Das Projekt war in Reichenberg durchaus umstritten: das Seniorenwohnen am Schlossberg. Nach mittlerweile über fünf Jahren des Bestehens scheinen sich die Wogen aber geglättet zu haben. Das alternative Wohnprojekt ist im Markt akzeptiert, nicht zuletzt durch die Vermittlungsarbeit von Verantwortlichen wie den vier Gesellschaftern – Diakonie, Stiftung Altenhilfe, Evangelische Kirchengemeinde Reichenberg und der Markt Reichenberg – und vom Freundeskreis Seniorenwohnen Reichenberg.
Status des Hauses war in Gefahr
Seit einiger Zeit kämpfen die zwei Seniorenwohngemeinschaften aber an einer anderen Front: Der Status als ambulant betreute Wohngemeinschaft stand kurzzeitig auf dem Spiel und damit das gesamte Konzept des Projekts. Das Wohnen in einer Seniorenwohngemeinschaft ist ein gewisser gesetzlicher Sonderstatus. Wie auch in Pflegeheimen hat die Heimaufsicht des Landratsamts ein Augenmerk auf Seniorenwohngemeinschaften. Besonders wichtig: Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Seniorenwohngemeinschaften müssen eingehalten werden, sonst könnte rein rechtlich ein Kleinstheim statt einer Seniorenwohngemeinschaft vorliegen.
Michael Horlemann, Geschäftsbereichsleiter Jugend, Soziales und Gesundheit im Landratsamt Würzburg, erklärt dazu, dass in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft maximal zwölf Personen wohnen dürfen. „In Reichenberg wohnen mehr Personen, weshalb es zwei Wohngruppen gibt.“ Bei einer Prüfung bemängelte die Heimaufsicht im Frühjahr, dass die beiden Wohngruppen womöglich aber nicht ausreichend voneinander abgetrennt sind. Im Gesetz sei verankert, „dass jede Wohngemeinschaft baulich, organisatorisch und wirtschaftlich selbstständig sein muss“, sagt Horlemann.
Nun müssen die Reichenberger nachrüsten. Der Stein des Anstoßes: Die Heimaufsicht sieht im Eingangsbereich und im Treppenhaus eine „Durchtrennung der Wohngemeinschaft 1“, wie Diakon Hendrik Lütke erklärt. Denn Wohngemeinschaft 1 erstreckt sich über zwei Stockwerke: Erdgeschoss und 1. Stock. Da jedoch Wohngemeinschaft 2 im 2. Stock untergebracht ist, müssen deren Bewohner das Treppenhaus ebenfalls benutzen. Laut Lütke bestand der Vorschlag der Heimaufsicht darin, eine Wendeltreppe innerhalb der Wohngemeinschaft 1 zwischen 1. Stock und Erdgeschoss anzubringen. „Das wäre jedoch absurd“, so Lütke.
Ein Gespräch in München brachte im Juni die Klärung. Ohne bauliche Maßnahmen geht es aber nicht. „Es wurde eine einvernehmliche Lösung zur baulichen Abgeschlossenheit der beiden Wohngemeinschaften am Reichenberg Schlossberg durch bauliche Maßnahmen gefunden“, sagt Eva-Maria Löffler, Horlemanns Kollegin in der Geschäftsbereichsleitung für Jugend, Soziales und Gesundheit im Landratsamt auf Nachfrage.
Es ist nun eine besondere Steuerung für den Fahrstuhl geplant, die die „Durchtrennung“ umgehen soll. „Der Fahrstuhl verbindet nunmehr das Sockelgeschoss und das Erdgeschoss“, erklärt Hendrik Lütke. „Bewohner der Wohngemeinschaft 1 können bei Aktivierung der Steuerung nur noch so fahren. Bewohner der Wohngemeinschaft 2 können im Falle der Aktivierung nur noch vom Eingang in den zweiten Stock fahren.“ Die Kosten für diese Steuerung belaufen sich auf etwa 3900 Euro.
12 000 Euro Gesamtkosten
Mit der Aufzugsteuerung alleine ist es jedoch nicht getan. Im Sockelgeschoss und im Erdgeschoss sollen zusätzliche Trockenbauwände eingezogen werden, um die Räumlichkeiten baulich vom Treppenhaus abzutrennen. „Die Gesamtkosten in Höhe von rund 12 000 Euro werden auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt“, sagt Lütke. Er gehe davon aus, die Kosten auf zehn Jahre verteilen zu können, damit die Mieterhöhung gering ausfällt.
„Wir sind froh, auf diesem Weg eine Lösung gefunden zu haben und gehen davon aus, dass die Arbeiten bis Ende Oktober abgeschlossen sind“, sagt Lütke.