Fast 25 Jahre begeisterte Peter Lustig die großen und kleinen Fernsehzuschauer mit seiner Sendung Löwenzahn. Mittelpunkt und unübersehbar war dabei sein Bauwagen, in dem er wohnte und seine teils skurrilen Gerätschaften baute. Wer sich Träume bewahren kann und das nötige Kleingeld gespart hat, der kann jetzt auf Lustigs Spuren wandeln. Die Wagen-Manufaktur bietet das Rüstzeug dafür. Seit 2011 schweißen und zimmern Joachim Boehm und drei Kollegen Bauwagen zum drin Wohnen. Bisher in Kirchheim, ab Januar in Uettingen.
„Wir bauen Bauwagen, schöne Bauwagen aus Holz“, sagt Boehm mit einem Lächeln. „Im Prinzip könnte man sagen, das ist das ja nichts anderes als ein viereckiger Kasten. Aber jeder bekommt seinen eigenen Stil.“ Die Wagen werden samt Fahrgestell von Grund auf neu aufgebaut, wie es sich der Käufer vorstellt. Außer Boehm selbst arbeiten eine Zimmerfrau, ein Schlosser für die Metallgestelle und ein Elektrotechniker mit im Team der Wagen-Manufaktur.
„Zu unserer Kundschaft zählen neben Kommunen oder Privatleuten auch Waldkindergärten, die so einen Wagen für ihre tägliche Arbeit nutzen. Oft ist es auch einfacher und leichter möglich, sich so einen Wagen auf das Grundstück zu stellen. Für ein festes Gartenhäuschen braucht man ja immer eine Genehmigung“, erzählt Boehm. „Auch Aussteiger, die jetzt einfach einmal etwas tun möchten, was sie schon lange vorhatten, sind mit dabei.“
„Oft rufen Leute an, die haben ,im Internet' gesehen, dass wir ,total schöne Wagen bauen'. Meist gibt das dann sehr viele und lange Gespräche, was sie alles haben wollen und was in den Wagen rein soll“, erzählt er. „Doch wenn sie dann hören, was das kostet, hat es sich meist austelefoniert. Das ist aber eben alles Handarbeit, massives Holz, kein Pressspan, die Böden aus Kork – und das hat seinen Preis.“
Inzwischen kommen übers Internet Anfragen aus der Schweiz, Österreich, Schweden oder England. Auch Mundpropaganda sorgt für neue Anfragen und Aufträge. „Unsere bisherigen Kunden sind keine Unbekannten in der Gesellschaft“, sagt Boehm, Namen will er aber nicht nennen. Auch über die Auftragslage der Wagen-Manufaktur schweigt er: „Wir haben zu tun“, ist das einzige, was er mit einem Lächeln verrät.
Alle Wagen sind bis auf das Fahrgestell aus Holz, außen aus wetterfester Douglasie, innen aus duftender Fichte, gedämmt wird mit Holzfaserdämmstoff. Gut zwölf Wochen dauert der Bau eines großen Wagens, „Die Kleinen gehen schneller“, sagt Boehm. Einen „Kleinen“ mit drei Metern Länge und drei Wochen Bauzeit, gibt es ab 7000 Euro, bei den großen liegen die Preise höher. Wie hoch, will er nicht beziffern, „das hängt von den Wünschen der Kunden und der Ausstattung ab“.
Vor wenigen Tagen haben die Wagenbauer einen „Großen“ fertig gestellt. Es war ihr bislang größtes Projekt. Zehn Meter lang, 2,40 Meter breit, an den Stellen, an denen der alkovenartige Auszug für das Bad mit Dusche und die Schlafnische mit dem großen Bett ausgefahren ist, sogar über vier Meter breit. Ausgestattet mit allem: Einer kleinen Küche mit Gasherd und Spüle und einem elektrischen Boiler für Warmwasser, Essecke und Sitzplatz, einem Holzofen mit außen liegender Belüftung und einer Umluftanlage mit Wärmerückgewinnung aus dem Yachtbau. Auf dem Dach sorgt eine Solaranlage für Strom, für Zu- und Abwasser gibt es extra Tanks.
„Das ist etwas für Individualisten, Menschen die gerne draußen sind“, weiß Boehm. „Dieser Kunde will den Wagen auf sein Grundstück stellen, weil die Kinder das Haus übernehmen und er in den Garten zieht.“ Die Wagen könnten theoretisch mit 25 Stundenkilometern von normalen Ackerschleppern gezogen werden, wurden bislang aber immer mit Tiefladern abgeholt. „Bei einem normalen Auto würde die Kupplung kaputt gehen, so ein Wagen wiegt zwischen 1,4 und acht Tonnen.“
Zum Wagenbau kam der Vater von zwei Kindern eher zufällig. „Ich habe Zimmermann gelernt, war dann im Spielplatzbau beschäftigt.“ Vor drei Jahren hat er sich selbst einen Wagen gebaut. „Den hat jemand gesehen und mich an einem feuchtfröhlichen Abend überredet, ihn an ihn zu verkaufen. Da ist die Geschäftsidee entstanden“, erzählt er.
Feucht und kalt
Im Augenblick wird alles für den Umzug gepackt. Ab Januar soll es in Uettingen weitergehen. „In der geheizten Halle können wir den Winter durcharbeiten, das ging in Kirchheim nicht.“ Denn so romantisch das Kirchheimer Gelände in einem alten Steinwerk auf dem ersten Blick auch wirkte, auf den zweiten war es zugig, feucht und kalt.
Wenn für das ganze Jahr über Aufträge vorliegen, sind etwa fünf bis sechs Wagen in reiner Handarbeit möglich. „Wir wollen uns immer nur auf einen Wagen auf einmal konzentrieren, das ist die uns eigene Note“, sagt der Wagenbauer. „Jeder Wagen ist ein Einzelstück.“