Das waren noch Zeiten: So viele Kinder und Jugendliche tummelten sich in den 1950er Jahren in den Würzburger Gruppen des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM), dass die Räume aus allen Nähten platzten. „Damals waren wir noch am Friedrich-Ebert-Ring, im ,Haus mit der Sonne‘“, erzählt CVJM-Vorsitzende Gabriele Dal Piva. Um mehr Platz zu gewinnen, beschloss der CVJM am Wilhelm-Schwinn-Platz zu bauen. Vor 50 Jahren wurde das CVJM-Haus neben der Stephanskirche eingeweiht.
Gabriele Dal Piva ist ein „CVJM-Gewächs“ durch und durch. „In mir schwimmen die dreieckigen Blutkörperchen“, lacht die Tochter des Würzburger Unternehmers Hermann Kupsch, einst deutscher Präsident des CVJM, mit Andeutung auf das dreieckige CVJM-Logo. An den Bau des CVJM-Hauses kann sich die 61-Jährige noch gut erinnern. Als Mädchen war sie dabei, als dort, wo noch kurze Zeit zuvor Ruinen standen, Richtfest gefeiert wurde. Das Haus wurde von Beginn an bestens angenommen. 100 Jungs in den Jungschargruppen waren in diesen Jahren keine Seltenheit.
Gleich nach der Eröffnung des Hauses im Jahr 1965 konnte die damals Elfjährige allerdings noch nicht in eine Jungschargruppe gehen: Zu jener Zeit stand das „M“ in CVJM noch für „Männer“. Doch es dauerte nicht mehr lange, da wurde die erste Jungschar für Mädchen und junge Frauen gegründet. Der Würzburger CVJM leistete damit Pionierarbeit. „Wir haben dafür gesorgt, dass aus Männern ,Menschen‘ wurden“, lacht Gabriele Dal Piva.
Eigene Buchhandlung
Vor 50 Jahren war das CVJM-Haus für Kinder und Jugendliche topmodern. Es gab einen eigenen Gymnastikraum, ein Kaminzimmer und einen separaten Raum zum Basteln und Werken. Und noch etwas gab es und gibt es bis heute: Eine eigene Buchhandlung. In der Stephans-Buchhandlung wird denn auch am 23. Oktober ab 19 Uhr „50 Jahre CVJM-Haus“ mit einer ersten Lesung gefeiert.
Jugendzentren und Jugendgruppen waren in den 1960er Jahren etwas Besonderes, waren doch organisierte Angebote nach der Schule rar. Dal Piva erinnert sich gern an die Spiele, die in der „Mädchenjungschar“ gespielt wurden. Alle waren mit Feuereifer dabei. Auch das gemeinsame Singen machte großen Spaß.
Heute ist es schwerer geworden, junge Menschen für die Angebote im nun „place2be“ genannten Jugendzentrum des CVJM zu begeistern. „Die Jugendarbeit stellt eine Herausforderung für uns dar“, gibt Dal Piva zu. Wie viele andere traditionelle Organisationen hat der seit 110 Jahren in Würzburg etablierte Verein Nachwuchssorgen. Das liegt zum einen daran, dass es rund um das CVJM-Haus, anders als 1965, inzwischen mehrere Jugendzentren gibt – das Café Domain etwa oder der Bechtolsheimer Hof. Und dass Kinder und Jugendliche immer mehr Zeit in der Schule verbringen.
Seit September versucht Katharina Stiegler-Ratumaitavuki als neue Jugendreferentin, frischen Wind in die Jugendarbeit des CVJM zu bringen. Statt, wie einst, wöchentliche Jungscharangebote organisiert sie einmal im Monat einen „Aktionstag“ am Samstag. 12 bis 15 Kinder zwischen acht und zwölf Jahren nehmen daran teil. Angebote für Kinder am Wochenende werden vor allem von allein erziehenden Müttern begrüßt, erläutert die 30-Jährige: „Viele wissen nicht, wohin mit ihren Kindern, wenn sie am Samstag arbeiten müssen.“
Religionspädagogin tätig
Dass der CVJM just einen gewissen Attraktivitätsschub erlebt, ist in einer eher indirekten Weise bereits Katharina Stiegler-Ratumaitavuki zu verdanken. Die in Nürnberg ausgebildete Religionspädagogin, die ein halbes Jahr im Pacific Theological College auf den Fidschi-Inseln studierte, brachte ihren von dort stammenden Mann Panapasa Ratumaitavuki mit nach Würzburg. Auch er engagiert sich inzwischen im CVJM-Haus. Und sorgt bei den Kindern mitunter für großes Erstaunen: „Wir werden oft gefragt, ob mein Mann denn auch ein Flüchtling ist.“
Das Jubiläumsprogramm
Unter dem Motto „Danken tut gut“ feiert das CVJM-Haus sein 50-jähriges Bestehen in der Würzburger Stephans-Buchhandlung. Drei Programmpunkte wird es geben.
Auftakt ist am 23. Oktober um 19 Uhr mit der Würzburger Jugendbuchautorin Melissa C. Feurer.
Sie wird aus ihrem 2014 mit dem C.S. Lewis-Preis ausgezeichneten Buch „Die Fischerkinder“ lesen.
Am 29. Oktober um 19.30 Uhr kommt Buchautor und Liedermacher Jürgen Werth aus Wetzlar nach Würzburg.
Am 26. November um 19.30 Uhr besucht Autor und Journalist Andreas Malessa, Verfasser des Luther-Buchs „Hier stehe ich, es war ganz anders – Irrtümer über Luther“ die Buchhandlung.