Bäcker Gerhard Voit ärgert sich. Beim Ochsenfurter Faschingszug am Sonntag wurde seine Bäckerei zum Ziel zahlreicher Besucher, die ein dringendes Bedürfnis verspürten und zu diesem Zweck Voits Kundentoilette gleich scharenweise aufsuchten. Die Menschen hätten in seinem Geschäft regelrecht Schlange gestanden, sagt Voit. Als Ursache für den ungewöhnlichen Andrang vermutet er eine Fehlinformation. Denn entlang des Zuges war mit Schildern auf einen Toilettenwagen neben dem Rathaus hingewiesen worden, nur wenige Schritte von Voits Bäckerei entfernt. Das Problem: Der Toilettenwagen stand dort nicht.
"Ich nehme das auf meine Kappe", sagt dazu Anne Derday, Leiterin der Ochsenfurter Tourist-Info und zuständig für die Organisation des Faschingszuges. Seit vier Jahren organisiere sie den Zug, vor drei Jahren habe sie den Toilettenwagen neben dem Rathaus eingeführt. Auch in diesem Jahr habe sie den Wagen bestellt, sagt Derday. Die Anlieferung des Wagens sowie seinen Anschluss übernehme üblicherweise der städtische Bauhof. Dort sei allerdings wegen zweier Wasserrohrbrüche in der Altstadt am Freitag kein Personal mehr verfügbar gewesen, das sich auch noch um den Toilettenwagen hätte kümmern können.
Den Bauhof trifft keine Schuld
Den Bauhof treffe an der Situation aber keine Schuld, betont Anne Derday. "Die machen genug für den Faschingszug." Die Aufstellung des Toilettenwagens habe in diesem Jahr einfach nicht hingehauen, was schade, aber nicht zu ändern sei. Dass das Thema in der Stadt nun so hoch kocht, versteht sie nicht so ganz. "In all den Jahren davor hat es doch ohne den Wagen auch geklappt." Die öffentlichen Toiletten der Stadt am Schlössle und im Bauamtshof seien zugänglich gewesen.
"In all den Jahren davor hat es doch ohne den Wagen auch geklappt."
Anne Derday, Leiterin der Tourist-Info Ochsenfurt
Dass unvorhergesehene Ereignisse den reibungslosen Ablauf einer Veranstaltung behindern können, versteht auch Gerhard Voit. Er hätte aber erwartet, dass dann darauf in irgendeiner Weise reagiert oder das Problem zumindest kommuniziert werde, was nicht geschehen sei. Auch Zugmoderator Herbert Gransitzki wusste am Sonntag nichts von dem fehlenden Toilettenwagen. "Ich habe in meiner Moderation noch auf den Toilettenwagen hingewiesen", sagt er. Einige Besucher, die das mobile Klohäuschen am Rathaus nicht vorgefunden hätten, seien dann zu seinem Moderationswagen am Marktplatz gekommen und hätten sich beschwert. Manche schreckten nicht einmal davor zurück, sich direkt an dem Wagen als Wildpinkler zu betätigen.

"Die Lösung wäre gewesen, die Gastwirte zu kontaktieren und sie zu bitten, gegen Kostenerstattung für Klopapier und Wasser ihre Toiletten den Zugbesuchern zur Verfügung zu stellen", sagt Gerhard Voit, nach dem Vorbild "Nette Toilette". Dann hätte er den Leuten gerne Zutritt zu seinem Kunden-WC gewährt. So aber sah er sich gezwungen, irgendwann zu sagen: "Jetzt ist Schluss." Durch die direkte Nachbarschaft zum Standort des Toilettenwagens sei seine Bäckerei besonders betroffen gewesen, vermutet er.
Ein außergewöhnlicher Ansturm auf ihre Toiletten ist indessen nicht allen Gastwirten an der Zugestrecke aufgefallen. Wie bei den meisten Veranstaltungen, seien auch beim diesjährigen Faschingszug Leute in ihre Gaststätte gekommen, um ohne Gruß- oder Dankesworte die Toilette aufzusuchen, sagt Doris Sinn, die das Gasthaus "Kauzen" führt. Das sei aber nicht ungewöhnlich. Eine Mitarbeiterin in einem Café in der Hauptstraße hat ebenfalls kein außergewöhnlich hohes Aufkommen an auswärtigen Toilettennutzern festgestellt.
Die Wasserrohrbrüche hatten Vorrang
Herbert Gransitzki meint, sich zu erinnern, dass der Toilettenwagen schon seit mehr als drei Jahren beim Faschingszug am Rathaus aufgestellt wird. Bei einer derartigen Großveranstaltung sei eine gewisse Anzahl Toiletten nötig. Bürgermeister Peter Juks sagt, die Genehmigung des Faschingszugs hänge von dem Toilettenwagen nicht ab. Diesen habe die Stadt vor drei Jahren im Rahmen einer reinen Abwägung eingeführt, als die Partymeile nach dem Faschingszug hinzugekommen sei, so Juks auf Nachfrage der Redaktion.
Als am Freitag das Problem mit den Wasserrohrbrüchen aufgetaucht sei, habe man seitens der Stadt entschieden, diesmal auf den Wagen zu verzichten. Aus seiner Sicht war es wichtiger, sich um die Wasserrohrbrüche zu kümmern als um den Toilettenwagen. Er sei davon ausgegangen, dass die Welt schon nicht untergehen werde, wenn der Wagen diesmal fehle, sagt Juks. Immerhin hätten die öffentlichen Toiletten der Stadt zur Verfügung gestanden, und die Gastronomen hätten für ihre Gäste ihre eigenen sanitären Anlagen. Juks sagt, er finde es schade, dass das Thema nun so in den Vordergrund gerückt werde. "Dabei haben wir einen so tollen Sonntag erlebt."