Ende einer Dienstfahrt. Ein endgültiges Ende. Ein offizielles Ende. Nicht sang- und klanglos, nicht mucksmäuschenstill, nicht „einfach so“ sollte die Straßenbahn von den Gleisen im Ortskern Heidingsfelds verschwinden, erklärte der Bereichsleiter der Straßenbahn Paul Lehmann diese letzte Fahrt, unterwegs mit einem der älteren Züge, einem Duewag-Gelenktriebwagen, Baureihe D, Baujahr 1967, zum Ostbahnhof.
Dabei waren all jene, die Lust hatten, sich kostenlos ab dem Hauptbahnhof bis zum Ostbahnhof und zurück schippern zu lassen. Teils nahmen sie auf den Holzstühlen Platz, teils standen sie. Ein letztes bisschen Quietschen, ein letztes bisschen Hin- und Her-Geschaukelt-Werden im Städtle. Seit Anfang der 70er Jahre fuhr die Linie 3 bis zum Ostbahnhof. Natürlich waren auch Chefs dabei, Oberbürgermeister Georg Rosenthal und WVV-Geschäftsführer Thomas Schäfer. Straba-Fahrer Manfred Reiter unterstrich die Historie mit seiner Uniform, einer Nachbildung aus den 30-er Jahren. Ein bisschen wehmütig machte das schon.
Viele Interessierte fuhren mit, auch die ehemaligen WVV-Geschäftsführer Karl-Heinz Utschig und Herbert Wolf, Stadträte und andere Bürger. Und eine Schulklasse aus der Waltherschule. Viele standen auch als Zuschauer am Straßenrand, fotografierten diese letzte Straßenbahn im Städtle und winkten denen, die die Fahrt drinnen genossen.
Die Straßenbahn muss künftig draußen bleiben, weil die Masten der Oberleitung durch einen fehlerhaften Stahlkern einstürzen könnten, wie es im Februar 2012 bereits in der Zellerau geschah. Diese Betonspannstahlmasten in Heidingsfeld auszuwechseln würde eine halbe Millionen Euro kosten, so Lehmann. Weitere zweieinhalb Millionen setzt er an, würden im Rahmen einer Altstadtsanierung im Kern des Städtle auch neue Straßenbahngleise nötig. Früher hätten sich Leute beschwert, weil die Straßenbahn durchs Städtle „rumpelte“, erinnert sich Utschig, und in einer letzten Bürgerversammlung hätten die meisten Heidingsfelder den Rückbau angenommen, stimmt ihm Lehmann zu. Die Straßenbahn zum Heuchelhof und die Omnibusse durch Heidingsfeld wurden die Alternativen im öffentlichen Nahverkehr.
Die Masten müssen bald entfernt werden. Damit fällt auch die Oberleitung weg, und eben auch die Straba. Die Schienen werden dann nach und nach abgebaut, sagt WVV-Pressesprecherin Kristina Kessler.
Dieser Freitag im Juli war nicht der 13., trotzdem schimpfte ein Autofahrer heftig aus seinem Auto heraus, als ihm die Straba in der Wenzelstraße entgegen kam, einer Einbahnstraße stadtauswärts, die der Pkw-Fahrer durchaus richtig herum befuhr. Lehmann lacht: „Das ist Heidingsfeld live!“ Im Handumdrehen hat sich ein Auto-Stau gegen die Straßenbahn gebildet, der sich nur noch dadurch lösen kann, dass alle Pkw auf die Seite fahren, auch auf Gehwege, über die auch ein Harley-Fahrer donnert.
Im Jahr 2001 waren die letzten Linienzüge auf diesen Gleisen gefahren, später nur noch der Schoppenexpress oder Nikolauswagen als Besonderheit. Am Ostbahnhof gibt es immer noch die Wendeschleife.
Fast geräuschlos fährt die alte Straßenbahn vor der Waltherschule um die Kurve zum Ostbahnhof. Kurzer Halt, Ein- und Aussteigen. Zahlreiche Straba-Gäste sind schon in der Würzburger Innenstadt zugestiegen. Viele kennen sich. Das WVV-Team hat an alles gedacht: auch an Mineralwasser für durstige Seelen.
Nach einer ruhigen Rückfahrt steht der Duewag-Wagen auf dem mittleren Gleis der Haltestelle Reuterstraße. Das Ende einer Dienstfahrt besiegelt Rosenthal nun mit seinen Begleitern, indem er mitten im Schienenbereich eine Schutzhaltscheibe anbringt, ein Schild, das mit einem roten Warnlicht versehen ist. Stop! Die Straßenbahn ist ausgebremst.