Waldemar Zorn betont auffällig oft, wie wenig ihm die Attacken der Christusfreunde vom UL ausmachen. Die nehme er "nur noch emotionslos zur Kenntnis", schrieb er kürzlich.
Emotionslos? Das mag man glauben, die Gestik Zorns deutet auf massive Gefühlswallungen hin. Die Christusfreunde jedenfalls, die sich Anhänger der Bergpredigt nennen und sich ihrer Friedfertigkeit und Sanftmut rühmen, haben Zorn immer wieder rüde attackiert. Ein Volksaufwiegler sei er, ein Rechtsbrecher, der sein Amt missbrauche, ein "Rädelsführer der Diskriminierung", ein "Inquisitionsmeister". Zorn schwieg lange. Schwieg sogar, als der Vorsitzende des UL-Trägervereins, Gert-Joachim Hetzel, in einem Atemzug mit der Krebserkrankung des Landrat Namen von "ebenfalls in der Versenkung verschwundenen" UL-Kritikern aufzählte.
Nach Jahren bricht Zorn sein Schweigen. Äußerer Anlass ist der Antrag dreier Landwirte von Gut Greußenheim auf Neubildung einer Gemeinde (wir berichteten). Die werde es "niemals" geben, sagt Zorn und erläutert, dass die Voraussetzungen der bayerischen Gemeindeordnung für einen solchen Schritt nicht gegeben sind. Weder würden die umliegenden Gemeinden zustimmen noch lägen dringende Gründe des öffentlichen Wohls vor.
Zorn glaubt den Sinn des Antrags zu kennen. Rechtsunkundigen solle vorgegaukelt werden, der Freistaat verweigere dem UL aus weltanschaulichen Gründen die - rein theoretisch - mögliche Bildung einer eigenen Gemeinde. So solle der Zusammenhalt innerhalb "der Organisation" gestärkt werden, ist Zorn überzeugt.
Amt missbraucht
Weiterer Anlass für Zorns plötzlichen Zorn ("Das lasse ich nicht auf mir sitzen") ist der kürzlich wiederholte Vorwurf, er habe als Bürgermeister von Hettstadt vom Verwaltungsgericht Würzburg mit Geldbußen zur Raison gebracht werden müssen, "als er sein Amt zur Hetze gegen Kirchenaussteiger missbrauchte". Zorn hatte zunächst geantwortet: Eine solche gerichtliche Verurteilung gibt es nicht.
Die Vorgeschichte: Im August 1993, auf dem Höhepunkt des Streits um die Ansiedlung von UL-Anhängern in Hettstadt, hatte das Verwaltungsgericht Würzburg dem damaligen Hettstädter Bürgermeister Waldemar Zorn einen Maulkorb umgehängt und ihm Äußerungen untersagt wie die, beim UL handele es sich um eine wirtschaftliche Organisation mit religiösem Deckmantel, und hinter der UL-Prophetin Gabriele Wittek stehe eine kleine Riege von Geschäftemachern. Begründung der Juristen: Vertreter von Gemeinden sind zur religiösen und weltanschaulichen Toleranz verpflichtet.
Die Christusfreunde verteilten vor Wochenfrist Flugblätter, in denen sie aus einem Beschluss des VG Würzburg vom April 1995 zitieren. Demnach musste die Gemeinde Hettstadt dreimal Ordnungsgeld von zusammen 22 500 Mark (11 250 Euro) zahlen, weil sich Zorn nicht an die richterliche Anordnung hielt.
Der verteidigt sein damaliges Verhalten im Gespräch mit dieser Zeitung nachdrücklich: Er musste in Interviews mit den Medien Klartext reden, sagt er heute, um zu verdeutlichen, warum die Gemeinde die massierte Ansiedlung der Christusfreunde zu verhindern suchte. "Das war auch gut so", meint Zorn rückblickend, "auch wenn es die Gemeinde Geld gekostet hat". Der Gemeinderat habe das auch so gesehen.
Zorn sieht sich durch den Lauf der Ereignisse bestätigt. Nur durch beharrliches Argumentieren sei es schließlich gelungen, die UL-Siedlung in Hettstadt zu verhindern. "Wenn ich heute die Entwicklung in Greußenheim sehe . . . ", sagt Zorn schließlich und rollt bedeutungsvoll mit den Augen. Natürlich ganz emotionslos.