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WÜRZBURG: Der Buchladen als eine Multifunktionsadresse

WÜRZBURG

Der Buchladen als eine Multifunktionsadresse

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    Der Sommer-Buchtipp von Petra Pohl: „Letzter Bus nach Coffeeville“ von J. Paul Henderson. „Liebevoll erzähltes Roadmovie, tieftraurig und zum Brüllen komisch: unbedingt lesen!“
    Der Sommer-Buchtipp von Petra Pohl: „Letzter Bus nach Coffeeville“ von J. Paul Henderson. „Liebevoll erzähltes Roadmovie, tieftraurig und zum Brüllen komisch: unbedingt lesen!“ Foto: Foto: Wolfgang Renninger

    Eine Kauffrau im Eisenbahn- und Straßenverkehr eröffnet als Quereinsteigerin im ehemaligen Eisenbahnerviertel einen Buchladen: Was auf den ersten Blick wie ein lustiger Zufall wirkt, entstand aus einer Sinnkrise: „Ich war 39, hatte vier Kinder und beruflich wenig Perspektiven“, erzählt Petra Pohl, die seit 2003 in der Grombühler Matterstockstraße ihre Buchhandlung „erLesen“ betreibt.

    Bücher hatten im Leben des quirligen Organisationstalents schon immer eine wichtige Rolle gespielt, also fiel relativ schnell die Entscheidung für eine Buchhandlung. „In meinem letzten Job hatte ich ein halbes Jahr Kündigungsfrist, die Zeit habe ich zum Klinkenputzen genutzt.“ Die angehende Buchhändlerin besuchte Verlage und Buchhandlungen, fragte, beobachtete und lernte: „Das Schöne in der Branche ist die Begeisterung der Leute für das was sie tun. Niemand hat mir abgeraten, weil ich keine gelernte Buchhändlerin war, alle haben mich bei meinem Plan unterstützt.“

    Von Anfang an war der Kauffrau dabei klar, dass man etwas Besonderes bieten musste. „Die ersten zwei Wochen habe ich jeden Tag Veranstaltungen angeboten: von der Lesung über die Kunstausstellung bis hin zum Salongespräch.“ So hat sich bei auch heute noch um die 40 Veranstaltungen im Jahr relativ schnell die Nische herauskristallisiert, in der das Geschäft funktioniert. Mal kreiert ein Koch von der Steinburg ein Fünf-Gänge-Menü auf der Ladentheke, mal findet im gemütlichen Verkaufsraum ein Minikonzert statt oder man trifft sich beim Kleidertischgespräch. Die Ideen gehen der 51-jährigen dabei nicht aus: Seit einigen Jahren steht in der Würzburger Uni-Klinik auch ein „Buchautomat“, an dem man statt Getränken eine erlesene Auswahl an Büchern ziehen kann.

    „Der Kredit ist abbezahlt, und auch wenn man im Buchhandel nicht reich werden kann – zum Leben langt es“, verrät die gebürtige Würzburgerin. An vielen Schulen ist die engagierte Buchhändlerin gern gesehener Dauergast. Vor allem Kindern mit Leseschwäche nimmt sie sich dabei besonders an. Vom Börsenverein des Buchhandels, dem Dachverband der Buchbranche, erhielt Pohl dafür mittlerweile zum dritten Mal in Folge das Siegel für vorbildliche Leseförderung verliehen.

    Eine besondere Auszeichnung ist der Grombühler Buchhändlerin gerade erst ins Haus geflattert: ihre Buchhandlung ist nominiert für den Deutschen Buchhandlungspreis, der im letzten Jahr vom Staatsministerium für Kultur und Medien erstmals an besonders engagierte Buchhandlungen in ganz Deutschland verliehen wurde. Dotiert ist er mit Preisgeldern zwischen 7000 und 25 000 Euro.

    Das neueste Projekt von Petra Pohl ist eine Kooperation mit verschiedenen öffentlichen Einrichtungen. Dabei bietet sie Jugendlichen einen Praktikumsplatz, um sie beim Übergang aus schwierigen Situationen zu unterstützen. Bei allem Engagement ist aber auch immer wieder „eine Abwägung nötig, wie viel Idealismus ich mir eigentlich leisten kann“, sagt Pohl. „Aber am Ende bekommt man dann auch viel zurück, das ist keine Einbahnstraße.“

    In unserer aktuellen Sommerserie stellen wir zehn Würzburger Buchhandlungen und ihre besonderen Zuschnitte vor. Dazu haben die jeweiligen Inhaber einen Tipp für die Sommer- und Urlaubslektüre.

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