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WÜRZBURG: Die Marienkapelle und ihr Turm mit drei Gesichtern

WÜRZBURG

Die Marienkapelle und ihr Turm mit drei Gesichtern

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    So sieht die Marienkapelle auf einem Stich aus dem Jahr 1844 aus.
    So sieht die Marienkapelle auf einem Stich aus dem Jahr 1844 aus. Foto: Foto: Stadtarchiv Würzburg, Fotosammlung

    Wie selbstverständlich ragt der Turm der Marienkapelle über den Würzburger Dächern empor, gekrönt von der goldglänzenden Maria Immaculata. Doch der Anblick, den die Bewohner bewundern können, wandelte sich im Lauf der Jahrhunderte mehrfach. Die Geschichte der Kapelle beginnt schon im 14. Jahrhundert. Am heutigen Marktplatz wohnen damals die Juden. Als die Pest 1347 Würzburg erfasst, wird ihnen die Schuld daran zugeschrieben. Juden werden verfolgt, verbrennen sich teilweise selbst in ihren Häusern. Auch ihre Synagoge wird zerstört.

    Wo einst das jüdische Gotteshaus stand, wird zunächst eine hölzerne Kapelle zu Ehren der Jungfrau Maria errichtet. Erst 30 Jahre nach der Pest beginnt unter der Regierung des Bischofs Gerhard von Schwarzburg (gestorben 1400) der Bau der jetzigen Marienkapelle; die Grundsteinlegung des Chores erfolgt am 16. Mai 1377. Das Langhaus wird 1440 fertig, ab 1441 entsteht der Kapellenturm nach dem Vorbild der 1808 abgebrochenen Liebfrauenkirche in Mainz, der erst 38 Jahre später fertig ist. Autorin und Gästeführerin Claudia Jüngling hat sich mit der Geschichte des Turms beschäftigt und sagt: „Das Dach von 1479 war aus Blei. Fast ein Jahrhundert später, 1556, erhalten der Stadtzimmermann Jörg Reutelbacher und der Schieferdecker Hans Fink Geld für Reparaturen an Gebälk und Bleidach des Turmes, der in ,Unbäue‘ geraten war.“

    Ein Unglück trifft den Turm

    Der Turm behält 155 Jahre lang sein Aussehen. Dann geschieht ein Unglück. Claudia Jüngling erzählt: „Am 1. Juni 1711 schlägt ein Blitz in die Bleihaube ein, der Turm brennt bis auf das erste Gewölbe über dem Glockenstuhl ab.“ Der Stadtzimmermann und spätere Würzburger Hofbaumeister Joseph Greissing muss Hand anlegen. Er errichtet bis 1713 eine barocke, kupfergedeckte Turmhaube. Oben drauf wird die Figur gesetzt, die die Würzburger nur zu gut kennen: die goldene Maria Immaculata, stolze 5,38 Meter hoch. Nun vergehen wieder 143 Jahre bis zur nächsten optischen Wandlung.

    Die Zeiten ändern sich, barocke Hauben werden als nicht mehr zeitgemäß angesehen. „Der Turm wurde 1856 bis 1858 mit einer gotischen Spitze versehen“, sagt Claudia Jüngling und ergänzt: „Vorbild war der Turm der Liebfrauenkirche in Esslingen.“ Übrigens deutet die Bezeichnung Kapelle nicht auf die Größe des Gotteshauses hin. Die Marienkapelle trägt ihren Namen nach katholischem Kirchenrecht, da sie als einzige Würzburger Bürgerkirche von den Einwohnern erbaut wurde und als Grablege dienen durfte, die Würzburger Bischöfe damals allerdings keine eigene Pfarrei erlaubten. Die Marienkapelle erhält jedenfalls eine neue Spitze. Als Krönung wird erneut die Marienfigur darauf gesetzt. In den Folgejahren wird die Kirche auch innen neugotisch gestaltet.

    Ein kleines Wunder inmitten der Zerstörung des 16. März 1945

    Dann kommt der nächste Einschnitt in der Würzburger Geschichte, der verheerende 16. März 1945. Während die Stadt fast vollständig zerstört wird, geschieht am Marktplatz ein kleines Wunder: „Die Marienkapelle brannte aus, auch der Dachstuhl ging in Flammen auf“, erzählt Claudia Jüngling. „Doch Gewölbe und Turm überstanden den Bombenhagel und spendeten den Würzburgern ein wenig Trost.“ So kommt es, dass noch immer die gotische Prägung das Aussehen des Kapellenturmes bestimmt. In den kommenden Jahrhunderten wird sich sein Gesicht wohl nicht mehr so oft wandeln wie in seiner bewegten Vergangenheit.

    Text: Kirsten Schlüter

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