Die Gerbrunner Bürger haben entschieden: Der Bebauungsplan für den Apostelweg wird nicht umgesetzt. Das Bürgerbegehren hatte Erfolg. Das Grundstück, auf dem ehemals der evangelische Kindergarten stand, wird demzufolge auch nicht umgewidmet, sondern bleibt im Flächennutzungsplan für gemeindliche Zwecke ausgewiesen.
Bau- und Planungsrecht hat die Gemeinde Gerbrunn über das Gelände im Eigentum der evangelischen Gesamtkirchenverwaltung freilich nicht. „Der Flächennutzungsplan umschreibt die Nutzungen. Und hat keinen Einfluss auf die Eigentumsverhältnisse“, erläutert Bürgermeister Stefan Wolfshörndl. Sein Eindruck war, sagt er, dass das den meisten Bürgern nicht klar war. „Sie haben nicht realisiert, dass es nicht um eine gemeindliche Fläche geht.“ Immerhin hatten Gemeinderat, Verwaltung und evangelische Gesamtkirchenverwaltung sich bis zur Einigung auf den jetzt gekippten Bebauungsplan mehrere Jahre mit den Planungen für das Gelände auseinandergesetzt.
Die Gewinner sehen hier kein Problem. „Der Bürgermeister“, sagt sein Stellvertreter Reinhard Kies (FWG), „kann jetzt durch das Votum der Bürger gestärkt in die Verhandlungen mit der evangelischen Gesamtkirchenverwaltung gehen. Es ist ja jetzt offensichtlich, dass die Bürger mehrheitlich dahinter stehen, dass keine Wohnbebauung dorthin soll“. Und der ehemaligen CSU-Gemeinderat Günter Seufert fügt an: „Mit dem demokratischen Vorgang eines Bürgerbegehren „haben wir das Bürgervotum gestärkt.“
Überrascht vom Erfolg
Insgesamt zeigten sich die Gewinner überrascht und erfreut über den Ausgang der Bürgerabstimmung. „Wir haben nie mit einem solchen Ergebnis gerechnet“, gibt der ehemalige CSU-Gemeinderat Herbert Brand zu. „Ich denke, die Bürger haben auch honoriert, dass wir mit reellen Zahlen argumentiert haben.“ Gräben müssten man nach der Abstimmung in Gerbrunn aber keine zuschütten, sagen die Gewinner. „Denn es sind keine entstanden.
“ Im Gegenteil: „Wenn der Bürgermeister jetzt über die Nutzung des Grundstückes neu verhandelt, kann er auf unsere Unterstützung bauen“, ergänzt Kies. Auch die Initiative „Junge Familie“ in Gerbrunn, mit Jennifer Hartmann an der Spitze, habe schon Mithilfe für weitere Planungen signalisiert.
Jetzt, so die Initiatoren des Bürgerbegehren, solle die Gemeinde die konkreten Wünsche der Bürger am besten mittels eines Bürgerworkshops ausloten. „Damit haben wir doch bisher immer gute Erfahrungen gemacht“, so Kies.
Für Wolfshörndl liegt der Ball jetzt aber erst einmal bei der evangelischen Gesamtkirchenverwaltung. Bürgervotum hin oder her: „Ich glaube nicht, dass wir das Grundstück so einfach haben können.“ Schon gar nicht für den sprichwörtlichen „Appel und n'Ei“. Schließlich handle es sich um eine Fläche in bester Lage mitten in Gerbrunn.
Für ihn hat jetzt erst einmal der Hartplatz der Schule Vorrang. „Dessen Sanierung ist in jedem Fall fällig und wir müssen jetzt überlegen, wie wir das angehen und vor allem finanzieren können.“
Geringe Wahlbeteiligung
Gemeinderatsmitglied Thomas Trefzger und Gerhard Müller (beide Bündnis 90/Die Grünen), deren Ortsverband sich wie die SPD in Gerbrunn hinter das Ratsbegehren gestellt hatte, zeigen sich enttäuscht über die geringe Wahlbeteiligung. Mit 1534 von 4975 Wählern lag sie gerade mal bei 30,83 Prozent.
„Ergebnis ist Ergebnis“, lautete Müllers Statement in den sozialen Medien, dem sich Trefzger anschließt. „So ist die Demokratie, also wird es so gemacht, auch wenn es 70 Prozent der Gerbrunner Wähler nicht interessiert hat.“
Was die Zukunftsprognose angeht, liegt er nicht weit weg von Wolfshörndl, dessen erste Zusammenfassung lautete: „Die Bürger haben den Stillstand gewählt.“ Müller ergänzt: „Nichts wird gemacht - zumindest nicht so schnell . . . Am Ende haben wir wieder ein paar mehr Parkplätze, das stelle ich mir nicht unter Ortsentwicklung vor.“
„Wir sind enttäuscht vom Ausgang, weil ein mühsam ausgehandeltes Ergebnis, das für alle drei Beteiligten ein Gewinn war, jetzt nicht zum Tragen kommt“, sagt Andreas Kläger, Geschäftsführer der evangelischen Gesamtkirchenverwaltung. Natürlich werden man in naher Zukunft die Gespräche mit der Gemeinde wieder aufnehmen, eine baldige Lösung sieht er nicht. Das Grundstück kostengünstig zu verkaufen, dafür werde man nie das Okay der Kirchenleitung aus München bekommen, so Klaeger.
Wahlergebnis Das Bürgerbegehren war angestrengt worden von den ehemaligen CSU-Gemeinderäten Günter Seufert und Herbert Brand, dem stellvertretenden Gerbrunner Bürgermeister Reinhard Kies (FWG), dessen FWG-Kollegen Wolfgang Stier, Gabriele Golitschek und Norbert Witt. 1051 Wähler (20,13 Prozent aller Stimmberechtigten) oder etwas mehr als ein Fünftel stimmten diesem Antrag zu. 241 waren dagegen. Die abschließende Stichfrage auf dem Stimmzettel kam nicht zum Tragen, weil das Ratsbegehren für die Bebauung mit 449 Ja- und 398 Nein-Stimmen (= insgesamt 847 Stimmen) die für ein gültiges Quorum nötige 20-Prozent Hürde (= 995 Stimmen) nicht schaffte.