Wie aufwändig und kräftezehrend der Ritus einer Kirchenweihe einstmals für alle Beteiligten gewesen ist, das verdeutlichte Pfarrer Klaus König zum Auftakt der Kirchweih mit seinem Vortrag "Wissenswertes aus dem 18. Jahrhundert".
Nachdem der Geistliche im Vorjahr bereits die Weiheriten am Äußeren der Kirche ausführlich erklärt hatte, erläuterte er im zweiten Teil den Zuhörern vor dem Portal der Schutzengelkirche den Ablauf der Weihe im Inneren des Gotteshauses.
Aschaulich schilderte er die damalige Ausstattung der im Mai 1730 geweihten Schutzengelkirche. Der Kirchenraum, der heute überreich goldglänzend und mit unzähligen Engelsfiguren verziert ist, war damals noch ohne jeden Schmuck und ohne jede Bestuhlung. Bei der Weihe bestand der Hochaltar aus einem großen Steinblock, der erst Jahre später durch den Stuckmarmoraufbau sein heutiges Aussehen bekommen hat.
Andreaskreuz aus Asche auf den Boden
Bei den Einzugsriten zu der Weihe im Inneren wird die Schwelle der Kirchentüre mit dem Stab in Kreuzform bezeichnet. Die Schwelle, die bei dem Ritus eine Rolle spielt, markiert die Trennung zwischen draußen profan und drinnen sakral.
In der Kirche, die der Bischof alleine betritt, ist am Boden ein Andreaskreuz aus Asche "ausgelegt". Der Bischof zeichnet mit dem Stab in einen Balken das griechische und in den anderen Balken das lateinische Alphabet.
Das spezielle Weihwasser, das "Gregoriuswasser", wird geweiht und erhält unter Segnungen und Exorzismen Beimischungen aus Salz, Asche und Wein. Mit diesem Weihwasser werden jeweils zwei Kreuze auf die Innenseite der Kirchentüre und fünf Kreuze auf die Altarplatte gemalt. Anschließend folgt das siebenmalige Umschreiten des Altarunterbaus. Dabei folgt die Besprengung des Kirchenbodens in Kreuzform und die Besprengung von der Mitte des Baus in die vier Himmelsrichtungen.
Umschreiten der Kirche mit den Reliquien
Bei der Beisetzung der Reliquien werden Salböle wie Katechumenenöl und Chrisamöl verwendet, die in der Chrisammesse des Gründonnerstags vom Bischof geweiht werden. Mit den Reliquien, die in Prozession vom Aufbewahrungsort geholt wurden, wird einmal die Kirche umschritten. Anschließend, und das ist nach den Worten des Pfarrers wichtig, werden Dekrete verlesen wie Warnungen vor Sakrilegien und Profanierungen und Gewalt in der Kirche, zu denen Suizid, Aufbrechen des Tabernakel und Aufbrechen des Reliquiengrabes ebenso zählen wie Gewaltakte am Altar.
Dann richtet der Bischofs an den Schultheiß die Fragen nach der gemeindlichen Finanzierungsgrundlage für das Kirchengebäude und der Finanzierung der Bezahlung für die Dienste von Küster und Organist. Sind die bis zur Säkularisierung 1803 geltenden Urkunden unterzeichnet, beginnt der genau festgelegte eigentliche Salbungsakt. Die vielfältigen vorgegebenen Riten, wie die Salbung des Reliquiengrabes, das Einsetzen der Reliquien und Wiederverschließen des Reliquiengrabes sowie die Altarweihe zogen sich über Stunden hin.
Bischöfe konnten vor Erschöpfung keine Messe halten
Nach den zwei Tage andauernden Weihehandlungen waren, so Klaus König, die Bischöfe so erschöpft dass sie die erste Messe in der neuen Kirche nicht halten konnten. Vereinfacht wurde der über Jahrhunderte hinweg geltende Ritus der Kirchenweihe zunächst 1960 und acht Jahre später noch einmal.
Für das kommende Jahr kündigte der Geistliche eine weitere Fortsetzung zum Thema Kirchenweihe zum Auftakt der Gaukönigshöfer Kirchweih an.