Ein biologisches Gutachten hat es bestätigt: „Die Kürnach ist ein extrem stark geschädigtes Gewässer.“ Dieses Ergebnis zieht Biologe Bernd Tombek, der im Auftrag der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) ein Gutachten über den biologischen Zustand diese Bachs erstellt hat. Dazu hatte er im vergangenen Sommer die am Boden lebenden Organismen sowie die Fische von rund 600 Meter Bach in Lengfeld untersucht. „Man sieht sowohl anhand der wenigen vorhandenen Kleinstlebewesen als auch am fehlenden Fischbestand, dass die Kürnach gestört ist,“ so das Fazit des Biologen.
Bachpate Matthias Hampl und auch viele Bürger, die am Bach spazieren gehen, überrascht das nicht: Immer wieder konnten sie die Verschmutzung sehen und riechen.
Schuld daran sind die 21 Regenüberlaufbecken, aus denen sich bei Regen eine Mischung aus Niederschlags- und Abwasser in die nur zwölf Kilometer lange Kürnach ergießt. „Wenn man berücksichtigt, wie kurz der Bach ist und wie wenig Wasser er führt, muss man zu dem Resultat kommen, dass die offen gelegten Belastungen für den Bach zu hoch sind“, erklärt dazu der Bürgerverein Lengfeld in einer Pressemitteilung. Zum anderen hat der Bach – zumindest in der Vergangenheit – immer wieder besonders schädliche Stoßbelastungen abbekommen.
So kam es im Sommer 2012 und im September 2011zu Fischsterben in der Kürnach, bei denen Hunderte von Forellen verendeten. Obwohl Wasserschutzpolizei und das Würzburger Wasserwirtschaftsamt damals bereits kurz nach dem Umweltskandal ihre Ermittlungsergebnisse zur Ursache der Staatsanwaltschaft mitgeteilt hatten, gibt es bislang keine strafrechtlichen Konsequenzen. Wie bereits mehrfach berichtet, hatten Wasseranalysen 2011 gezeigt, dass hoch konzentrierte Abwässer in den Bach gelangt sein müssen, höchst wahrscheinlich aus dem Regenüberlaufbecken auf Höhe der Weißen Mühle in Estenfeld.
Verantwortung bestritten
„Die Wasserschutzpolizei wurde mit weiteren Nachermittlungen zur genaueren Konkretisierung der Tatzeiten und der etwaigen Tatvorwürfe beauftragt. Mit einem Eingang der Ermittlungsergebnisse wird nicht vor Anfang April gerechnet“, erklärt Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen jetzt auf Anfrage der Main-Post, warum die Ermittlungen wegen Gewässerverunreinigung auch nach eineinhalb Jahren noch nicht abgeschlossen sind. Im Raum stehen Geld- bis zu Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren. Bislang hat die Gemeinde Estenfeld jede Verantwortung für die Fischsterben bestritten.
Heißt das auch, dass immer noch giftige Kloake in den Bach fließt? Laut Wasserwirtschafts- und Landratsamt wird an der Verbesserung der Estenfelder Abwassersituation gearbeitet. Im Landratsamt läuft derzeit dazu ein verwaltungsrechtliches Genehmigungsverfahren. Als sichtbare Veränderung hat die Gemeinde ein Abflussrohr, das vorher in den Bach mündete, im Sommer zumauern lassen. „Wenn die Gemeinde Estenfeld ihre Hausaufgaben gemacht hat, wird die Wasserqualität steigen“, erhofft sich auch Dr. Klaus Maslowski, Fachbereichsleiter technische Gewässeraufsicht am Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg.
Dennoch: Angesichts der vorhandenen Dichte an Regenüberlaufbecken wird dieser bei starkem Regen auch immer eine gewisse Dosis Schmutzwasser abbekommen. Maslowski: „Das ist in Siedlungsbereichen so. Ansonsten müsste man das bisherige Mischsystem für viel Geld in ein Trennsystem überführen.“ Denn in letzterem werden Haushalts- und Niederschlagswässer separat abgeführt.
Trennsysteme sind in neuen Baugebieten Pflicht. So werden zumindest keine weiteren Abwässer die Kürnach belasten, wenn die neuen zu „Schwarzer Brunn“ in Kürnach oder „Am Triebweg“ in Estenfeld gebaut werden. Denn aus diesen fließt bei künftigen Starkregen nur noch Regen in den Bach.
In einem offenen Brief an die Stadt Würzburger fordert der Bürgerverein Lengfeld weitere Hilfsmaßnahmen für die Kürnach: Unter anderem sollen Renaturierungsmaßnahmen voranzutreiben, soweit dies aufgrund der bereits erfolgten Bebauung noch möglich ist, so dass die Kürnach „mäandern“ kann. Weitere Uferbebauung soll unterbleiben und für Fische Aufstiegsmöglichkeiten geschaffen werden.
Messdaten offenlegen
Nach Wunsch des Bürgervereins soll ferner die Wasserqualität des Baches regelmäßig kontrolliert und diese Messdaten offengelegt werden – insbesondere nach Anspringen der Regenüberlaufbecken nach starkem Regen. „Aufgrund der bisherigen Vorkommnisse sollte sich insbesondere auch die Gemeinde Estenfeld von dieser Aufforderung angesprochen fühlen“, sagt Bürgervereins-Vorsitzende Andrea Angenvoort-Baier.