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LANDKREIS WÜRZBURG: Dem Landkreis droht Millionen-Forderung

LANDKREIS WÜRZBURG

Dem Landkreis droht Millionen-Forderung

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    Im Landratsamt und dem Beratungs- und Eingliederungszentrum für Arbeitssuchende – BEA – hat die Nachricht aus Berlin vor wenigen Tagen wie eine Bombe eingeschlagen. Prüfer des Arbeitsministeriums haben die Abrechnungen und Verträge für das Jahr 2005 geprüft und festgestellt, dass der Landkreis möglicherweise gegen das Prinzip von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen hat.

    Wenn die Prüfer Recht behalten, müsste der Landkreis einen Großteil des Bundeszuschusses für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen zurückbezahlen. Die Mitarbeiter der Kreisverwaltung und der Beratungs- und Eingliederungszentrale für Arbeitssuchende BEA sind nun dabei, den Gegenbeweis zu führen.

    Aus dem Berliner Ministerium ist keine Stellungnahme zu bekommen. Im laufenden Prüfverfahren müsse noch einiges geklärt werden, teilt eine Sprecherin mit. Grundsätzlich werde das Ergebnis der Prüfung aber vertraulich behandelt und nur dem bayerischen Sozialministerium als zuständige Aufsichtsbehörde übermittelt.

    Der Landkreis hatte sich mit 68 weiteren deutschen Städten und Landkreisen für die so genannte Option entschieden – das heißt für die Umsetzung der Hartz-IV-Reform im Alleingang, ohne die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft mit der Arbeitsagentur. Anlass war die langjährige Zusammenarbeit mit Kolping bei der Qualifizierung von Sozialhilfeempfängern. Das Programm „Chance 2000“ wurde einfach auf den Kreis der Langzeitarbeitslosen ausgedehnt.

    600 Betreuungsplätze hatte der Landkreis damals bei Kolping gebucht – auf der Basis des geschätzten Bedarfs und für eine Zeit von drei Jahren. Diese Schätzung habe sich als realistisch erwiesen. Dass vorher keine Ausschreibung stattgefunden hatte, bemängelte bereits der Bundesrechungshof nach einer Überprüfung im vergangnen Jahr. Der Landkreis kündigte darauf hin den Vertrag fristgerecht zum Jahresende 2007 und reduzierte die Zahl der Betreuungsplätze auf 251.

    Der Rechnungshof war damit einverstanden. Die Prüfer des Bundesarbeitsministeriums nehmen jetzt aber vor allem an der pauschalierten Zahl von Plätzen Anstoß, berichtet Landrat Waldemar Zorn auf Anfrage. Bei Umsetzung der Hartz-Reform sei dem Landkreis gar keine andere Wahl geblieben, als mit dem vertrauten Partner Kolping zusammenzuarbeiten, sagt Zorn. „Wenn wir keine funktionierenden Strukturen gehabt hätten, hätten wir uns auf die Option nie eingelassen.“ Die schnellen Vermittlungserfolge gäben dem Recht.

    Fehlbelegungen in Maßnahmen

    Erst kurz vor Weihnachten 2004 war Hartz IV in einer Nachtsitzung zwischen der damaligen, rot-grünen Bundesregierung und Union endgültig ausgehandelt worden. Handlungsanweisungen habe das Ministerium damals ebenso wenig geben können wie Vorschläge für die richtige Vertragsgestaltung. „Wir waren damals relativ guter Dinge, wir haben das alles ja schon vorher gemacht“, sagt der Leiter der Kreisverwaltung, Dieter Krug, „die Meldung aus dem Ministerium hat uns nun kalt erwischt“.

    Gerügt werden wohl auch Fehlbelegungen in den Maßnahmen. Die allerdings seien zum Teil darauf zurückzuführen, dass Teilnehmer während einer laufenden Maßnahme in eine Arbeitsstelle vermittelt wurden.

    Mittlerweile glänzt der Landkreis Würzburg mit einer Arbeitslosenquote unter vier Prozent. Damit stieg die Zahl der leeren Plätze bei Kolping. Das Vermittlungspotenzial gilt als ausgereizt. „Wir waren im Grunde genommen zu schnell und zu erfolgreich“, meint Landrat Zorn bitter.

    Wie es weitergeht? Das Ministerium wolle die Angelegenheit zügig abschließen. Wenn die zusammengestellten Zahlen nicht ausreichen, werde er selbst nach Berlin fahren, kündigt der Landrat an. Er ist zuversichtlich, die Prüfer von der Richtigkeit seines Vorgehens überzeugen zu können. Schließlich sei man im Landkreis Würzburg mit dem Bundeszuschuss für Verwaltung und Eingliederung zurecht gekommen, während andere Kommunen in Millionenhöhe zu zahlen mussten. Die Wirtschaftlichkeit sei damit bewiesen.

    Wenn der Beweis misslingt, droht auch die teilweise Rückforderung von Zahlungen in den Jahren 2006 und 2007 – ein Betrag von mehreren Millionen Euro.

    Daten & Fakten

    Eingliederungsleistungen und Arbeitslosenquote Für Eingliederungsmaßnahmen hatte der Landkreis Würzburg 2005 Bundesmittel von insgesamt 1,699 Mio. Euro erhalten. Für 2006 waren es 2,134 Mio. Euro und für 2007 2,206 Mio. Euro. Zusätzlich zahlt der Bund dem Landkreis jährlich für die Verwaltung eine Entschädigung von rund 1,9 Millionen Euro.

    Im Juli 2007 waren im Landkreis Würzburg 2721 Personen arbeitslos gemeldet. Das entspricht einer Quote von 3,2 Prozent. 1772 bezogen Arbeitslosengeld I, 949 Arbeitslosengeld II. Im Juli 2006 lag die Quote bei 4,3 Prozent, von 3631 Arbeitslosen bekamen 2455 ALG I, 1176 ALG II.

    Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften (von Hartz II abhängige Einzelpersonen oder Familien) lag im Juli 2007 bei 1967, ein Jahr zuvor bei 2039.

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