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WÜRZBURG: Die Liaison zwischen Herrin und Diener

WÜRZBURG

Die Liaison zwischen Herrin und Diener

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    „Fräulein Julie“: Konstantin Wappler und Ronja Herberich in „Theaterwerkstatt“.
    „Fräulein Julie“: Konstantin Wappler und Ronja Herberich in „Theaterwerkstatt“. Foto: Foto: Theaterwerkstatt

    „Die Liebe gibt es. Die Liebe gibt es“, flüstert die Frau verzweifelt. Eine Beschwörungsformel? Selbstsuggestion? Der Untertitel, dem die Theaterwerkstatt in Würzburg August Strindbergs meist- und auch in der Region immer wieder gespieltem Drama „Fräulein Julie“ gibt, verrät’s: „Wer sich verliebt, verliert.“

    Gewiss: Verlierer, die nach dem Willen des Autors beim „schwächlichen“ Zuschauer zwar Mitleid erregen können, aber nicht sollen, das sind in dem Stück „ohne jede moralische Tendenz“ alle drei auftretenden Personen. An erster Stelle Julie (Ronja Herberich), die Tochter des Grafen, aber ebenso sein Diener Jean (Konstantin Wappler) und Kristin (Leonie Flöttmann), mit Jean verlobte Köchin des Hauses. Aber erzählt dieses auf einer Zeitungsnotiz über die Affäre einer Adligen mit einem Knecht fußende Schauspiel von Liebe? Oder geht es in dem Einakter – neben dem damals skandalösen, nicht gesellschaftsfähigen Verhältnis – nicht viel mehr um sexuelle Machtspiele, Kontrolle, Leid, Schicksal. Wie Menschen miteinander umgehen, auch heute? Wie sie die Orientierung verlieren? Christina Katarina Strobel setzt das einprägsam in Szene.

    Schauplatz ist die Gesindeküche eines gräflichen Hauses (Bühnenbild: Eve Sava) zur Zeit eines Mittsommerfestes in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Nach einer geplatzten Verlobung nutzt Julie die Abwesenheit ihres Vaters zum gesellschaftlichen Ausbruch. Sie feiert Mittsommernacht mit Untergebenen und fordert – unschicklicherweise – den Diener Jean zum Tanz auf. Später in der Küche geht ihr Spiel mit dem von ihren Annäherungsversuchen geschmeichelten Mann weiter. Mal aufreizend kokett, mal hochmütig scheint er ihr Opfer zu sein. Doch das schlüpft zunehmend in die Rolle des Mitspielers, sitzt, als sie sich in einem Moment der Offenheit gegenseitig ihre sonderbaren Träume (Sinnbilder ihres Wunsches vom gesellschaftlichen Auf- bzw. Abstieg) erzählen, scheinbar gleichberechtigt auf der schaukelnden Küchenbank neben der Grafentochter. Was geht bloß in dieser nach Liebe suchenden, aber Männer hassenden Frau vor, die sich mit dem „Sohn einer Magd“ einlässt, obwohl dieser sie immer wieder vor dem Gerede der Leute warnt?

    Die Begierde siegt, die beiden landen (hinter der Bühne dezent angedeutet) in Jeans Schlafkammer. Am nächsten Morgen sind die Rollen getauscht, Jean lässt die charmante Maske fallen, brüllt, nach unrealistischen Fluchtplänen, der schwachen, noch liebestrunkenen Julie seine Verachtung ins Gesicht. Allmählich begreift sie die ganze Tragweite des Geschehens, das für sie kein Happy-End nehmen kann. Jean dagegen springt zurück in seine Rolle als Grafendiener und Verlobter der (relativ emotionslosen) Köchin, die von dem ganzen Geschehen um sie herum nichts wahrnehmen will und an Heiratsplänen festhält.

    Das Premierenpublikum honorierte Inszenierung und Darstellung der Akteure mit herzlichem Applaus.

    Vorstellungen: Bis zum 26. Juli jeden Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag. Karten unter Tel. (09 31) 5 94 00 oder www.theater-werkstatt.com

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