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Würzburg: Corona: In Würzburg dürfen nur noch fest zugewiesene Ärzte in Heime

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Corona: In Würzburg dürfen nur noch fest zugewiesene Ärzte in Heime

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    Viele Menschen machen sich wegen des Coronavirus sorgen um Angehörige, die in Pflegeheimen untergebracht sind. 
    Viele Menschen machen sich wegen des Coronavirus sorgen um Angehörige, die in Pflegeheimen untergebracht sind.  Foto: Oliver Berg, dpa

    Alten- und Pflegeheime sind zu einem Brennpunkt bei der Ausbreitung des Coronavirus in der Region geworden. Nach den Sterbefällen von Bewohnern eines Heims des Bürgerspitals sowie im Hans-Sponsel-Haus der AWO in Würzburg, kam es nun auch in Schweinfurt im Domicil-Seniorenpflegeheim zu vier Todesfällen. Im Landkreis Bad Kissingen starb eine Bewohnerin des Pflegeheims Kramerswiesen in Oerlenbach.

    In Stadt und Landkreis Würzburg haben die Verantwortlichen nun reagiert: Um eine Ausbreitung des Virus in Alten- und Pflegeheimen durch medizinisches Personal zu verhindern, sollen die Heime künftig nur noch von fest zugewiesenen Hausärzten betreut werden dürfen. Alle anderen Ärzte haben Betretungsverbot. Mit diesem strengen Heimarzt-Modell betritt das Gesundheitsamt Würzburg Neuland, wie dessen Leiter Johann Löw berichtete. Die freie Arztwahl der Bewohner wird dadurch eingeschränkt.

    Nach den Todesfällen im Seniorenheim Ehehaltenhaus/St. Nikolaus des Bürgerspitals und dem Hans-Sponsel-Haus liegen auch in den übrigen Pflegeeinrichtungen in Stadt und Land die Nerven blank. Wie der Virus in die Einrichtungen eingeschleppt wurde, ist nicht bekannt. Aber neben Angehörigen, für die inzwischen Besuchsverbot gilt, zählen die behandelnden Ärzte zu den Risikofaktoren.

    "Es kann nicht sein, dass ein Haus von 20 verschiedenen Hausärzten betreten wird."

    Christian Pfeiffer, Beratungsarzt Katastrophenschutz

    In Schweinfurt, so sagte es Matthias Gehrig, kommissarischer Leiter des dortigen Gesundheitsamtes, werde noch auf eine Allgemeinverfügung erwartet, nach der die Zahl der Allgemeinärzte, die in einem Seniorenheim Zutritt haben, nun aus Sicherheitsgründen reduziert werde.

    Christian Pfeiffer, Hausarzt in Giebelstadt und Beratungsarzt in der Führungsgruppe Katastrophenschutz, hält die Regulierung der ärztlichen Versorgung für unabdingbar. "Es kann nicht sein, dass ein Haus von 20 verschiedenen Hausärzten betreten wird", sagte er bei einem Informationstreffen. Eingeladen hatte das Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg (KU), selbst Betreiber von sieben Seniorenzentren.

    Ärzte  sind angehalten, alle Bewohner zu behandeln

    Allen Pflegeheimen werden ab sofort zwei, bei mehr als 100 Bewohnern drei Ärzte zugewiesen. Sie müssen den Heimen täglich von acht bis 22 Uhr zur Verfügung stehen. Krankenbesuche sollen auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben. Dann aber sind die Ärzte gehalten, auch die übrigen Bewohner zu behandeln, auch wenn sie bislang nicht Patient ihrer Praxis waren. In Heimen, in denen bereits ein Bewohner am Coronavirus erkrankt ist, muss täglich eine Visite stattfinden.

    Bei seinen Kollegen habe die Regelung wenig Begeisterung hervorgerufen, sagt Christian Pfeiffer, zugleich unterfränkischer Repräsentant der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns. "Sie finden es nicht toll, aber sie haben Verständnis." Nun wird es auch auf die Kooperationsbereitschaft zwischen den Praxen ankommen.

    "Ein Ausgehverbot ist rechtlich sehr heikel, aber wir wissen uns nicht anders zu helfen."

    Alexander Schraml, Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg

    Die Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen stehen unter einer hohen nervlichen Belastung: Im Seniorenheim St. Nikolaus arbeiten die Pflegekräfte seit drei Wochen jenseits der Belastungsgrenze, sagt Annette Noffz, Stiftungsdirektorin des Bürgerspitals. Am 21. Tag nach Ausbruch der Erkrankung seien dem Haus vom Deutschen Roten Kreuz erstmals zehn zusätzliche Pflegekräfte zugewiesen worden. "So können wir wenigstens unsere Mitarbeiter mal nach Hause schicken, damit sie sich ausschlafen können, wenn sie überhaupt schlafen können bei dieser psychischen Belastung", so Noffz.

    Das Testen von Mitarbeitern und Bewohnern und die Trennung von Infizierten und Nichtinfizierten - die sogenannte Kohortierung - hält Gesundheitsamts-Chef Löw nach wie vor für eine wirksame Maßnahme, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Das wiederum widerspricht den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts, das Coronatests nur für Patienten mit Symptomen empfiehlt.

    Probleme mit Bewohnern, die an Demenz leiden

    Ein weiteres Problem sind demenziell Erkrankte, vor allem infizierte Menschen mit Weglauf-Tendenz. Sie in ihrem Zimmer einzuschließen, wäre eine freiheitsentziehende Maßnahme, für die ein richterlicher Beschluss erforderlich ist. Das Kommunalunternehmen hat in seinen Einrichtungen inzwischen sogar ein generelles Ausgehverbot erlassen. "Ein Ausgehverbot ist rechtlich sehr heikel, aber wir wissen uns nicht anders zu helfen", sagt KU-Vorstand Alexander Schraml

    Das KU zieht damit auch die Konsequenzen aus dem Verhalten von Angehörigen, die sich vor den Einrichtungen mit ihren Verwandten getroffen haben. In einem Fall habe ein Angehöriger sogar versucht, durch das Fenster in ein Heim einzudringen.

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