Viel häufiger als heute musste der Postbote damals ins Haus. So war sie für viele Menschen eine beliebte Ansprechpartnerin und Zuhörerin. Viele vertrauten sich ihr an. Sie nahm teil an den Sorgen und Freuden der Menschen. „Ich war keine Tratsche, alles was ich sah und hörte, blieb bei mir“, so die Jubilarin. Der große Freundeskreis, den sie dadurch gewann, blieb ihr bis heute erhalten.
Die gebürtige Hemmersheimerin wurde 1935 als zweite Tochter der Eheleute Schimmer geboren. Ihre Eltern bewirtschafteten eine kleine Landwirtschaft und nebenbei war ihr Vater als Hausmetzger tätig. An ihre Kindheit erinnert sich die Seniorin gerne. „Auch wenn ich während des Zweiten Weltkriegs groß geworden bin, war es eine schöne und abwechslungsreiche Zeit. Die Sudetendeutschen und Siebenbürger waren für mich damals sehr spannend. Ihre Wagen, ihre Kleidung, ihre Sprache und Gewohnheiten waren für mich faszinierend“, erinnert sie sich an die Ankunft der Heimatvertriebenen. Über 300 Vertriebene kamen nach 1945 nach Hemmersheim, mehr als es damals Einheimische gab. Mit vielen von ihnen hat sie bis heute Kontakt.
Als ihr Vater 1950 starb, endete ihre Kindheit. Die kleine Landwirtschaft wurde danach von ihrer Mutter und ihr bewirtschaftet. Damals war es nicht üblich, dass eine Frau einen Beruf erlernt. Außerdem gab es im Dorf keine Möglichkeit eine Ausbildung zu beginnen. Und mobil war Theresia Schimmer nicht. An ein Auto war damals nicht zu denken.
So schnupperte sie in verschiedene Berufe. „Heute würde man wohl Praktika dazu sagen“ stellt sie fest. Sie arbeitete als Schneiderin in Aub, als Krankenpflegerin im Juliusspital und Bedienung in der „Weinwirtschaft Pohl“ in Ochsenfurt, die ihre Cousine bewirtschaftete. Als sich ihr mit 23 Jahren die Möglichkeit bot, die Poststelle in Hemmersheim zu übernehmen, griff sie zu. Von da an war sie „Posthalterin dahier“.
Diese Stellung beinhaltete auch ein öffentliches Telefon; eines von Dreien im Dorf. Von nun an kamen zu jeder Tages- und Nachtzeit Menschen zu ihr, um in Notlagen einen Tierarzt oder Hausarzt zu rufen. Nachrichten aufzunehmen und zu überbringen gehörten ebenso zu ihrem Aufgabengebiet. Das war nicht immer leicht. Beispielsweise rief das Krankenhaus an und teilte den Tod eines Mitbürgers mit. Oder die Polizei rief an und meldete den Unfalltod eines Nachbarn. „Dies waren meine bittersten Momente“, blickt Theresia Mark zurück.
1962 machte sie schließlich den Autoführerschein, obwohl sie damals nicht daran glaubte, selbst einmal ein Auto zu besitzen. Dies kam ihr zugute, als im Zuge der Gebietsreform 1977 die Poststelle in Hemmersheim aufgelöst und nach Gollhofen verlegt wurde. Nun war Mobilität zwingend notwendig. In der Poststelle Gollhofen wurden Briefe sortiert, Pakete eingeladen und bei Wind und Wetter ausgetragen.
1965 hatte sie den Malermeister Ludwig Mark geheiratet. Aber auch nach der Geburt ihrer zwei Töchter konnte sie sich ein Leben als Hausfrau nicht mehr vorstellen und arbeitete weiter auf ihrer geliebten Poststelle. 1995 ging Theresia Mark in schließlich den Ruhestand.
Von ihrer Zeit als Zustellerin weiß sie noch heute viele manchmal mehr, manchmal weniger lustige Geschichten zu erzählen. Natürlich gehört der obligatorische Hundebiss auch dazu.
Zum runden Geburtstag hat sich der Lindenbaumkindergarten angekündigt. Die Kinder wollen der Jubilarin ihre Glückwünsche in Form eines Liedes darbringen.
Privat fühlt sich die stolze Oma von fünf Enkeln fest verwurzelt in Hemmersheim. Über sich selbst sagt sie: „Ich bin ein kontaktfreudiger Mensch“ So unternimmt die 80-Jährige mit ihrem kleinen Enkel gerne Spaziergänge und hört gerne Hörbücher. „Hier kann ich wunderbar abschalten“, verrät die Seniorin. Früher las sie gerne. Heute ist das wegen eines schweren Augenleidens nicht mehr möglich. Selbst diese Krankheit, die bis zur Erblindung führen kann, nimmt die vitale Rentnerin gelassen und zitiert Thomas von Aquin: „ Gesundheit ist weniger ein Zustand als eine Haltung. Und sie gedeiht mit der Freunde am Leben.“