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Würzburg: Die Pfundgrube für echte Fundstücke

Würzburg

Die Pfundgrube für echte Fundstücke

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    Die Würzburger Pfundgrube steht jedem offen. In dem Sozialkaufhaus trifft man auf viele unterschiedliche Menschen.
    Die Würzburger Pfundgrube steht jedem offen. In dem Sozialkaufhaus trifft man auf viele unterschiedliche Menschen. Foto: Antonia Röper

    Christina Hagedorn arbeitet im Würzburger Sozialkaufhaus „Pfundgrube“ als Kassiererin. Doch es ist kein gewöhnlicher Kassierer-Job, denn er beinhaltet auch Aspekte der Sozialarbeit. In diesem Sozialkaufhaus haben sowohl Kunden als auch Mitarbeiter ihren Platz und werden wertgeschätzt, egal, wie die Vergangenheit sie geprägt hat, heißt es in er Pressemitteilung des Evang.-Luth. Dekanats Würzburg.

    Morgens halb zehn in Würzburg – Christina Hagedorn überquert den Hof und geht auf den Eingang einer von außen eher unscheinbaren, weißen Lagerhalle zu. Nur das Schild über dem Eingang verrät, dass es der Zugang zu der „Pfundgrube“ ist, dem Sozialkaufhaus im Würzburger Stadtteil Lengfeld. . Die Tür führt in einen ebenfalls unauffälligen Eingangsbereich, von welchem man über eine Treppe hinunter zur Verkaufsfläche gelangt. Alle Gegenstände und Möbel sind auf fast 1400 Quadratmetern nach Abteilungen geordnet.

    Von silbernen Löffeln bis zum Hot-Dog-Maker

    Auf den ersten Blick scheint alles so, wie man es aus Geschäften kennt. Doch auf den Kleidungsständern hängt jedes Kleidungsstück nur genau einmal und nicht mehrmals in verschiedenen Größen. In der Vitrine gegenüber der Kasse sind nicht nur Schmuckstücke zu finden, sondern auch silberne Löffel und Schatullen. Weiter hinten im Kaufhaus befindet sich auf jedem Tisch ein anderes Service, manchmal auch unvollständig. Gegenüber hängen sowohl Bilder als auch Inri-Kreuze und in einem Regal daneben steht sogar ein Hot-Dog-Maker. So wirkt auf den zweiten Blick vieles bunter und zusammengewürfelter. Jedes Stück ist einzigartig.

    Christina Hagedorn steht an der Kasse und bereitet alles vor, bevor sie um zehn Uhr das Kaufhaus öffnet.
    Christina Hagedorn steht an der Kasse und bereitet alles vor, bevor sie um zehn Uhr das Kaufhaus öffnet. Foto: Antonia Röper

    Doch bevor die ersten Kunden ins Kaufhaus dürfen, muss Christina Hagedorn sich noch um die Kasse kümmern und die letzten Kleidungsstücke einsortieren. Um Punkt zehn öffnet sie schließlich die Türen der Pfundgrube und die ersten Kunden, die schon vor Öffnung ungeduldig draußen gewartet haben, strömen in das Kaufhaus.

    Hagedorn arbeitet bereits seit zwei Jahren in der Pfundgrube als studentische Aushilfe. „Meine Arbeit ist sehr vielseitig und wird nie langweilig! Zwar arbeite ich hauptsächlich an der Kasse, doch mein Job beinhaltet auch Aspekte der Sozialarbeit. Wodurch sich mein Sozialarbeitsstudium super ergänzen lässt“, berichtet die 23-jährige Studentin fröhlich und rückt die Papiere an der Kasse zurecht. „In der Pfundgrube arbeiten insbesondere Menschen, die leistungsgemindert sind und so auf dem Arbeitsmarkt nicht zurechtkommen würden.“  Viele ihrer Kollegen haben eine besondere Vergangenheit. Dazu zählen laut der Pressemitteilung zum Beispiel Menschen mit Angst- oder Zwangsstörungen, Depressionen, Drogenabhängigkeit oder jahrelanger Arbeitslosigkeit.

    Gemeinnützige Brauchbar GmbH

    Die Pfundgrube gehört zur gemeinnützigen Brauchbar GmbH, welche vom Diakonischen Werk Würzburg e.V. und der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Würzburg 1997 gegründet wurde. Auch Thomas Johannes, Geschäftsführer der Brauchbar, schaut an diesem Morgen bei der Pfundgrube vorbei. Er erklärt, dass die Brauchbar gegründet wurde, um langzeitarbeitslosen Menschen eine Perspektive zu geben und ihnen durch die Einrichtung von Beschäftigungsmöglichkeiten einen Platz in der Gesellschaft zu schaffen.

    In der Pfundgrube arbeiten daher unter anderem drei geförderte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte sowie 35 Personen in verschiedenen Beschäftigungsmaßnahmen wie Teilnehmer in Arbeitsgelegenheiten Ein-Euro-Jobber), Ehrenamt zur Tagesstrukturierung und Sozialstundenableistende. „Anders als in der freien Wirtschaft haben wir die Möglichkeit, Menschen trotz ihrer Leistungseinschränkungen einzustellen", so Johannes.

    So erhielt auch die Anfang-Fünfzigjährige Sylvie vor sieben Jahren eine Stelle in der Pfundgrube. Wenn Christina nicht gerade an der Kasse arbeitet, dann ist sie bei Sylvie in der Feinsortierung. Sylvie war vorher fast neun Jahre lang arbeitslos und fand keinen Job. „Die Arbeit mit Klamotten, Schuhen, Taschen und Kunden macht mir sehr viel Spaß. Ich bin froh, dass ich zur Pfundgrube gekommen bin“, erzählt Sylvie.

    Ein Pfund Kleidung für 50 Cent

    In der Feinsortierung werden alle Kleidungsstücke nacheinander begutachtet. „Ist das Verkaufsstück makellos, geht es in den Verkauf. Wird jedoch beispielsweise ein Zugfaden entdeckt, dann wandert es in die Pfundabteilung“, erklärt Christina, während sie nacheinander gespendete Kleidung neben sich auf den Tisch legt. „Viele Menschen kommen extra deswegen hier her, denn ein Pfund Kleidung aus der Pfundabteilung wird für 50 Cent verkauft“, erläutert Christina.

    Die Pfundgrube wirkt von außen eher unscheinbar, doch hinter der weißen Fassade verbirgt sich eines der Würzburger Sozialkaufhäuser.
    Die Pfundgrube wirkt von außen eher unscheinbar, doch hinter der weißen Fassade verbirgt sich eines der Würzburger Sozialkaufhäuser. Foto: Antonia Röper

    Doch die Kundschaft der Pfundgrube besteht nicht nur aus Menschen mit geringem Einkommen. Auch viele Studenten, Gebrauchtwarenliebhaber und Künstler gehen regelmäßig in die Würzburger Pfundgrube. Oft kaufen sie aus ökologischen Gründen ein, um Produktlebenszyklen zu verlängern. „Ich mache aus alten Sachen gerne etwas Neues. In der Pfundgrube lassen sich manchmal echte Fundstücke entdecken“, sagt eine Kundin und schaut verschmitzt auf ihren vollen Korb unter ihrem Arm. 

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