welche Akzente wollen Sie in der Jugendpastoral in den nächsten Jahren setzen?
Kern: Momentan arbeite ich mich in die neuen Aufgabenfelder ein. Deshalb habe ich noch keinen Masterplan oder endgültige Schwerpunkte. Vorrangig ist zunächst, eine gute Zusammenarbeit mit den beiden Kollegen in der Leitung zu finden und mich mit ihnen „einzugrooven“. Im Kilianeum am Josef-Stangl-Platz entsteht außerdem eine Jugendkirche. Das ist eine sehr interessante Baustelle. Gesellschaftlich gesehen halte ich Migration und Integration für drängende und reizvolle Aufgaben. Menschen aus anderen Ländern und mit anderen Religionen sind spannend und sehr bereichernd. Da kann kirchliche Jugendarbeit einen Beitrag leisten und interreligiöse Kontaktzonen schaffen. Außerdem: Jugendverbände wie beispielsweise die Pfadfinder sind europaweit vernetzt. In Zeiten, in denen europäischer Zusammenhalt bröckelt, können solche Verbände Gegenakzente setzen und intereuropäische Begegnungen ermöglichen.
Sie sind Diözesanjugendpfarrer, aber selbst doch aus dem jugendlichen Alter schon längst heraus. Wie lange wollen Sie dieses Amt ausüben?
Kern: Jung sein ist keine Frage des Alters, sondern der Offenheit und Neugier für Neues und Überraschendes. In diesem Sinne versuche ich mich jung zu halten. Ich bin momentan 34 Jahre alt. Wenn ich mit 40 Jahren anderswohin gehe, fühlt sich das momentan passend an, meine ich.
Christian Kern Bischof Friedhelm Hofmann hat Christian Kern (34) zum Diözesanjugendpfarrer ernannt. Die neue Stelle wird Kern zum Jahresende 2016 antreten. Er folgt in dieser Funktion auf Domvikar Stefan Michelberger, der zum 1. April 2016 Regens am Würzburger Priesterseminar wurde. Christian Kern wurde 1981 in Würzburg geboren und wuchs in der Pfarrei Aschaffenburg-Herz Jesu auf. Nach dem Abitur am Aschaffenburger Dalberg-Gymnasium leistete er seinen Zivildienst bei der Lebenshilfe Aschaffenburg. Anschließend studierte er in Würzburg und in Rom Theologie. Erzbischof Robert Zollitsch weihte Kern am 10. Oktober 2009 in der Jesuitenkirche Sant?Ignazio in Rom zum Priester. Danach war Kern zum Weiterstudium in Rom freigestellt, ehe er 2010 Kaplan in der Pfarreiengemeinschaft „Sieben Sterne im Hammelburger Land, Hammelburg“ wurde. Dort erteilte er auch Religionsunterricht am Frobenius-Gymnasium. Von Herbst 2012 bis Juli 2016 wirkte Kern in der Pfarreiengemeinschaft „Heiliger Franziskus im Maintal, Zell am Main“.