Nur die Fachkollegen wollen sich bis heute nicht recht für das Informationsangebot des Augenarztes begeistern.
Am Anfang stand der Wunsch, Patienten möglichst umfassend und verständlich über ihre Erkrankungen aufzuklären. Kompliziertes einfach erklären, das konnte er schon an der Uni gut, sagt Dirk Werdermann.
Als sich der Rheinländer 1996 in Ochsenfurt niederließ, merkte er, wie wichtig es ist, dass Patienten ihren Arzt verstehen.
„Sein Credo war einfach: „Sie können als Patient nur vernünftig mit einer Krankheit umgehen, wenn sie Bescheid wissen“, sagt Dirk Werdermann.
Dieses Wissen erleichtert dem Arzt die Erklärung seiner Therapieansätze und versetzt den Patienten in die Lage, die Heilung bestmöglich zu unterstützen. Der Praxisalltag lässt es dem Arzt allerdings kaum die Zeit, jedem Patienten die Zusammenhänge seiner Erkrankung umfassend zu erläutern.
Werdermann erkannte schnell, dass das Internet eine geeignete Plattform sein könnte, um diese Lücke zu schließen. Und er stellte fest, dass fundierte und trotzdem verständliche Informationen im weltweiten Netz eher die Ausnahme sind.
Zwei Probleme standen ihm damals im Weg. Zum einen die Kosten: In den Kindertagen des Internet waren professionell gestaltete Seiten fast unerschwinglich. Zum anderen die eigene Standesordnung: Die verbot es Ärzten nämlich, auf ihren Internetseiten über wichtigsten Praxisdaten hinaus Informationen zu verbreiten.
1998 hatte Dr. Werdermann die zündende Idee, wie er diese Klippen am besten umschiffen konnte. Die professionelle Unterstützung ersetzte er durch Eigeninitiative und brachte sich den Umgang mit Internet-Programmierung bei. Die standesrechtlichen Hindernisse überwand er, indem er einen neutralen Internet-Auftritt gestaltete, der direkt nichts mit seiner Praxis zu tun hatte. Unter der Internet-Adresse http://www.auge-online.de/ gingen die ersten Seiten wenig später online.
Auf 159 ständig aktualisierte Seiten zu den unterschiedlichsten Begriffen rund um das Auge ist der Internetauftritt bis heute angewachsen. Geschrieben und überarbeitet hat sie Dirk Werdermann alle selbst, nach Feierabend von zu Hause aus.
Der Nutzer erfährt darin nicht nur vieles über Erkrankungen und der mögliche Behandlung. Auch viele interessante Fragen rund um das Thema, beantwortet Dirk Werdermann dort. So kann man etwa nachlesen, warum wir farbig sehen, oder warum Kinder häufig mit blauen Augen zur Welt kommen.
Neutral und vor allem tendenzfrei wolle er informieren, sagt Werdermann und verweist dabei auf eine bedenkliche Entwicklung. Immer häufiger stecke hinter den Gesundheitsmeldungen, die Zeitschriften oder dem Internet verbreitet werden, das finanzielle Interesse von Ärzten oder Pharmafirmen.
Und immer häufiger werden Patienten im Gegenzug skeptisch gegenüber den Angeboten. „Da geht Vertrauen verloren“, fürchtet er.
Vor allem aber kommt es dem Augenarzt auf eine leicht verständliche Sprache an. Dass er bei Fachkollegen damit nicht nur auf Beifall stößt, stört ihn wenig. „Ich kenne Ärzte, die bringen ohne Fachbegriff keinen Satz zu Ende“, lästert er.
Überhaupt sind es kaum Fachgesellschaften, die auf seine Internetseite verweisen. Das mag daran liegen, dass sich Werdermann auf seinen Seiten auch kritisch mit der einen oder anderen lukrativen Behandlungsmethode auseinandersetzt.
Im restlichen World-Wide-Web jedoch scheint die Beliebtheit der Homepage ungebrochen. Seit Jahren verzeichnet sie konstante Zugriffszahlen von knapp vier Millionen Aufrufen jährlich. Wer den Begriff „Auge“ bei der Internet-Suchmaschine Google eingibt findet auge-online.de an zweiter Stelle nach der Internet-Enzyklopädie Wikipedia.
Die Kassenärztliche Vereinigung belohnt das Hobby des Ochsenfurter Augenarztes nun mit der Nominierung für den Bayerischen Gesundheitspreis in der Kategorie „Patient als Partner“.
Ob sich Dr. Dirk Werdermann gegen zwei Mitbewerber durchsetzen kann, entscheidet sich erst kurz vor der Preisverleihung am heutigen Donnerstag in München. Vor der Entscheidung hat er dort Gelegenheit, seine Homepage der Jury zu präsentieren.
Gelegen käme ihm das Preisgeld von 4000 Euro schon, wie er zugibt. Dann hätte er endlich die Möglichkeit, ein paar professionelle Grafiken erstellen zu lassen. Aber auch, wenn es nicht zum ersten Platz reichen sollte, ist Dr. Dirk Werdermann schon heute zufrieden. „Dafür dass ich am Computer kein Profi bin, bin ich ganz schon weit gekommen“, sagt er und lacht.
Die für den Gesundheitspreis nominierte Homepage finden sie im Internet unter http://www.auge-online.de/.