Mit 15 hat er angefangen für den Druckmaschinenhersteller „Koenig & Bauer“ zu arbeiten. Mit 25, während einer Kündigungswelle, verlor Benedikt Schneider seine Stelle. Sehr traurig war er aber nicht. Obwohl ihm sein Job als Schweißer immer gefallen hat, konnte er sich nicht vorstellen, das sein ganzes Leben lang zu machen. „Nach zehn Jahren kennt man alles, die Arbeit wird eintönig und nicht unbedingt aufregend. Die Herausforderungen werden geringer. Ich wollte Abwechslung haben, wissen, wie es woanders ist,“ erzählt der 28-Jährige heute.
Nach knapp einem Jahr auf einem Bauernhof in Grumbach, wo Schneider eine Biogas-Anlage aufgebaut hat, musste er wieder gehen. „Da hat mir mein Chef gesagt, wenn ich mal etwas anderes machen wollte, wäre jetzt ein richtiger Moment,“ erzählt Schneider.
„Je weniger geregelt ist, desto mehr kannst du machen.“
Benedikt Schneider aus Mühlhausen
Und das wollte er: „Ich habe mir immer gedacht, ich will um die Welt reisen,“ so Schneider. Obwohl er mit seinen drei Schwestern auf einem Bauernhof im Mühlhausen bei Estenfeld aufgewachsen ist, legten seine Eltern viel Wert darauf, dass die Kinder ihre Augen offen halten, sich umschauen. „Meine Schwestern waren oft unterwegs, auch ich war viel auf Reisen. Da ich aber mit 15 angefangen habe zu arbeiten, konnte ich seitdem nie länger als vier Wochen am Stück frei haben. Das war mir zu kurz. Ich wollte das länger ausleben.“
So hat der Mühlhäuser nur vier Tage überlegt, bevor er seinen Rücksack gepackt, und im Frühjahr 2012 zunächst Unterfranken gegen die Alpen in der Schweiz getauscht hat. 100 Tage lang, 16 Stunden am Tag, hat Schneider dort mit zwei Freunden Kühe gehütet und Käse gemacht. „Die Arbeit war sehr anstrengend aber auch wunderschön: Du bist in den Bergen, mitten im Nichts, überall ist frisches Wasser, das man trinken kann, du wohnst ganz einfach in den Holzhütten – das ist sehr idyllisch.“
Nachdem die Saison zu Ende war, kam Schneider wieder nach Deutschland. Allerdings nicht für lange. Denn sein neues Ziel hieß Spanien. Von Barcelona über Sevilla und Granada kam er nach Teneriffa: „Eigentlich wollte ich nach einem Segelboot suchen, das mich nach Südamerika mitnimmt, nur habe ich auf der Insel das Klettergebiet gesehen und meine Pläne geändert.“
Geklettert ist Schneider schon in Würzburg. Auf Teneriffa hat er sein Hobby zum Job gemacht: „Ich bohre und erschließe eine Schlucht zum Klettern und finanziere mich durch Sponsoring.“ Zur Einweihung des Klettergebiets organisierte Schneider Ende Februar das erste internationale Klettertreffen auf Teneriffa. Seine Arbeit macht ihn zufrieden. „Ich bin immer in der Natur, die Plätze hier sind sehr sauber und beeindruckend, die Felswände bis zu 100 Meter hoch und wenn man oben ist, hat man einen Super Ausblick. „Ab und zu habe ich schon Angst, aber mit dem Klettern baue ich sie auch ab. Das hilft mir in meinem ganzen Leben,“ erklärt Schneider.
Seinen Urlaubt verbringt der heutige „Teneriffaner“ in der Heimat. Zwei bis drei Mal im Jahr ist er in Deutschland. „Es ist sehr schön, wenn ich in Mühlhausen oder Würzburg bin. Man kennt jeden Baum, jede Ecke. Auch meine Freunde sind hier. Sie fehlen mir auf jeden Fall in Spanien.“
Trotzdem kann er sich sein Leben in Deutschland im Moment nicht vorstellen: „Auf Teneriffa lebe ich viel freier und selbstbestimmter.“ Auch mit Spaniern versteht er sich ganz gut. Und das nicht nur, weil er schon nach einem Jahr im Land die Sprache gelernt hat: „Die Leute hier sind viel offener. Wenn in Deutschland jemand Bus fährt, schauen alle aus dem Fenster, bloß nicht den Nachbarn anschauen und ansprechen. Hier ist es andersrum. Dieser Umgang miteinander gefällt mir. Nur sind Spanier sehr unpünktlich. Das macht mich wahnsinnig.“
Aber genau diese kulturellen Unterschiede machen sein Leben interessant. Auch das, womit auf den ersten Blick nicht jeder Deutscher klarkommt, weiß Schneider zu schätzen. Vom Naturschutz haben Teneriffaner ein ganz anderes Verständnis: Müll werde nicht getrennt, Kanalisation gäbe es nicht. Genauso wie Isolierung in den Häusern. „Alles ist nicht so qualitativ hochwertig wie in Deutschland. Aber genau das gibt einem viel Freiheit. Je weniger geregelt ist, desto mehr kannst du machen,“ so Schneider.
Ob er irgendwann wieder in die Heimat zieht, weiß Schneider noch nicht. „Hätte ich Kinder, wäre ich schon gerne zu Hause. In Spanien merkt man die Krise nicht nur in den Köpfen,“ sagt er. So seien die Toiletten in den Schulen abgeschlossen, da es kein Geld für das Reinigungspersonal gäbe. Die Eltern putzen sie selbst, damit die Kinder sie benutzen können. „Vor kurzem hat eine Elterngemeinschaft einen Laden überfallen und Schulsachen gestohlen. Sie haben einfach kein Geld für Blöcke und Rücksäcke. In Deutschland ist die Situation auf jeden Fall besser.“
Auf Teneriffa bleibt Schneider spätestens bis April. Danach geht er wieder auf die Suche nach schönen Kletterwänden bei Cadiz auf dem Festland. Nur mit Spanien möchte er sich nicht einschränken: „Mich persönlich interessiert Marokko sehr. . .“