Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Landkreis Würzburg
Icon Pfeil nach unten

Die Fasenacht im Herzen

Landkreis Würzburg

Die Fasenacht im Herzen

    • |
    • |

    Sie sind Winzer, Polizeibeamter oder Fußbodenleger; Techniker, Versicherungskaufmann oder Gärtner; Landwirtschaftsdirektor, Mechaniker oder Bankkaufmann, aber an der Erlabrunner Fasenacht sind sie vor allem eins: Musiker. Mit ihrem furiosen Auftritt bei der „Närrischen Weinprobe“ im Hofkeller, die das Bayerische Fernsehen an diesem Freitag um 19.45 Uhr ausstrahlt, betraten die „Erlabrunner Narreköpf“ nun Neuland. Aus der vertrauten Enge ihres Heimatdorfes direkt vor ein Millionenpublikum an den TV-Bildschirmen: „Noch nie war ich so nervös“, sagt Saxophonist Siegfried Kößler.

    Doch alles ging gut: Die Aufzeichnungen an zwei Abenden im Stückfasskeller unter der Residenz bewältigte die Kapelle mit Bravour. Applaus gab's vom Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann genauso wie von Landtagspräsidentin Barbara Stamm oder von Fasnachts-Star Michl Müller, der lobte: „Eine klasse Truppe.“ Die Idee, sie ins Programm der Weinprobe zu holen, kam Bernhard Schlereth. Der Präsident des Fränkischen Fasnachtsverbandes erlebte die Musiker 2010 bei einem Auftritt in Erlabrunn. Seit zehn Jahren sorgt die Fasenachtsbesetzung der 1973 gegründeten Jugendblaskapelle bei den Prunksitzungen der „Narrekröpf“ für ausgelassene Stimmung, nun blieb Schlereth mit Klaus Körber in Kontakt. Der zweite Bürgermeister spielt Saxophon und gilt als geistiger Vater hinter den Faschingsauftritten der Erlabrunner Musiker. Sein Motto: „Wenn blöd, dann g'scheit blöd.“ Er schrieb auch die Nummer, in der Englisch ins Fränkische übersetzt wird. Da erfährt das närrische Publikum, dass die Erlabrunner „Ten-O'Clock-People“ sind, also zehn Ureinwohner, und wer „Pipi Cut“ war: Tilman Riemenschneider. Gepaart mit ihrer fetzigen Musik überzeugte die Kapelle ein Gremium des BR und des Fasnachtsverbandes bei einem Probetermin im November. Für die TV-Macher wurde auch der Name „Erlabrunner Narreköpf“ erfunden. „Das passt zu uns. Uns liegt die alte Fasenacht am Herzen, wir wollten keine Masken von der Stange“, sagt Körber, „wir sind ja alle mit dem Straßenfasching groß geworden“.

    In der Tat ist es eine Besonderheit des kleinen Weindorfs am Main, dass an der Fasenacht verkleidete Gruppen durch den Ort ziehen und in den Häusern um Bewirtung bitten. Einzigartig dabei ist sicher der Auftakt: Am Rosenmontag ist in der St.-Andreas-Kirche ein Dank-Gottesdienst der Feuerwehr und des Gesangvereins. Begleitet wird die Kirchenfeier seit 1976 auch von der Blaskapelle, die die Deutsche Messe spielt. Anschließend führt der Festzug erst zur örtlichen Bäckereifiliale, wo Krapfen verteilt werden, dann zum Weinhaus Flach, wo ein musikalischer Frühschoppen steigt. Auch zur Beerdigung spielt die Kapelle auf und führt am Faschingsdienstag den Zug der traurigen Narren durch das nächtliche Erlabrunn.

    „Ich glaube, das ist eines unserer Qualitätsmerkmale im Fasching“, sagt Frank Kümmet, musikalischer Kopf der Kapelle: „Wir bringen nicht nur Mimik und Komik, sondern können das auch mit fetziger, guter Musik unterlegen, da wir alle einen Schwerpunkt in der konzertanten Ausbildung hatten. Diese Kombination gibt es selten.“

    Da liegt der Vergleich zur Altneihauser Feierwehrkapell'n nah. Die Oberpfälzer sind seit einigen Jahren einer der Höhepunkte bei der „Fasnacht in Franken“. „Die Narreköpf könnten mal eine fränkische Antwort werden“, sagt Schlereth, dem bei den Erlabrunnern vor allem gefällt, „dass es Typen sind, die Herzblut für die Fasenacht haben“.

    Ob der Weg aber noch weiter führt auf die große Bühne der Livesendung, sei abzuwarten: „Ich schließe nix aus“, sagt der Fasnachtspräsident, und Klaus Körber findet den Gedanken sogar charmant: „Wir wollen aber nichts kopieren“, sagt er in Bezug auf die mittlerweile bayernweit bekannten Altneihauser, „wir möchten unseren eigenen Stil rüberbringen“. Auch wenn die Erlabrunner mittlerweile auf Prunksitzungen in den Nachbargemeinden Margetshöchheim und Veitshöchheim auftreten, groß ausdehnen wollen sie ihre Engagements nicht: „Klein, aber fein“, lautet das Motto laut Körber. Schließlich waren die Proben immens zeitintensiv und brachten die zehn Hobbymusiker an die Grenzen ihrer Freizeit.

    Schließlich sind da ja auch noch andere Veranstaltungen, längst ist die Jugendblaskapelle aus dem gesellschaftlichen Leben Erlabrunns nicht mehr wegzudenken: Ob Wallfahrt, Prozession, Kommunion, Jubiläum, Fest, Kommers – die Musiker haben viele Auftritte und spielen dabei Stücke von George Gershwin und Glenn Miller genauso wie Kirchenlieder oder die schweren Ouvertüren „Dichter und Bauer“ oder „Wilhelm Tell“. Ihr Klassiker ist jedoch „Rumba Negra“. Er ist so etwas wie der Rhythmus der Erlabrunner Fasenacht, jeder Narr hier kennt ihn. Kümmets vor wenigen Jahren verstorbener Opa Franz Muth, Gründer der Jugendblaskapelle, hat das hierzulande kaum bekannte, südamerikanische Werk einst zu einer Faschingsversion umgeschrieben.

    Bei der „Rumba Negra“ vibrierte auch der Hofkeller, und jetzt sind die zehn Musiker gespannt, wie ihr Auftritt beim Fernsehpublikum ankommen wird: „Wie klingen wir im Fernsehen, das ist für mich die entscheidende Frage“, sagt Frank Kümmet, der auch eine Antwort darauf hat, weshalb sie alle so einen großen Aufwand für ihr Hobby betreiben: „Weil wir seit fast 40 Jahren Freunde sind, die einfach nur Spaß an der Musik haben.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden