L- etzte Woche wurde bei mir zu Hause für ein paar Stunden das Wasser abgestellt. Es traf mich unvorbereitet. Schmutziges Geschirr türmte sich in der Spülmaschine, die Gießkanne war leer und ich konnte mir nicht einmal die Hände waschen. Ich ärgerte mich. Dann überlegte ich aber, wie unsinnig dieser Unmut doch war: Die ärmeren Länder unserer Welt müssen mit einem winzigen Bruchteil des Wassers auskommen, das bei uns täglich durch die Leitungen rauscht.
Vor kurzem erst kam ich aus Laos zurück. Dort ist es ganz normal, fließendes Wasser nur morgens und abends für wenige Stunden zu haben. Damit konnte ich mich arrangieren, weil ich wusste, dass es in diesem Teil der Erde eben zur Normalität gehört. Ich erinnerte mich an den Reisbauern, der dankbar für den kleinen Bach auf seinem Land war und so seine Felder bewässern konnte.
Viel bedrohlicher ist die Situation in Afrika. Ich lernte Amadou und seine Familie in einem winzigen Dorf im Niger kennen. Die Frau muss mit den beiden Töchtern täglich kilometerweit laufen, um Wasser aus dem Fluss zu holen. Zum Trinken, Kochen, für die Tiere, und wenn etwas übrig bleibt, dann auch zum Waschen. Wasser holen ist hier Frauensache. Ihr Tageswerk besteht darin, das Nass in Tonkrüge zu füllen und auf dem Kopf nach Hause zu transportieren.
2003 wurde offiziell zum "Jahr des Süßwassers" erklärt. Ein paar Zahlen dazu: Immer noch sterben jährlich vier Millionen Kinder an Durchfall nur deshalb, weil sie verschmutztes Wasser trinken müssen. Jeder dritte Erdenbürger lebt in einem Land, in dem Dürreperioden zum Alltag gehören. Welche Ausmaße wird das wohl erst in 20 Jahren haben, wenn rund drei Milliarden Menschen mehr auf unserer Erde sind? Länder führen Krieg um Seen und Flüsse. 1,3 Milliarden Menschen haben überhaupt keinen Zugang zu Trinkwasser. In vielen Ländern muss Wasser daher vor dem Verzehr erst abgekocht werden. Auch dann, wenn es aus dem Wasserhahn kommt.
Weltweit werden jeden Tag zwei Millionen Tonnen Abfälle wie Hausmüll und Chemikalien in Flüsse und Seen gekippt. Eine einzige Toilettenspülung in Deutschland verbraucht so viel Wasser, wie eine Person in einem Entwicklungsland pro Tag für Waschen, Trinken und Kochen zur Verfügung hat. (Rund 70 Prozent der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt. Mehr als 97 Prozent des Wassers sind Salzwasser, nur 2,53 Prozent Süßwasser. Davon sind wiederum zwei Drittel in Gletscher und ständiger Schneedecke gebunden.) Wenn sich der Umgang mit dem wertvollen Rohstoff nicht bald ändert, wird in 20 Jahren die halbe Weltbevölkerung unter Trockenheit und verschmutztem Trinkwasser leiden - die größte Bedrohung, der die Menschheit je ausgesetzt war.
Wieder fällt mein Blick auf die Spülmaschine. Einfach lächerlich, sich aufzuregen!