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RANDERSACKER: Das Ende einer kühnen Schönheit

RANDERSACKER

Das Ende einer kühnen Schönheit

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    Imposantes Bauwerk: Die ehemalige Mainbrücke, die von 1913 bis 1945 Randersacker und Heidingsfeld miteinander verband, wurde am Ostersonntag 1945 gesprengt. Der Main war damals noch ein weitgehend unberührtes Gewässer. Auch die Randersackerer Schleuse existierte noch nicht.
    Imposantes Bauwerk: Die ehemalige Mainbrücke, die von 1913 bis 1945 Randersacker und Heidingsfeld miteinander verband, wurde am Ostersonntag 1945 gesprengt. Der Main war damals noch ein weitgehend unberührtes Gewässer. Auch die Randersackerer Schleuse existierte noch nicht. Foto: Foto: privat

    „Als Kind bin ich mit einem Einkaufszettel über die Brücke gelaufen, um in Heidingsfeld in der Apotheke oder im Kaufhaus Schwarzenberger Besorgungen zu erledigen“, erzählt Martin Rügamer. Der heute 87 Jahre alte Randersackerer erinnert sich gut an die elegante Steinbrücke, die von 1913 bis zu ihrer Sprengung im Zweiten Weltkrieg den Main zwischen Randersacker und Heidingsfeld in vier Bögen überspannte.

    Genutzt wurde das 200 Meter lange Bauwerk nicht nur von Fußgängern, die in Heidingsfeld einkauften, arbeiteten oder mit dem Handkarren Getreide zur Mühle brachten. „Fuhrwerke lieferten Steine aus den Randersackerer Steinbrüchen an den gegenüberliegenden Bahnhof“, berichtet Rügamer. Überhaupt sei der Bahnhof in der Winterhäuser Straße vor dem Krieg die wichtigste Verkehrsverbindung nach Würzburg gewesen.

    Dieses Stück Randersackerer Geschichte soll künftig größere Aufmerksamkeit bekommen: Auf Initiative des SPD-Ortsverbandes wurde eine Schautafel entworfen, die dort aufgestellt wird, wo am Mainufer noch die Fundamente der Brücke zu sehen sind – kurz vor dem Randersackerer Ortseingang.

    Auf der Tafel sind alte Fotos aus den Archiven von Hans Schädel, Ralf Kuhn und anderen Privatleuten zu sehen. Die Gestaltung hat Ernst Weckert übernommen. SPD-Ortsverbandsmitglied Richard Ott hat nach Gesprächen und Informationen aus der Ortschronik geschrieben.

    1911wurde die Betongewölbebrücke mit Muschelkalkverkleidung vom Randersackerer Gemeinderat beschlossen. 30 0000 Mark musste die Gemeinde für das Bauwerk bezahlen und dafür ein Darlehen zu 4,125 Prozent Zins bei der Landesversicherungsanstalt aufnehmen.

    Am 31. August 1913 wurde die Brücke eingeweiht. „Als erste freigespannte Brücke über den Main“, weiß Ott. „Ihre Formschönheit und Kühnheit wurde weithin bewundert.“ 63 Meter maß der Bogen, der den Fluss selbst überspannte, zwei weitere erreichten eine Länge von jeweils 43 Metern, der letzte kam auf immerhin noch 32 Meter. Die lichte Höhe über dem Wasserspiegel betrug elf Meter.

    Auf einem alten Foto ist auch das Brückenhäuschen auf der Heidingsfelder Seite zu sehen, wo bis 1937 der Zoll für die Benutzung der Brücke erhoben wurde. Das Zollhäuschen wurde im Jahr 2000 von der Stadt Würzburg abgerissen. Denn die Renovierung war zu teuer und außerdem stand es laut Stadt auf einer Rampe, die den Hochwasserabfluss des Mains behinderte.

    „Sechs Pfennig hat das Überqueren für uns Buben gekostet“, weiß Rügamer. Doch habe immer nur einer der Kameraden die Pfennige hingelegt, „die anderen haben sich unterdessen geduckt vorbei geschlichen“. Das ist natürlich nicht der einzige Lausbuben-Streich, an den er sich erinnert: Um zwei hübschen Heidingsfelder Mädchen zu imponieren sei er mit Kameraden einst von der Brücke in den Fluss gesprungen. „Mit angezogenen Knien, denn der Main war damals noch nicht ausgebaggert und nicht so tief, wie heute.“ Auch die Studenten, die damals gerne von Würzburg nach Randersacker zum Schoppenfetzen kamen, hätten sich im Sommer regelmäßig von der Brücke in die Fluten gestürzt.

    Wie wichtig und selbstverständlich die Verbindung nach Heidingsfeld damals für Randersacker war, zeigt ein Rechercheergebnis von Richard Ott. „Es gab sogar Pläne, die Gemeinde durch eine neue Siedlung zu erweitern. Ein Neu-Randersacker auf der Heidingsfelder Mainseite.“

    Doch alles kam anders: Einen Monat vor Kriegsende beschlossen deutsche Pioniere die Brücke zu opfern, um die Invasion der Amerikaner zu behindern. Die Einwände von Bürgermeister und Bürgern nützte nichts: Am Ostersonntag, 1.April 1945, wurden auf der Mitte der Brücke zwei Fliegerbomben gezündet, sie flog in die Luft, ihr Mittelbogen in den Fluss.

    „Bis in die 60er Jahre lagen noch Trümmer auf dem Weg, die man umfahren musste, wenn man mit dem Rad nach Würzburg gefahren ist“, erinnert sich Ott. Diese wurden genauso wie die im Fluss liegenden Trümmer und die noch stehenden Pfeiler beseitigt.

    Doch für den Wiederaufbau der Brücke fehlte nach dem Krieg das Geld. Die Gemeinde entschied sich stattdessen für ein neues Schulhaus. Bis 1968 wurde immerhin eine Fähre betrieben.

    „Täglich fahren viele Randersackerer am ehemaligen Standort vorbei und viele denken dabei an die Brücke. Die Idee sie durch ein Schild auch für Touristen wieder lebhaft ???? zu machen finde ich sehr gut“, sagt der Randersackerer Bürgermeister Dietmar Vogel. „Als Bürgermeister kann ich es nur begrüßen wenn Bürger mit offenen Augen durch die Gemeinde laufen und sich Gedanken über die Verschönerung oder Verbesserung unseres Ortsbildes zu machen. Gerade die Kleinigkeiten sind es, auf die es ankommt.“ Die Gemeinde habe die Aktion mit Rat und Tat unterstützt und eine Blickachse entlang des ehemaligen Brückenverlaufes frei gelegt.

    Warum sich der SPD-Ortsverband mit Hilfe von Spenden gerade für eine vor fast 70 Jahren zerstörte Brücke stark macht, erklärt deren stellvertretender Vorsitzender Peter Müller: „Es wird immer weniger Zeitzeugen wie Martin Rügamer geben, die sich an dieses Stück Randersackerer Geschichte erinnern. Trotzdem soll die Brücke nicht vergessen werden.“

    Gehalten von einem Stahlrahmen, wird die neue Tafel am Freitag, 23. November, gemeinsam von Vertretern der Gemeinde und der SPD rund 100 Meter hinter der Fischerbucht in Randersacker eingeweiht. Eine Sitzgelegenheit soll später dazukommen. Müller: „Dann werden wir dort im nächsten Jahr am 31. August den 100. Geburtstag der Brücke feiern können.“

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