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WÜRZBURG: Das denkt ein Grieche in Würzburg über die Krise

WÜRZBURG

Das denkt ein Grieche in Würzburg über die Krise

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    Niko Kaniouras
    Niko Kaniouras Foto: Foto: Theresa Müller

    Wenn Niko Kaniouras seine Gäste begrüßt – das Hemd aufgeknöpft, die Haare nach hinten gekämmt, eine Golduhr ums Handgelenk – ist er nicht zurückhaltend. „Setzen Sie sich“, ruft der Grieche und zieht mit ausladender Handbewegung einen Stuhl hervor. Während die Nachmittagssonne auf das Dach des Wintergartens knallt und im Hintergrund Akustikgitarren leise griechische Volksmusik klimpern, gibt er einem einen Moment lang das Gefühl, in Griechenland zu speisen.

    Eigentlich ist es jedoch das griechische Restaurant am Hubland in Würzburg, in dem Kaniouras als Kellner arbeitet. Seit 1990 lebt der 41-Jährige in Deutschland. Er ist damals gekommen, weil seine Schwester schon hier gewohnt hat. Seiner Heimat Griechenland ist Kaniouras aber noch fest verbunden und das nicht nur wegen der anhaltenden Wirtschaftskrise. „Man interessiert sich immer dafür, was in seinem Heimatland passiert, das ist doch logisch“, sagt er.

    Das Restaurant am Hubland wird von Griechen in Würzburg gerne besucht, und Kaniouras kennt viele von ihnen. „Wenn wir zusammensitzen und uns unterhalten, geht es oft um die Krise. Fast alle haben noch Familie in Griechenland und spüren die Auswirkungen.“ Kaniouras, der seine Familie in der Nähe von Thessaloniki auf dem griechischen Festland jährlich besucht, erzählt von Verwandten, die nach Jahren in einer Firma plötzlich ihre Arbeit verloren haben. „Jetzt sind sie arbeitslos oder machen Jobs, in denen sie zwei, drei Euro die Stunde verdienen. Damit kann man keine Familie ernähren.“

    Wem er die Schuld an der Krise gibt? Kaniouras zieht kräftig an seiner Zigarette. „Alle Politiker der vergangenen Jahrzehnte wussten genau, was auf uns zukommt und haben trotzdem immer weiter Kredite genommen ohne sie zurückzuzahlen. Nur irgendwann war es zu viel, und auf einmal gab es kein Geld mehr,“ sagt er ernst. Genauso, wie er über die griechische Politik schimpft, kritisiert er aber auch die Europäische Union. „Es wurden Fehler auf beiden Seiten gemacht. Wie kann man denn jemandem Geld leihen, von dem man weiß, dass er es nie zurückzahlen kann?“

    Enttäuscht, wie von ihren Vorgängern, ist Kaniouras von der aktuellen griechischen Regierung rund um Premier Alexis Tsipras von der Linkspartei Syriza bisher nicht. Allerdings findet er auch, dass sie noch nicht lange genug im Amt ist, um sich wirklich eine Meinung über sie bilden zu können. Dass Finanzminister Gianis Varoufakis am Montag jedoch zurückgetreten ist, hält er nicht für verkehrt, denn „der war schon ein bisschen zu frech“.

    Auf die Zukunft seiner Heimat blickt der Vater zweier Kinder, der mit einer Griechin verheiratet ist, sehr pessimistisch. „In der Entwicklung gehen wir jetzt sicher erst mal 50 Jahre zurück: weniger Jobs, schlechtere Bezahlung.“ Was Kaniouras sich für Griechenland wünscht, ist ein Neuanfang mit einer florierenden Wirtschaft und einem sauber arbeitenden Finanzamt. „Wir müssen mal mit etwas anderem Geld verdienen als mit Olivenöl, Tomaten und Tourismus. Und vor allem brauchen wir ein Finanzamt, das funktioniert und Steuern auch von den Reichen eintreibt.“

    Ob das alles mit oder ohne den Euro geschieht, ist für Kaniouras gar nicht so wichtig. Er möchte vor allem, dass es der Bevölkerung schnell besser geht, die Mittel sind da eher zweitrangig. Wenn seine Gäste im Restaurant in Würzburg Späße über Griechenland und den Euro machen, kann er trotzdem darüber lachen. „Eine ernsthafte Diskussion möchte ich mit den Gästen gar nicht anfangen, die sollen sich hier beim Essen ja entspannen“, sagt er. Also setzt Kaniouras dann ein breites Grinsen auf, das seine kleine Zahnlücke offenbart. Während er Kalamari, Gyros und Zaziki serviert, lacht er herzhaft mit. Er weiß einfach, wie er es seinen Gästen vermittelt, dieses sorglose Gefühl, als ob man gerade im Griechenland-Urlaub sitzen würde.

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