Einer gesetzlich verordneten Begrenzung des Flächenverbrauchs, wie unter anderem von den Landtags-Grünen gefordert, hat die bayerische Staatsregierung erst kürzlich eine Absage erteilt. Statt der Peitsche setzt der Freistaat auf Zuckerbrot und öffnet dafür sein Füllhorn bei der Städtebauförderung. Und das könnte ausgerechnet jene Kommunen am meisten freuen, die schon jetzt das größte Stück vom Kuchen abbekommen – wie die Stadt Röttingen. Trotzdem rührt Manfred Grüner, Sachgebietsleiter für Städtebauförderung an der Regierung von Unterfranken, kräftig die Werbetrommel für die neue Förderinitiative „Innen statt Außen“.
Bonus für Innenentwicklung und Entsiegelung
Kommunen, die sich bewusst gegen den Flächenverbrauch in Form neuer Baugebiete und für die Entwicklung des innerörtlichen Bestandes aussprechen, sollen einen Förderbonus von 20 Prozent erhalten. Das heißt: Statt der üblichen 60 Prozent übernimmt die Städtebauförderung 80 Prozent der förderfähigen Kosten für Maßnahmen im Programm. Für finanz- und strukturschwache Gemeinden soll es sogar noch einen Zuschlag von weiteren zehn Prozent geben.
Extra Zuschüsse gibt es außerdem für die Entsiegelung von Flächen, etwa wenn eine Stadt eine Industriebrache oder eine alte Scheune verschwinden lässt und dafür eine öffentliche Grünfläche schafft. Außerdem soll die Entsiegelungsprämie auch für den Austausch von Bodenbelägen gelten, etwa wenn Asphalt durch versickerungsoffene Rasengitter-Steine ersetzt wird.
Passend zum Modellvorhaben
Für Röttingen passt die Förderinitiative wie die Faust aufs Auge. Mehrere leer stehende Objekte hat die Stadt bereits saniert, um einer Verödung des Kernorts entgegenzuwirken. „Innenentwicklung vor neuem Bauland“ lautet das Motto. Jüngstes Beispiel ist ein marodes landwirtschaftliches Anwesen in der Taubergasse, das zugunsten dreier neuer Wohnhäuser abgebrochen werden soll.
Das Vorhaben ist sogar Modellprojekt, das einzige, das die Städtebauförderung derzeit in Unterfranken vorzuweisen hat. Umso wichtiger ist es Manfred Grüner, das das Modellprojekt zum Erfolg wird. Das hat er in der jüngsten Sitzung des Röttinger Stadtrats betont.
Mehr Spielraum für Privatförderung
„Die städtebaulichen Konzepte, die erforderlich sind, haben wir schon alle“, freut sich Bürgermeister Martin Umscheid. Und mit dem Geld, das zusätzlich in Aussicht steht, wüsste er auch bereits etwas anzufangen. Beispielsweise könnte die Förderung für private Sanierungsvorhaben und für die ortsbildgerechte Fassadengestaltung durch die Initiative Auftrieb bekommen. Bislang zahlt die Regierung 60 Prozent des Förderbetrags, die Stadt 40. Wenn sich der städtische Anteil auf 20 Prozent halbiert, könnten bei gleichem Budget doppel so viele Fördergelder ausgezahlt werden, rechnet der Bürgermeister vor.
Selbstverpflichtung
Um ins Förderprogramm zu kommen, ist allerdings ein sogenannter Selbstbindungsbeschluss erforderlich, in dem sich der Stadtrat verpflichtet, sich bei der städtebaulichen Entwicklung vorrangig auf die Innenbereiche zu beschränken.
Was das genau bedeuten soll, kann derzeit auch Manfred Grüner noch nicht beantworten. Die Initiative sei noch taufrisch. Erst am 15. Mai hat sie der Ministerrat beschlossen. Selbst im zuständigen Bauministerium seien noch keine genauen Umsetzungsvorschriften bekannt.
Der Tritt auf die Euphorie-Bremse
Dritter Bürgermeister Steffen Romstöck (UBR) tritt deshalb vorsichtshalber auf die Euphorie-Bremse. Nicht jeder, der sich in Röttingen niederlassen will, sei bereit, in einen sanierten Altbau zu ziehen. Die Stadt müsse deshalb ein – zumindest begrenztes – Angebot an Bauplätzen vorhalten. Aber wie weit etwa die geplante Ausweisung einiger neuer Bauplätze am Auber Berg mit den Kriterien der Innenentwicklungs-Initiative kollidiert, kann derzeit auch die Förderbehörde nicht sagen.
Eine lange Bedenkzeit, um sich um Aufnahme ins Programm zu bewerben, haben interessierte Kommunen nicht. Bis zum 17. Juli läuft die Frist für das erste Programmjahr, betont Förder-Fachmann Manfred Grüner. Bis dahin muss die Stadt einen Selbstbindungsbeschluss gefasst und einen Katalog mit förderwürdigen Projekten aufgestellt haben.
Sondersitzung soll entscheiden
Vorerst ließ es der Röttinger Stadtrat deshalb dabei bewenden, sein grundsätzliches Interesse an der Aufnahme in die Förderinitiative zu bekunden. In einer Sondersitzung in den nächsten Wochen soll dann über das weitere Vorgehen und die möglichen Projekte entschieden werden. Entgehen lassen will man sich das Schnäppchen des Fördergebers jedenfalls nicht, so der Tenor der Beratung.
Es wäre auch ganz gegen die Gewohnheit des Röttinger Stadtrats. Denn wie gekonnt die Stadt die Klaviatur der Förderinstrumente beherrscht, zeigt ein Blick auf die Zahlen. Seit der Aufnahme des 1700-Seelen-Ortes in die Städtebauförderung im Jahr 2001 wurden bereits Zuschüsse von über zehn Millionen Euro bewilligt. Anders ausgedrückt: Dank der staatlichen Unterstützung wurde seit dieser Zeit rund die doppelte Summe in die Aufwertung und Belebung des Röttinger Ortskerns investiert, sei es für die Gestaltung des Marktplatzes, die Einrichtung einer Spielscheune oder die Sanierung leer stehender Wohngebäude.