Nach dem furiosen Finale hielt es keinen mehr auf dem Stuhl: Im Stehen applaudierten die rund 1500 Zuschauer am Samstag den mehr als 40 Artisten des Circus Flic Flac. Die zeigten zuvor in einer zweistündigen Show neben Comedy vor allem Akrobatik in der Luft und am Boden. Höhepunkt ist die Motorrad-Show. Dabei rasen zehn Motorradfahrer gleichzeitig, das ist Weltrekord, kreuz und quer in einer großen Metallkugel, die mitten in der Manege steht.
Noch einen drauf setzten aber die Freestyle-Springer „Mad Flying Bikes“. Denn nachdem das Publikum schon angesichts der zehn Käfigfahrer begeistert war, sprangen vier Motorradfahrer mehrmals über diesen „Globe of Speed“. Bei bis zu 20 Meter weiten Sprüngen vollführten sie anspruchsvolle Tricks wie den Backflip, einen Rückwärtssalto mitsamt dem Motorrad.
Das klingt nicht nur gefährlich, das ist es auch. Am Mittwoch war einer dieser Fahrer tödlich bei den Proben für das Zirkusfestival von Monte Carlo verunglückt: Als der 24-jährige Italiener Kevin Ferrari solch einen Backflip zeigen wollte, stürzte er bei der Landung und wurde von seiner Maschine unglücklich getroffen. Er war erst noch im Sommer in einem Flic-Flac-Programm zu sehen gewesen.
Die Aufführung in Würzburg wurde deswegen aber nicht verändert. „Natürlich sind wir alle sehr traurig, wir haben einen Freund verloren“, sagte der tschechische Fahrer Sandi nach der Show. Angst habe er jedoch nicht. Dennoch sei sich jeder seiner Kollegen des Risikos bewusst und habe Respekt vor den Stunts. „Die Jungs sprangen heute auch für Kevin“, erklärt Flic-Flac-Sprecherin Barbara Rott. Während die Aufführung an der Cote d’Azur abgesagt wurde, hätten die Springer in Würzburg offenbar unbedingt weitermachen wollen. Sie betonte, dass diese keine wilden Draufgänger seien, sondern Profis und Extremsportler – trotzdem könne man ein gewisses Risiko nicht verhindern.
Obwohl die meisten Zuschauer wahrscheinlich nichts von dem tragischen Unfall wussten, hielten sie auch so in der Show oftmals den Atem an – vor Staunen oder Begeisterung. Denn spektakulär sind beispielsweise die Sprungfolgen der Akrobaten auf dem luftgefüllten Air Track, ein Laufband, das die Artisten wie ein Trampolin nach oben katapultiert. Auch mit Ästhetik kann das Programm punkten, etwa mit den Darbietungen der beiden Direktorentöchter Larissa und Tatjana Kastein. Während die eine sich lasziv an einer senkrechten Stange beim Pole-Dance entlangschlängelt, zeigt die andere athletische Handstandakrobatik.
Doch was wäre ein Zirkus ohne Clowns! Und so kommt in der Show auch der Humor nicht zu kurz. Kaum betritt Comedy-Jongleur Steve Eleky im Schottenrock die Manege, schon steckt er Jung bis Alt mit seinem Lachen an. Witzig ist in den Umbaupausen auch der „Master of Hellfire“, der mit astreinem thüringischem Dialekt frech die erste Reihe aufs Korn nimmt. „Gefällt’s dir hier?“, fragt er einen Zuschauer und schiebt gleich hinterher: „Dann erzähl das mal deinem Gesicht!“
Aber was will man auch von einem Knacki an Anstand erwarten. Die Tournee durch 40 Städte steht nämlich unter dem Motto „Höchststrafe – 25 Jahre Flic Flac“. Und so sind fast alle Artisten Insassen, die Umbauhelfer sind die Wärter. Ab und zu stehen brennende Mülltonnen in der Manege oder die Knastbrüder tragen einen akrobatischen „Faustkampf“ aus. Stilgerecht daher auch die Bühnenkulisse, die aus einem mehrstöckigen Zellenblock besteht. Ganz oben heizt zu den fulminanten Auftritten die Knast-Band mit lautstarker Rockmusik ein und immer mal wieder wird ein Artist von den Wärtern hinter die schwedischen Gardinen verfrachtet.
„Das Motto hat uns gut gefallen“, meint Zirkusgast Jens Günther nach dem Spektakel. „Das hat sich schön durch das ganze Programm gezogen.“ Dass keine Tiere dabei waren, störte weder ihn noch seine Tochter Johanna oder die Großmutter Eva, denn auch so war viel geboten. „Ich würde es sofort weiterempfehlen, es war fantastisch“, bringt Eva Günther den Abend auf den Punkt.
Spielzeiten: 17. Januar bis 1. Februar 2015. Montag bis Freitag 20 Uhr, Samstag 16 und 20 Uhr, Sonntag 15 und 19 Uhr. Tickets in allen bekannten Vorverkaufsstellen, im Internet unter www.ticketmaster.de, www.adticket.de oder www.flicflac.de sowie unter Tel. (0 18 06) 999 000 202.