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Der Schwan und ein Millionen-Scheck

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Der Schwan und ein Millionen-Scheck

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    Der Macher: Der Würzburger Kaufmann Rudi May heute vor „seinem“ Kaufhaus am Mainufer, das erst im Jahr 1978 errichtet wurde.
    Der Macher: Der Würzburger Kaufmann Rudi May heute vor „seinem“ Kaufhaus am Mainufer, das erst im Jahr 1978 errichtet wurde. Foto: Foto: Herbert Kriener

    Die wenigsten Menschen, die heute am neuen Mainkai in Würzburg zwischen Alter Mainbrücke und Löwenbrücke spazieren und das neue Sahnestück Würzburgs mit Blick über den Main zur Festung genießen, können erahnen, welches städtebauliche Drama sich hier in den 70er Jahren abgespielt hat. Vor 35 Jahren hat der Stadtrat die Neubebauung des Schwanengeländes beschlossen und so den Weg freigemacht für das heutige Kaufhaus Wöhrl Plaza.

    Es ist nicht nur die (fast) unendliche Geschichte der größten Nachkriegs-Baustelle der Stadt, es ist auch die abenteuerliche und bisher nie veröffentlichte Geschichte des Würzburger Kaufmanns Rudi May, in der ein Scheck über sieben Millionen Mark eine entscheidende Rolle spielt.

    Vorausgegangen waren 25 Jahre Diskussion im Stadtrat, Beschlüsse und immer wieder neue Planungen. Bis zur Zerstörung durch britische Bomber 1945 hatte das Ufergelände aus 15 Wohn- und Geschäftshäusern bestanden, die eine lebendige, abwechslungsreiche und doch homogene Front zum Main hin bildeten, eben ein typischen Stück des alten Würzburg. Dominierendes Glanzstück war das „Hotel zum Schwan“, seinerzeit die erste Adresse in der Stadt. Von dem Prachtbau aus dem 19. Jahrhundert blieb nur das Schwanentor, das einst Teil der mittelalterlichen Stadtmauer war.

    Ein Hochhaus am Main

    Die Frage, ob man dieses Hotel im historischen Stil wieder errichten könnte, hatte sich der Stadtrat 1952 gestellt, doch ein Investor ließ sich dafür nicht finden. In dieser Zeit hatte der Münchner Bankier und Milliardär Baron August von Finck das Gelände von der Stadt erworben und die Verwertung einer „Frankenland Vermögensverwaltungs-Gesellschaft mbH“ überlassen. Doch das einzige, was sich zunächst tat, war 1963 die Entrümpelung des Geländes, das dann für die nächsten 15 Jahre als Parkplatz diente.

    Der Stadtrat beschäftige sich derweil mit immer neuen Entwürfen einer „modernen“ Bebauung und Nutzung. Im Jahr 1969 kam der amerikanische Hotelkonzern „Holiday Inn“ ins Spiel, der neue Planskizzen für ein repräsentatives Hotel vorlegte; doch die Pläne zerschlugen sich. Im gleichen Jahr präsentierte die Karstadt AG ein Modell eines Kaufhauses mit einem 13-geschossigen Hotelturm. Für den Stadtrat unter dem damaligen Oberbürgermeister Helmuth Zimmerer war offensichtlich auch eine solche Verschandelung des historischen Stadtbildes nur eine Frage der Finanzierbarkeit.

    Getan hat sich allerdings nichts, außer dass nun der Widerstand in der Bevölkerung über die von der Stadt vorgelegten Bebauungsmodelle entfacht war. Schärfster Kritiker wurde der „Initiativkreis zur Erhaltung historischer Denkmäler in Würzburg“.

    Die 1970er Jahre brachten unter dem neuen Oberbürgermeister Klaus Zeitler neue Vorschläge, unter anderem eine Freizeitanlage als „multifunktionales Aktionszentrum“. 1972 wurde sich eine Bankengruppe mit der Frankenland GmbH einig: Sie will ein 200-Betten-Hotel, Läden, Wohnungen für 40 Millionen Mark errichten. Der Stadtrat erteilt 1973 die Genehmigung – doch auf dem Schwanengelände geht wieder nichts voran.

    Bewegung in die verfahrene Sache kommt 1975 mit dem Würzburger Kaufmann Rudi May. Er hatte sein Büro damals in der Domstraße mit Blick auf das Schwanengelände, auf dem er auch sein Auto parkte.

    Als im Stadtrat wieder einmal über das Grundstück diskutiert wurde, ergriff er von sich aus die Initiative. „Ich war der Überzeugung, dass nur ein großer Kaufhauskonzern die Finanzierung und Nutzung eines so großen Projektes mit 12 000 Quadratmeter Nutzfläche in den Griff kriegen würde“, erinnert er sich. So hat er auf gut Glück einmal bei Hertie in Frankfurt angerufen. Noch in der gleichen Woche, an einem Freitag um 9 Uhr, bekam er einen Termin beim Finanzvorstand des Konzerns.

    Gerade einmal zwei Stunden dauerte das Gespräch. May hatte dem Finanzvorstand klargemacht, dass die Zeit dränge, weil auch andere Konzerne am Objekt interessiert seien. „Dann kaufen Sie das Grundstück halt“, meinte der. Doch so viele Geld konnte der junge May damals auf die Schnelle nicht auftreiben. Da hat der Finanzvorstand bei der Bundesbank einen Scheck über sieben Millionen Mark angefordert. Mit dem Scheck als vorgestrecktes Darlehen in der Jackentasche verließ May um 11 Uhr die Hertie-Zentrale.

    Noch am Samstag war Notartermin in Würzburg. Die Frankenland GmbH übernahm das Grundstück, und May erwarb mit den sieben Millionen die GmbH. Die Rückzahlung des Darlehens war mit Hertie über einen 25-jährigen Pachtvertrag geregelt worden.

    Star-Architekt aus München

    Weil May die hilflosen Planungen der Stadt und den wachsenden Widerstand in der Bevölkerung lange miterlebte, war für ihn klar, dass es für eine stadtbildverträgliche Lösung den besten Architekten brauchte. So gewann er als Planer des Kaufhauses den Münchner Star-Architekten Alexander Freiherr von Branca, der Aufsehen erregende Projekte in ganz Deutschland wie die Neue Pinakothek in München errichtet hatte. Dennoch dauerte es noch drei Jahre, bis 1978 der Stadtrat die Baugenehmigung erteilte.

    Mit dem Kaufhaus Hertie, das mainseitig von einer imposanten, 160 Meter langen und vier Meter hohen Mauer aus Bruchsteinen getragen wird, konnte die Stadt einen wichtigen Teil des Hochwasserschutzes verwirklichen – und bekam zusätzlich 300 Parkplätze. Ohne Kritik blieb auch dieses Bauwerk nicht. Der „Spiegel“ etwa sprach damals von „Konsum-Burg hinter falschen Giebeln“. Für sein Werk am Main ist von Branca später mit dem Europäischen Architekturpreis Europa Nostra ausgezeichnet worden.

    Dass Hertie in Würzburg nur wenige Jahre durchhielt, dass May dem Konzern das Objekt zunächst verkaufte und dann Hertie mit dem Nürnberger Modehaus Wöhrl einen neuen Käufer vermittelte, das ist schon eine Geschichte der 80er Jahre.

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