Spargelbauer Georg Kuhn stemmt sich gegen den kalten Wind, watet durch das Wasser. Am anderen Ende des drei Hektar großen Feldes erhebt sich der Kirchturm von Allersheim, dem Dorf, in dem Familie Kuhn seit 1995 erfolgreich ihren eigenen Spargel vertreibt. Und ihre Erdbeeren. Doch an die süßen Sommer-Früchtchen mag man an diesem kalten Morgen nicht mal denken.
Georg Kuhn, der als „Spargel-Schorsch“ für seine Ware wirbt, ist seit 4.30 Uhr auf den Beinen. Wenn die Sonne aufgeht über dem Ochsenfurter Gau, haben Schorsch (53) und seine Frau Elvira schon viel erledigt. Zwanzig Kleintransporter sind dann mit den Spargel-Stangen beladen und stehen spätestens um 5.30 Uhr zur Abfahrt zu den eigenen Ständen und Märkten in der Region bereit.
Ob schwere Gourmet-Stangen oder schlanke Fitness-Stängle – die Kunden haben in nur wenigen Stunden wieder die Qual der Wahl. Wer richtig schlemmen will, greift zum Gourmetspargel, muss dafür zur Zeit allerdings auch acht Euro pro Kilo berappen. Die Bedingungen für den Spargel sind schlecht. Es ist zu nass und zu kalt. Ernte und Verkauf laufen gerade erst an. Schleppend. Dennoch: „Manche Kunden kommen jeden Tag“, weiß Verkaufstalent Hilde Ruchser, die jedes Jahr den Verkaufsstand auf einem Parkplatz an der B 19 betreut. Vierzehn Stände zwischen Würzburg und Wertheim gehören dem Spargel-Schorsch, müssen betreut werden. Gerade kommt ein Anruf aufs Feld, Kuhn klemmt das Handy ans Ohr. Die Waage am Stand in Würzburg hat ihren Geist aufgegeben. Kuhn erklärt, wie man die Batterien wechselt. Währenddessen überreicht Hilde Ruchser auf dem Parkplatz an der B 19 ihrer Kundin Ulrike Hennig das Abendessen in einer Spargel-Schorsch-Plastiktüte. „Kartoffeln gibt es dazu, für die Kinder Schnitzel“, sagt Ulrike Hennig und stemmt sich genau wie Georg Kuhn ein paar Kilometer weiter gegen eine heftige Windböe.
Die Arbeiter auf dem Feld draußen kommen aus Rumänien. Nicht nur die Sprache ist ihnen fremd, auch das Gemüse, das sie seit 6.30 Uhr fleißig und schweigend stechen. Sechs Euro und fünfzig Cent gibt es pro Stunde Grundlohn. Wer besonders gut arbeitet, bekommt eine Prämie. Die Arbeit ist hart und mit deutschen Kräften offenbar nicht machbar. „In unseren Köpfen ist eine ganz andere Arbeitsstruktur verwachsen“, sagt Kuhn. Für seine Familie bricht mit dem Beginn der Ernte die härteste Zeit im Jahr an. Abendbrot gibt es nicht vor 22 oder 23 Uhr. Was es gibt, ist klar: Spargel. „Den kann man wirklich jeden Tag essen“, meint der Mann, der vor zwölf Jahren auch die skeptischsten Experten mit seinem Spargel in Erstaunen versetzt hat. „Unser schwerer Boden im Gau ist eigentlich nicht für Spargel geeignet, alle haben abgeraten. Durch den hohen Anteil an Mineralstoffen bestand ein hohes Risiko, dass der Spargel bitter schmeckt.“ Doch weit gefehlt: Kunden im Umkreis von fünfzig Kilometern reisen Jahr für Jahr an, loben den Geschmack des Gauboden-Spargels, erzählt Kuhn.
„Das hätte auch schief gehen können“, gibt der Spargelschorsch jetzt zu und balanciert durch das teilweise zwanzig Zentimeter hoch stehende Wasser zu Josef, zeigt ihm, wie man die Folie anheben muss, damit keine Spargelköpfe abgerissen werden.
Josef ist der Vorarbeiter der insgesamt 40 Erntehelfer. Zwanzig von ihnen sind heute im Einsatz, arbeiten schweigend tief über die Spargel-Köpfe gebeugt. Mehr Bedarf an Personal besteht noch nicht. Leider. „Die Arbeiter und auch die Verkäuferinnen stellen sich auf eine bestimmte Zeit ein. Jetzt verschiebt sich alles nach hinten.“
Das kann sich aber schnell ändern. Mit der Sonne bricht Jahr für Jahr geschäftiges Treiben aus. „Dann brauchen wir jede Hand“, sagt Kuhn. Wenn die Temperatur unter den Folien zwanzig Grad erreicht, gerät der Spargel außer Rand und Band. Große Hitze indes wäre wieder ein Problem. „Dann müssen wir die schwarzen Folien, die jetzt noch unter den Tunneldächern verborgen sind, umdrehen - die weiße Seite ist zum Schutz gegen die Sonne gedacht“, erklärt Kuhn. Perfektes Wetter gibt es eben nur selten. Vergangenes Jahr war so eine Ausnahme. „Da haben wir Spargel und Erdbeeren Anfang Mai gleichzeitig verkaufen können.“
Am Wochenende kommen Kuhns Söhne, die beide studieren, nach Hause. Wasser abpumpen auf den Feldern ist angesagt. Und was bei den angekündigten milden Temperaturen ab nächster Woche auf dem Spargelhof abgeht, ist schon klar: Schaffen bis zum Umfallen.