Kurz nach Nenzenheim, in Richtung Krassolzheim, wenige hundert Meter über die Grenze der Landkreise Kitzingen und Neustadt/Bad Windsheim, erstreckt sich eine schöne Landschaft von Feldern und Wäldern. In Krassolzheim führt der Weg nach rechts über Feldwege in ein größeres Waldgebiet, das geradezu zum Spaziergang einlädt. Allerdings: So idyllisch war es hier nicht immer. Dieser Wald birgt ein Geheimnis.
Versteckt, eingewachsen von Sträuchern und Bäumen, seit einem halben Jahrhundert nicht genutzt und fast völlig vergessen, steht der "Panzerturm". Gebaut wurde er vor vielen Jahrzehnten - Folge eines furchtbarer Unfalles.
"Der Unfall wurde in dieser wirren Zeit vertuscht"
Alte Nenzenheimer erinnern an den Turm und seiner Geschichte
Nur die Alten wissen noch vom "Panzerturm". "Dort im Wald war ein zirka 35 Hektar großes Übungsgelände für die Flieger, die vom Illersheimer und dem Kitzinger Flugplatz starteten und dort ihre Bomben auf eingezeichnete Ziele abwarfen", erinnern sich zwei Nenzenheimer. Mit Kalk waren dort Panzer und andere Ziele aufgezeichnet. "Den Turm kennt heute aber niemand mehr, zu finden ist er wohl auch kaum", sind die Beiden überzeugt.
Dennoch: "Wie ein Pilz" soll er angeblich aus den Bäumen herauswachsen. Und tatsächlich: Auf dem Feldweg in Richtung Wald halten wir an, sehen geradeaus. Und: Zwischen den Spitzen der Bäume erscheint eine seltsame Wölbung - der "Panzerturm"?
Mit Pferden und Loren sind damals die Baumaterialien durch das unwegsame Gelände transportiert worden. Eine Riesenplackerei muss das gewesen sein. Zeitzeugen erinnern an den Grund, warum der Turm gebaut worden war: Ein Bauer war - ahnungslos - auf dem geheimen Gelände spazieren gegangen und von einem Blindgänger zerrissen worden. Telefon gab es nur in der nächsten Ortschaft. Und dort nicht in jedem Haushalt. Zur Postfiliale in den nahe gelegenen Markt Nordheim war einer der Wachposten gerannt, um Hilfe zu holen. Zu spät! "Der Unfall wurde, wie so vieles in dieser wirren Zeit, natürlich vertuscht", erinnern sich die beiden Nenzenheimer. Das ist Mitte der 30er Jahre geschehen - daraufhin wurde der Turm gebaut: Zur Überwachung des Platzes, zur Sicherheit der Übungs-Beobachter und schließlich auch für Schießübungen. Rundherum wurde das Gebiet gesperrt und scharf bewacht.
Doch wo kann der Turm sein? "Gelbe P's", heißt es, seien auf einige Bäume gezeichnet, die den Weg weisen sollen. Nach rund drei Stunden haben wir zwar jede Menge frischer Luft geschnappt, aber nichts gefunden. Nicht einmal besagte Hinweiszeichen. Gerade wollen wir entnervt den Heimweg antreten - da stoßen wir auf einen kleinen Wegweiser. "Bombenturm" steht darauf geschrieben, er zeigt nach links. Endlich am Ziel?
Gespannt folgen wir dem Weg, aber . . . nichts! Der Blick wandert herum. Plötzlich sticht durch den grünen Blätterwald grauer Zement. Vielleicht fünf Meter stehen wir vor dem Turm und können ihn trotzdem kaum ausmachen. Aber er ist es! Wie der kleine Tower eines Flugplatzes steht er vor uns, der "Panzerturm". Obwohl er jetzt schon weit über 60 Jahre auf dem Buckel hat, steht er recht gut da. Zu sehen sind noch die Leitungen für das Telefon, das nach dem tragischen Unfall angebracht wurde. "Von den elektronischen Gerätschaften bis hin zu den Treppen wurde alles geplündert", erinnern sich die zwei alten Nenzenheimer. Das sei schon 1943 gewesen. "Zu dieser Zeit brauchte man auch nichts mehr zu üben auf dem Platz, Material war kaum noch vorhanden", so die Beiden. Was aber immer noch vorhanden ist: zahlreiche Blindgänger im Erdreich des Übungsplatzes.
Damals, vom Staat für ein lächerliches Entgelt den Eigentümern abgekauft, will den mittlerweile zugewachsenen Platz heute keiner mehr haben. Zu teuer wäre die Turm-Sanierung, und die Alten in der Bevölkerung wissen immer noch, was das Erdreich hier so alles an Gefahren birgt.
Und so ist auch der "Panzerturm" ein vergessenes Denkmal. "In ein paar Jahren wird er so zugewachsen sein, dass ihn niemand mehr sieht." Da sind sich die Senioren sicher.