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SOMMERHAUSEN: Die Kunst der rasanten Lügen

SOMMERHAUSEN

Die Kunst der rasanten Lügen

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    Schlagfertige Dialoge in „Eine Stunde Ruhe“ im Theater Sommerhaus: (von links) Jürgen Schuhmann als Leo, Thomas Mangold als Sébastien und Heiko Schierer als Michel. FOTO Martin Hanns
    Schlagfertige Dialoge in „Eine Stunde Ruhe“ im Theater Sommerhaus: (von links) Jürgen Schuhmann als Leo, Thomas Mangold als Sébastien und Heiko Schierer als Michel. FOTO Martin Hanns Foto: Martin Hanns

    Endlich hat er sie gefunden, seine Kult-Schallplatte „Me, Myself and I“, das Meisterwerk des (fiktiven) Jazz-Klarinettisten Niel Youart von 1938! Jetzt heißt es für Michel zurücklehnen, zuhören und ungestört genießen. Dafür braucht es „Eine Stunde Ruhe“, die der französische Autor Florian Zeller in eine turbulente Komödie gepackt hat voll amüsanter Szenen, schlagfertiger Dialoge und rasanter Lügen. Die bestens gelungene Premiere im Theater Sommerhaus sorgt mit Humor und Tempo für wiederholten Szenenapplaus und permanente Lacher.

    Brigitte Obermeier arbeitet in ihrer Regie die illustren Typen in dem flotten Reigen der witzigen Handlung präzise heraus und lässt den souveränen Akteuren die nötige Freiheit, um ihrer Rolle Individualität zu verleihen. Die turbulenten Szenen, die sich auf der mit zwei Sitzmöbeln und einem nostalgischen Musikschrank hinreichend ausgestatteten Bühne entwickeln, fallen trotz des hohen Tempos nie schludrig aus. Jeder Handgriff ist exakt eingeübt, dem Zufall und billigem Klamauk keine Chance!

    In die Rolle des jazznärrischen Musikfreundes fügt sich Heiko Schnierer glänzend ein und dominiert das Geschehen mit beachtlicher Wandlungsfähigkeit. Als windiger Frauenversteher nimmt er Anlauf zur Eifersucht, umgarnt Eheweib und Geliebte, spannt die Hosenträger, winselt und keift, kaspert und macht den Trottel, tobt und schreit. Im Wechselspiel seiner Befindlichkeiten versucht er, sich aalglatt aus seinen amourösen Verstrickungen heraus zu winden, bleibt im Netz seiner Flunkereien hängen, bis er sich das nächste Schlupfloch zurecht lügt. Brigitte Obermeier als ihm angetraute Natalie schwebt in ihrer Lebenskrise psychotherapeutisch geliftet dahin. Sie wirkt verträumt und ahnungslos ob des Treibens ihres Mannes, dem sie aber auch resolut auf die Zehen steigen kann. Als Produkt ihrer Liebe vor 30 Jahren schlurft Sebastien herein, den ein saumäßig cooler Thomas Mangold als Frostbeule im Grufti-Outfit mit umwerfendem Alles-Scheiße-Gehabe gibt.

    Elsa ist Natalies beste Freundin und Michels heimliche Geliebte. In diesem Zwiespalt der Gefühle schlingert Ana Dyulgerova ängstlich und von Selbstvorwürfen gequält, aber auch kämpferisch bis zum hysterischen Ausbruch hin und her. Mit klebriger Freundlichkeit raubt Nachbar Pavel dem Hausherrn Zeit, Nerven und Whisky. Martin Hanns füllt die Rolle des gemütlichen Hausgenossens prächtig aus. Zum totalen Chaos trägt Jürgen Schuhmann als durchgeknallter Klempner bei. Achim Beck muss als jovialer Pierre einiges einstecken und hat noch eine Überraschung parat.

    „Eine Stunde Ruhe“ heißt 75 Minuten komödiantischer Genuss dank eines aufgeweckten und gut eingestimmten Ensembles! Herzlicher Schlussbeifall!

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