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Creglingen: Das Wirtshaus zwischen den Ländern ist Geschichte

Creglingen

Das Wirtshaus zwischen den Ländern ist Geschichte

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    Grenzwertig: Fritz Körner steht in der Gaststube der Holdermühle auf bayerischer und seine Frau Beate auf württembergischer Seite.
    Grenzwertig: Fritz Körner steht in der Gaststube der Holdermühle auf bayerischer und seine Frau Beate auf württembergischer Seite. Foto: Hannelore Grimm

    "Gaststätte geschlossen" – mit diesen zwei Worten auf der Tafel vor der Eingangstür der Holdermühle ging kürzlich die bewegte Geschichte eines alten Wirtshauses und beliebten Ausflugslokals zu Ende. Direkt in malerischer Einsamkeit am Tauberradweg auf der Gemarkung des Creglinger Stadtteils Archshofen gelegen, erlangte die ehemalige Mühle dadurch ein hohen Bekanntheitsgrad, weil sie direkt auf der Grenze zwischen Bayern und Baden-Württemberg liegt. 

    Ein Pfahl markiert die Landesgrenze

    In dem einladenden Gastraum markierte ein Pfahl die Grenze und stellte es den Gästen frei, sich in Bayern oder in Württemberg bewirten lassen. Dass auf der bayerischen Seite Ochsenfurter Bier und in Württemberg edle Tropfen der Markelsheimer Winzer ausgeschenkt wurden, gehört zu dem Spaß, den Wirtsleute ihren Gästen boten.

    Dass Beate und Fritz Körner ihre Freude daran hatten, Gäste zu bewirten, ist den beiden 71-Jährigen anzumerken, wenn sie aus den vergangenen Jahrzehnten berichten. Seit 1844 ist die Mühle im Besitz von Beate Körners Familie. Beate Körner ist dort mit zwei Geschwistern aufgewachsen. 1974 zog das Ehepaar, das heuer Goldene Hochzeit feiert, dort ein.

    Malerisch in der Einsamkeit liegt die Holdermühle auf der Gemarkung des Creglinger Ortsteil Archshofen.
    Malerisch in der Einsamkeit liegt die Holdermühle auf der Gemarkung des Creglinger Ortsteil Archshofen. Foto: Hannelore Grimm

    Zunächst bauten sie eine Scheune zum Wohnhaus um. Es bot genügend Platz für die beiden Kinder und das Büro von Fritz Körner. Der gebürtige Mannheimer ist als Steuerberater tätig. Sohn Wolfgang erlernte den Müllerberuf, und legte, bevor der Mühlenbetrieb 1995 eingestellt wurde, sogar die Meisterprüfung ab. 

    "Besonders an den Sonntagen konnte man sich fast überschlagen."

    Beate Körner, Wirtin

    Um das denkmalgeschützte Anwesen, das 1424 erstmals urkundlich Erwähnung fand, zu erhalten und weiter mit Leben zu erfüllen, blieb das Ehepaar nicht untätig. Nachdem der frühere Kuhstall schon seit annähernd 25 Jahren als "Besenwirtschaft" gedient hatte, in der Fritz Körner seinen selbst gekelterten Wein ausschenkte, nahmen sie den Ausbau zu einer Gaststätte in Angriff.

    Beliebte Einkehr für Radfahrer

    "Viel Zeit, viel Arbeit und viel Geld" haben sie in das Anwesen investiert, erzählt Fritz Körner. Die Holdermühle, die schon bald zur beliebten Einkehr, vor allem für Radtouristen wurde, verlangte vor allem von Beate Körner einiges ihrer Arbeitskraft ab. "Besonders an den Sonntagen konnte man sich fast überschlagen", erinnert sich die Wirtin vor allem an die früheren Jahre, als sie auch noch warmes Mittagessen angeboten hat.

    Den Ansturm der Gäste in der Gaststube, im Hof und auf der Terrasse, die einen zauberhaften Ausblick bietet, zu bewältigen, sei "schon eine gewaltige Rennerei" gewesen, erzählt sie. Obwohl ihr Mann bei viel Betrieb sein Büro verlassen hat und sich hinter die Theke stellte, und die Kinder  mithalfen. 

    Rote Pflastersteine im Hof markieren die Grenze zwischen  Bayern und Baden-Württemberg. 
    Rote Pflastersteine im Hof markieren die Grenze zwischen  Bayern und Baden-Württemberg.  Foto: Hannelore Grimm

    Dann galt es ja noch die Ferienwohnungen zu betreuen, die Körners im ehemaligen Mühlengebäude eingerichtet hatten. Übernachtungen mit Frühstück wollen die Körners deshalb auch weiterhin anbieten, die Zeit des Wirtsbetriebs ist aber vorbei.

    "Es reicht", sagt Beate Körner mit Nachdruck. Von ihren beiden Kindern sei keines bereit, die Gastwirtschaft weiterzuführen. Und den unvorhersehbaren Wechsel von mal wenigen, mal vielen Gästen will sie nicht länger mitmachen, zumal ihr die Jahre auch gesundheitliche Probleme beschert hätten.

    Mit der Corona-Pandemie war endgültig Schluss

    Und dann kam auch noch die Corona-Pandemie, just am Ende der Winterpause, die bis Ostern dauern sollte. "Eine Katastrophe", sagt die Wirtin. Unter den geltenden Auflagen hätte sie gerade nur wenige Gäste unterbringen können. "Da brauchten wir gar nicht erst anzufangen."

    Während Beate Körner versichert, dass sie der Zeit als Wirtin nicht nachtrauert, gibt Fritz Körner zu dass es ihn schon etwas wehmütig stimmt, keine Gäste mehr zu bewirten.  Unzählige Male hat er ihnen erzählt, wie es zu dem kuriosen Grenzverlauf kam, der im Hof mit roten Steinen sichtbar markiert ist. 

    Wie es zur kuriosen Grenze kam

    Die Grenze geht zurück auf das Jahr 1924. Damals, als die heutige Gaststube noch ein Kuhstall war, erweiterte der Besitzer den Stall, ohne allzu sehr auf die Grenzen zu achten. Und plötzlich stand die eine Hälfte der Tiere in Bayern und die andere in Württemberg. Seitdem lautete in der Holdermühle ein geflügeltes Wort: "Sie fressen in Württemberg und sch… auf Bayern."

    Wie die Zeit, als hier noch Landwirtschaft betrieben und Korn gemahlen wurde längst der Vergangenheit angehört, geht jetzt auch mit der Schließung der Gastwirtschaft ein weiteres Kapitel in der langen Geschichte der Holdermühle zu Ende.

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