Riedenheim-Oberhausen Zum letzten Mal springt der Vorsitzende des Fallschirmsportspringerclubs Oberhausen (FSO), Franz Scheuermann, auf die inmitten von Feldern liegende Grasfläche. Anders als im Mai 1992, als er mit einem Sprung aus luftiger Höhe den Platz eingeweiht hat, ist sein Gesicht an diesem Tag so bewölkt wie der Himmel über ihm. Für den FSO und die Mitglieder, die sich hier versammelt haben, geht mit dem „Schluss-Springen“, eine Ära zu Ende.
Eine Flugplatz im Rübenfeld
Flugzeuge, die hier inmitten von Getreide- und Zuckerrübenfeldern gestartet sind, unzählige Sportler, die, an bunten Schirmen hängend, hier landeten – das gehört seit wenigen Tagen der Vergangenheit an. Ebenso wie die zahlreichen Veranstaltungen, die Massen von Besuchern auf den Platz zwischen Riedenheim und dem Weiler Oberhausen gelockt haben. Nach 25 Jahren gibt der FSO sein Sprunggelände auf. Als Grund nennen Franz Scheuermann und Jugendleiter Markus Scheuermann die überhöhte Pachtforderung eines der insgesamt drei Grundbesitzer.
Drei Hektar Land hat der FSO für sein Sprunggelände gepachtet, berichtet Franz Scheuermann, darunter das rund 0,7 Hektar große Grundstück eines Riedenheimer Landwirts. Mit einer Länge von 280 Metern ist dieses Grundstück entscheidend dafür, dass das vereinseigene Flugzeug auf dem Gelände starten und landen kann.

Für den Verein nicht aufzubringen
Die Pacht, die der Eigentümer inzwischen dafür verlangt, sei doppelt so hoch wie die gängigen Pachtpreise für normales Ackerland. Das sei „völlig unwirtschaftlich und für den Verein nicht aufzubringen“, so der Vorsitzende, zumal des FSO gerechterweise auch den anderen beiden Verpächtern einen höheren Preis bezahlen müsste.
Der Pachtvertrag war bereits im Vorjahr ausgelaufen. Der Verein hat sich seitdem mit einem Provisorium beholfen. Wie Pilot Franz Scheuermann erklärt, kann das Flugzeug auf der verkürzten Fläche nur ohne Passagiere starten. Deshalb sind die Springer mit dem Kleinbus nach Giebelstadt gependelt, um sich von dort aus in die Luft bringen zu lassen.
Gleichzeitig wurde „hin und her überlegt“, so Scheuermann, immer in der Hoffnung auf ein glückliches Ende. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt und jetzt, wo die Entscheidung gefallen ist, ist Franz Scheuermann auch ein wenig erleichtert, dass die Ungewissheit ein Ende hat.
"Eine halbe Sau nützt mir nichts"
Der FSO braucht den den Platz aber, und zwar den ganzen, um seinen Sport weiter in Oberhausen betreiben zu können. „Eine halbe Sau nützt mir nichts“, meint der 33-jährige Markus Scheuermann. Er begrüßt, dass jetzt ein Schnitt gemacht wurde, und ein Neuanfang vor dem FSO liegt. Ein neues Domizil finden die rund 60 aktiven Mitglieder beim Aero-Club in Rothenburg ob der Tauber. In dem Club, der Motorflug, Segelflug und Ultraleichtflug betreibt, sei der FSO sehr willkommen, sagt Markus Scheuermann.

Als Franz Scheuermann in das Flugzeug steigt, um es nach Rothenburg zu überführen, nimmt er auch ein Stück Vereinsgeschichte mit, die ihresgleichen sucht: Durch dem im Jahre 1982 gegründeten Verein, wurde die Gemeinde Riedenheim und ihr 24 Einwohner zählender Ortsteil Oberhausen bis über die Grenzen Europas hinaus bekannt.
Der FSO zähle zu den 20 erfolgreichsten Vereinen weltweit, sagt Franz Scheuermann. Davon erzählen nicht nur die vielen nationalen und internationalen Erfolge, die sein Sohn Markus in den letzten Jahren ersprungen hat. 2009 wurde Oberhausen sogar zum Ausbildungszentrum des Luftsport-Verbandes Bayern ernannt. Da jetzt auch die Verträge mit den zwei weiteren Pächtern ausgelaufen sind, bleibt den Mitgliedern am Schluss noch die Aufgabe, das Flugleitungsgebäude mit seiner gemütlichen Terrasse abzubauen und alle Spuren der 25-jährigen Nutzung zu beseitigen.
Eine eindrucksvolle Geschichte ohne Zukunft
Den Wegzug des FSO bedauern nicht nur die Aktiven, sondern auch der Riedenheimer Bürgermeister Edwin Fries. „Es ist schade, dass diese eindrucksvolle Geschichte hier keine Zukunft hat“, sagte Fries in der jüngsten Bürgerversammlung. Der FSO sei eine Attraktion für Riedenheim gewesen. Ohne die Aktivitäten des Vereins sei die Gemeinde ein Stück ärmer geworden ist.

FSO Oberhausen Mit dem Namen Scheuermann ist der Fallschirmsport in Oberhausen aufs Engste verbunden. Franz Scheuermann senior, der Vater von Franz Scheuermann, war Fallschirmspringer im Zweiten Weltkrieg. Trotz der schlimmen Erlebnisse ließ ihn die Faszination für das Fallschirmspringen nicht mehr los, so dass er auch in seinen vier Söhnen das Interesse für den Sport geweckt hat, die den Virus wiederum auch an ihre Kinder weitergaben. 1982 schließlich wurde der FSO gegründet. Seitdem steht der inzwischen 65-jährige Franz Scheuermann an seiner Spitze. Zur Ausbildung zogen die Mitglieder zunächst zu verschiedenen Sprungplätzen. Als 1986 das Tandemspringen in Deutschland populär wurde, war der FSO einer der ersten Vereine, der Passagieren das Fallschirmspringen ermöglichte. 1989 kaufte sich der Verein ein eigenes Flugzeug und verhalf dem Sprungbetrieb dadurch zu weiterem Auftrieb. 1992 schließlich wurde das eigene Fluggelände in Betrieb genommen und wurde seitdem zu einer festen Einrichtung im Landkreis Würzburg. Zwei Jahre später begann der Verein, mit eigenen Lehrern nach neuester Methode selbst Fallschirmspringer auszubilden. Nach der Anschaffung eines weiteren Flugzeugs im Jahr 2001 ging mit dem Bau der Flugzeughalle 2002 ein lang gehegter Traum in Erfüllung. Diese Halle, die auch nach der Aufgabe des Fluggeländes von der erfolgreichen Vergangenheit des FSO zeugt, dient nicht nur als Flugzeuggarage und Packhalle, sondern auch als Ausbildungsort. Weil sie nicht auf den gepachteten Flächen steht, soll sie diese Funktion auch in Zukunft behalten. Höhepunkt der Vereinsgeschichte Zu den Höhepunkten der Vereinsgeschichte gehörte 2015 die Ausrichtung des ersten Fränkischen Paraballooning , einem Wettkampf, bei dem jeweils ein Ballonfahrer und eine Fallschirmspringer zusammenarbeiten. Bei der zweiten Auflage 2107 erlebten über 5000 Besucher die Faszination von Fallschirm- und Ballonsport. hag